Rechtsanwalt und AfW-Vorstand Norman Wirth © Christof Rieken
  • Von Redaktion
  • 08.03.2016 um 10:40
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AfW-Vorstand Norman Wirth über die Vorgaben der IDD-Richtlinie für den Versicherungsvertrieb, die Freiheiten bei der Umsetzung in Sachen Vergütung und Transparenz und die Rolle von Roboadvice.

Die Branche hätte sicher nichts gegen eine harte Regulierung der neuen Konkurrenz?

Roboadvice wird viel diskutiert. Wir verfolgen gerade den Prozess des BVK gegen Check24, dessen Online-Versicherungsvertrieb man durchaus als Roboadvice ansehen kann. Hier wird klar, dass die Grenzen noch verschwimmen. Das Gericht sieht das Angebot von Check24, das eine Maklerlizenz besitzt, tatsächlich als Beratung an. Da ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen. Mal sehen wer schneller ist, der BGH mit einem Grundsatzurteil oder der Gesetzgeber mit einem neuen Gesetz aufgrund der IDD. Meiner Ansicht nach wird die Rundum-Beratung der Kunden, insbesondere wenn es um komplexere Produkte geht, noch lange in den Händen der unabhängigen Berater und Vermittler bleiben.

Gibt es komplett neue Pflichten für Vermittler?

Ja, die Weiterbildung für Vermittler ist komplett neu. Hier sind 15 Zeit-Stunden pro Jahr vorgeschrieben. Zu den Inhalten, einer möglichen Prüfung oder einem Sanktionssystem gibt die IDD nichts her. Das liegt alles in der Hand des deutschen Gesetzgebers (siehe Interview Rottenbacher). Klar ist, wer notorisch dagegen verstößt, wird seine Gewerbeerlaubnis verlieren, ebenso wenn seine Berufshaftpflichtversicherung nicht mehr besteht.

Der deutsche Gesetzgeber hat Spielraum bei der Umsetzung – und zwei Jahre Zeit. Wo erwarten sie Grabenkämpfe von Lobby, Verbraucherschützern und Experten?

Zoff erwarten wir bei den Themen die wir auch schon seit zwei bis fünf Jahren auf dem Tisch haben. Bei der Weiterbildungsverpflichtung hält der AfW es für sinnvoll, die Organisation den unabhängigen Industrie und Handelskammern (IHK) anzuvertrauen und nicht einer privatwirtschaftlichen Organisation. Beim Provisionsverbot und der Offenlegung wird es weiterhin Diskussionen geben, die Positionen der Branche und dem Bundesverband Verbraucherzentrale sind hinreichend formuliert.

Uns fehlt da eine differenzierte Betrachtung des Themas, eine pauschale Verteufelung der Provision ist nicht zielführend. Man kann es mit Transparenz auch übertreiben – denken Sie an die Produktinformationen im Investmentbereich, wo es bis zu 300 Seiten starke Konvolute gibt. Solche Überfrachtungen des Kunden müssten eingedämmt werden, wenn sie sich in der Praxis als unbrauchbar erweisen.

Guter Punkt. Wird Regulierung denn auch zurückgeschraubt?

Kaum. Aktuelles Beispiel: Brüssel hat die Mifid II um ein Jahr verschoben, weil die Richtlinie so viele Detailregulierungen enthält, dass es nicht fristgerecht möglich war, sich auf ein konsistentes Regulierungssystem zu einigen. Das ist ein deutliches Warnzeichen. Das Europäische Parlament hat nun verlangt, dass die komplette Finanzmarktregulierung und ihre Wirksamkeit mit einer neuen Studie unabhängig überprüft werden soll. Darauf muss der deutsche Gesetzgeber aber nicht warten, er könnte auch in Eigenregie Regulierungen prüfen und Auswüchse eindämmen. Nur ist das bisher nicht passiert.

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