Mit einem Rennporsche kommt der damalige Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies, Ulrich Schumacher, zum Beginn des Börsengangs zur Frankfurter Börse am 13. März 2000. Viele Menschen hätten sich in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre erstmals an die Börse getraut – und erlitten schweren Schiffbruch mit dem Platzen der New-Economy-Blase, sagt Hans-Joachim Karopka. © dpa/picture alliance
  • Von Lorenz Klein
  • 18.10.2018 um 11:13
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Die Deutschen seien „nicht bereit, für den Genuss einer Rendite dieses permanente Auf und Ab auszuhalten“, sagt der Wissenschaftler Hans-Joachim Karopka, der Menschen ausführlich zu ihrer Einstellung zum Thema Finanzen befragt hat. Warum das gar nicht so schlimm sei und wie das Sicherheitsdenken der Bundesbürger zum Immobilienboom passt, erklärt er in einem Interview.

Hans-Joachim Karopka, Mitinhaber des Rheingold-Instituts, untersucht seit vielen Jahren, wofür die Menschen in Deutschland ihr Geld gerne sparen und ausgeben, indem er sie ausführlich befragt.

In einem großen Interview mit dem Anleger-Magazin Capital geht er unter anderem auf die (zugespitzte) These ein, wonach die meisten Menschen lieber zum Zahnarzt gingen als zu ihrem Anlageberater bei der Bank.

Karopka stimmt dieser Beobachtung zu – und hält diese auch für nachvollziehbar.

„Wenn Sie zum Zahnarzt gehen, bekommen Sie in der Regel schnelle Lösungen für Ihre Probleme. Wenn Sie sich nicht um Vorsorge und rentable Anlagen kümmern, verschlechtert sich ja zunächst nichts, und die Konsequenzen spüren Sie erst in Jahrzehnten.“

Konsumverzicht zu leisten für das vage Versprechen, es in einer immer weniger berechenbaren Zukunft in Jahrzehnten einmal besser zu haben – das verlange viel von Menschen, sagt Karopka.

Die Mehrheit der Leute sei so gestrickt, dass sie ihr Geld sehr konservativ anlegten, orientiert an Sicherheit und Verfügbarkeit. Das erklärt dem Analysten zufolge auch die hohe Nachfrage nach Tages- und Festgeldkonten – im Gegensatz zur Aktienanlage.

Die Scheu der Deutschen vor Aktien sei zum einen durch das Platzen der New-Economy-Blase ab dem Jahr 2000, zum anderen durch die Anschläge vom 11. September 2001, massiv befördert worden. „Die Maximierungskultur der Nachkriegszeit, die da schon seit einigen Jahren wackelte, brach mit diesen beiden Ereignissen endgültig zusammen“, sagt der Wissenschaftler.

Gleichwohl sei auch der Verzicht auf Aktien „oft eine bewusste Entscheidung, keine Frage von Unwissenheit“, betont Karopka – und gibt folgendes zu bedenken:

„Wenn man sein eigenes Leben als angenehm empfindet, warum soll ich dann Entscheidungen treffen, mit denen ich dieses angenehme Leben riskiere, indem ich mich dem Auf und Ab der Märkte aussetze? Anleger sind schlicht nicht bereit, für den Genuss einer Rendite dieses permanente Auf und Ab auszuhalten.“

Dieses Verhalten sei in allen Bildungsschichten anzutreffen. So herrsche bei Aktien stets das Bild eines „dramatischen Glücksspiels“ vor, bei dem man alles gewinnen oder alles verlieren könne. Diese Anlageform Menschen nahezubringen, die nicht von sich aus ein Interesse daran entwickeln, sei schwierig.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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