Matthias Pendl ist Distribution Manager bei Standard Life. © Standard Life
  • Von Oliver Lepold
  • 20.01.2022 um 10:49
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Matthias Pendl, Distribution Manager bei Standard Life, über die wachsende Bedeutung der laufenden Vergütung und die Einsatzmöglichkeiten von Nettotarifen bei den Themenfeldern Altersvorsorge und Ruhestandsplanung.

Pfefferminzia: Nach teilweise intensiven Diskussionen in den vergangenen Jahren ist im Koalitionsvertrag nichts mehr von einem Provisionsdeckel oder einem Provisionsverbot zu finden. Wie beurteilen Sie das?

Matthias Pendl: Ich halte dies für absolut richtig. Aus meiner Sicht sollte es auch weiterhin ein Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung geben. In beiden Bereichen leisten Beraterinnen und Berater qualitativ hochwertige Arbeit für ihre Kunden. Qualitativ hochwertige Beratung sollte entsprechend vergütet werden. Je nach individueller Situation der Kundinnen und Kunden ist ein Provisions- oder ein Nettotarif die passende Lösung. Vermittlerinnen und Vermittler sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass auf europäischer Ebene weiter über die Zukunft der Provisionsberatung diskutiert wird. Aus meiner Sicht macht es absolut Sinn, sich immer mehr auf laufende Vergütungen zu fokussieren.

Welche Kundenzielgruppen gelten als besonders affin bezüglich Nettopolicen?

Kunden die es gewohnt sind mit Honoraren zu arbeiten. Also Firmenkunden oder vermögende Privatkunden, die über Steuerberater und Rechtsanwalt verfügen und hier schon Honorare zahlen. Und Kunden, bei denen es um besonders komplexe, beratungsintensive Sachverhalte geht wie zum Beispiel die Ruhestandsplanung mit einer steueroptimierten Vermögensübertragung. Hier ist gut nachvollziehbar, dass ein Vertragsabschluss als Lösung für den Sachverhalt nicht die Vergütung für die Beratung darstellen kann. In solchen Fällen sind Nettopolicen besonders sinnvoll.

Wie groß ist der Marktanteil von Nettopolicen derzeit?

Noch werden Nettopolicen eher spärlich angeboten und vermittelt. Der Marktanteil stagniert auf niedrigem Niveau im Promille-Bereich. Es gibt aber deutliche Unterschiede im Markt, bei einzelnen Unternehmen wie Standard Life ist der Anteil aber bereits deutlich höher. Vor allem bei den Themen Altersvorsorge und Ruhestandsplanung sehen wir bei Fondspolicen eine Zunahme der vermittelten Nettopolicen. Wir sehen aber auch einen Trend zu hybriden Lösungen. Zum Beispiel nehmen Vermittler in der Beratung eine Abschlussprovision und für die spätere Betreuung eine Servicegebühr. Oder sie vereinbaren für die Vorsorgeberatung ein Beratungshonorar und für den abgeschlossenen Vertrag nur eine laufende Vergütung.

Sie hatten eine stärkere Fokussierung auf eine laufende Vergütung erwähnt. Inwieweit kennen sich Makler damit aus?

Wir stellen fest, dass sich viele Makler dafür interessieren und auch bereits verstärkt auf eine laufende Vergütung setzen, die zum Teil auch sehr individuell mit dem Kunden vereinbart wird. Der stärkere Fokus auf eine laufende Vergütung ist auch sinnvoll, weil es den Unternehmenswert steigert und auch unabhängiger von möglichen Regulierungsmaßnahmen macht. Gleichzeitig benötigen einige Makler noch Unterstützung und suchen nach Online-Seminaren und gezielten Weiterbildungen. Für Vermittler, die ihr Geschäft mittelfristig komplett auf die Honorarberatung umstellen wollen, kann es auch sehr sinnvoll sein, erst einmal mit Provisionstarifen mit hoher laufender Vergütung und niedriger Abschlussprovision zu experimentieren, um dann in einem zweiten Schritt komplett auf Honorarberatung umzustellen.

Was muss man unbedingt beachten, wenn man sein Geschäftsmodell mittelfristig auf Honorarberatung umstellen möchte?

Man sollte zunächst den Kundenbestand analysieren. Kriterien wie Privat- oder Firmenkunde, das Alter und die Beitragssumme der Wohngebäude- und Hausratversicherung helfen es einzuschätzen, ob die Kunden für eine Umstellung infrage kommen. Bei jüngeren Maklern halte ich es zudem für sinnvoll, sich zu überlegen, welche neuen oder weiteren Zielgruppen sie sich erschließen möchten. Je nach Zielgruppe können alternative Vergütungsmodelle mit Nettopolicen sehr attraktiv sein. Darüber hinaus fällt es sicher leichter, einem Neukunden das Modell zu erklären als einem Bestandskunden, der seit 25 Jahren betreut wird und das Gefühl hat, Beratung war und bleibt vermeintlich kostenlos. Ich bin fest davon überzeugt, dass in den Bereichen Altersvorsorge und Ruhestandsplanung sehr gute Chancen bestehen. Hier macht es auch Sinn, den Kunden sowohl eine provisionsgebundene als auch eine Netto-Variante anzubieten, auch wenn dies aufwändiger erscheint.

Welchen Rat würden Sie interessierten Makler noch mitgeben?

Sie brauchen attraktiv kalkulierte echte Nettotarife. Das Angebot im Markt könnte durchaus breiter sein. Der Makler sollte Nettopolicen auf jeden Fall mit günstigen Investments ohne Ausgabeaufschläge und ohne intern zu verrechnende Fondsprovisionen kombinieren. Und wir empfehlen Vermittlern stets, die Abwicklung und Rechnungsstellung einer Honorarberatung aufgrund des Bürokratieaufwandes an unabhängige Plattformen auszulagern.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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