Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema unserer Zeit. © Rawpixel.com/Freepik.com
  • Von Redaktion
  • 19.06.2023 um 17:33
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Nachhaltigkeit bietet eine immense Chance für den Versicherungsvertrieb – und sollte höchste Priorität genießen. Um erfolgreich zu sein, bedarf es nicht komplett neuer Vertriebsansätze, sind die Autoren Natalie Neumann und Fabian Meier von EY überzeugt. Viele kleine Verbesserungen können viel bewirken.

Während Nachhaltigkeit bereits seit Jahren unser Einkaufsverhalten in vielen Bereichen wie der Mobilität, bei Lebensmitteln oder sogar bei Kleidung prägt, steckt dieser Trend bei Finanzen und Versicherungen noch in den Kinderschuhen. Nicht zuletzt beschleunigt aktuell die Regulatorik die Nachhaltigkeitsentwicklungen in der Versicherungsindustrie. Doch beim Endkunden kommt davon wenig an – wie viele in der Branche meinen, auch zu Recht. Denn die breite Überzeugung ist, dass Kunden weder den Zusammenhang zwischen Finanz- und Versicherungsprodukten und (nachhaltigem) Verhalten der Wirtschaft verstehen, noch bereit sind, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen.

Doch stimmt das wirklich? Liegt für die Versicherungsindustrie in der Nachhaltigkeit nicht eher ein immenses Potenzial – sofern das Thema richtig bespielt wird? Und wie muss sich der Versicherungsvertrieb an die neuen Bedürfnisse anpassen, um davon zu profitieren? Wir wollten es genauer wissen. Dazu haben wir in einer repräsentativen Verbraucherstudie in Deutschland die Einstellung von Privatkunden zu Nachhaltigkeit und Versicherungsprodukten untersucht.

Wir haben drei wichtige Erkenntnisse zur Marktnachfrage gewonnen:
  • Konkret zu nachhaltigen Versicherungsprodukten gefragt, gaben über 24 Prozent der Befragten an, bereits ein oder gar mehrere nachhaltige Versicherungspolicen abgeschlossen zu haben.
  • Betrachtet man diejenigen, die in den kommenden zwölf Monaten planen, ein neues Versicherungsprodukt abzuschließen, würden über 90 Prozent ein vergleichbares, nachhaltiges Versicherungsprodukt wählen – und dies unabhängig von Geschlecht oder Alter.
  • Das vielleicht Interessanteste daran: 39 Prozent aus dieser Gruppe gaben an, dass sie sogar bereit seien, einen Aufschlag für das nachhaltige Produkt zu bezahlen.

Die Ergebnisse belegen deutlich, dass nicht nur das Interesse, sondern auch die Handlungsabsicht für nachhaltige Versicherungsprodukte weit höher ausgeprägt ist, als anderslautende Meinungen vermuten.

Erfolgsfaktoren für die Gewinnung nachhaltigkeitsinteressierter Kunden

Zum heutigen Zeitpunkt werden diese Marktchancen jedoch nur begrenzt realisiert. Dies zeigt sich am Verhältnis der Interessenbekundung der Kunden zur aktiven Ansprache. So gaben lediglich 18 Prozent der Befragten an, bisher von ihrem Versicherer auf das Thema Nachhaltigkeit angesprochen worden zu sein.

Kunden mit einem Interesse an nachhaltigen Versicherungsprodukten fühlen sich aktuell recht verloren. Rund die Hälfte der Befragten empfindet keine der ihnen bekannten Versicherungen als besonders nachhaltig – sie wissen also gar nicht, an wen sie sich mit ihrem Wunsch nach nachhaltigen Versicherungsprodukten wenden können. Dies erklärt potenziell auch, warum 56 Prozent für ihr nachhaltiges Versicherungsprodukt zu einer neuen Versicherung wechseln würden.

Aus vertrieblicher Sicht bezeichnender sind die fehlende Ansprache, Information und Aufklärung zum Thema, welche als Hauptgründe für den Nicht-Abschluss genannt werden. Um zu zeigen, wie ein optimaler Vertrieb von nachhaltigen Versicherungsprodukten aussehen sollte, bringen wir die Erkenntnisse aus unserer Konsumentenstudie in Kontext.

Dazu zeigen wir die vier Erfolgsfaktoren für den Versicherungsvertrieb auf:
  • Marketing: Nachhaltig positionieren und Kunden emotional ansprechen
  • Vertriebskanal: Den richtigen Weg für die Gewinnung nachhaltigkeitsinteressierter Kunden wählen
  • Beratung: Kompetent informieren und überzeugend aufklären
  • Kundenerlebnis: Nachhaltigkeit glaubhaft entlang der Customer Journey verankern
Marketing

Nur wenige Produktgeber haben sich bislang klar zu Nachhaltigkeit positioniert und das Thema in ihren Marketingbotschaften und Angebotsportfolios verankert. Kaum verwunderlich also, dass 45 Prozent der Befragten keine der ihnen bekannten Versicherungen als nachhaltig empfindet. Besser weg kommen dabei die bekannteren Marken, welche allein aufgrund ihrer hohen Bekanntheit tendenziell als nachhaltiger wahrgenommen werden.

Um ins Bewusstsein des nachhaltigkeitsorientierten Kundenkreises vorzudringen, sollte die Marke über emotionale und positionierende Botschaften nachhaltig aufgeladen werden. Die nachhaltigen Markenversprechen müssen dann wiederum durch authentisches Verhalten im Kundenkontakt eingelöst werden, denn nur so kann das Kundenvertrauen gewonnen werden. Dies gilt nicht nur für Produktgeber, sondern insbesondere auch für Vermittlerbetriebe. Sich heute schon mit Weitblick zu diesem Thema gezielt zu positionieren, bietet nicht nur die Chance zur Emotionalisierung der Kundenbeziehung und Differenzierung, sondern insgesamt zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen. Versicherer sollten dabei die nachhaltige Ausrichtung ihrer Vermittlerbetriebe fördern und als Partner begleiten.

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