„Wie man das Thema Versicherungen in einem halben Tag abhakt“, titelte kürzlich der „Spiegel“, um auf sein Audio-Format „Und was machst du? Der Job-Podcast“ aufmerksam zu machen – für Versicherungsvermittler eher kein Hörvergnügen. © picture alliance / Rupert Oberhäuser | Rupert Oberhäuser
  • Von Lorenz Klein
  • 06.08.2021 um 15:08
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Wenn Publikumsmedien über Versicherungen berichten, gerät da gerne mal etwas durcheinander – wie aktuell der Klick in den „Spiegel“ zeigt. Im Online-Podcast des Hamburger Medienhauses ging es darum, „wie man das Thema Versicherungen in einem halben Tag abhakt“. Zu Gast war Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW – und was soll man sagen? Der Verbraucherschützer machte im Interview noch die bessere Figur.

„Welche Versicherungen brauchen Berufseinsteiger wirklich?“ Unter diesem Motto lud der „Spiegel“ Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW zum Gespräch ein. Im aktuellen „Spiegel“-Podcast „Und was machst du? Der Job-Podcast“ plauderte der Verbraucherschützer darüber, „wie man günstige Policen findet – und warum er Versicherungen spannend findet“, so die Ankündigung des Hamburger Medienhauses.

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Im Verlauf des gut 30-minütigen Gesprächs wollte „Spiegel“-Redakteurin Verena Töpper zunächst von Opfermann erfahren, welche Versicherungen (O-Ton Töpper: „ein Thema aus dem Parcours des Schreckens“) für junge Menschen eigentlich wichtig seien. Klar, „sich mit Versicherungen zu beschäftigen, ist so angenehm, wie ein Zahnarztbesuch“, musste die Redakteurin erstmal pflichtschuldig vorwegschicken, um dann fortzufahren: „Aber es hilft nichts, irgendwann müssen Berufseinsteiger sich tapfer diesem öden Erwachsenenkram stellen.“

„Kann ich den Vermittlern denn vertrauen?“

Wie bitte? Wie alt mögen wohl die Berufseinsteiger beim „Spiegel“ sein? Zwölf? Geschenkt. Im weiteren Verlauf des Gesprächs möchte die Redakteurin von Opfermann auch auf diese Fragen eine Antwort erhalten: „Wo werde ich gut beraten?“ und „Kann ich den Vermittlern denn vertrauen?“

Wer den Verbraucherschützer aus NRW ein bisschen kennt, weiß, dass Opfermann nun kein Vermittlerbashing betreiben wird, wie es manche vielleicht erwarten würden. Stattdessen sagt er in Bezug auf Versicherungsvermittler: „Die machen, glaube ich, auch einen guten und vor allem auch wichtigen Job.“

Die Anerkennung, die Opfermann Vermittlern entgegenbringt, könnte womöglich auch daher rühren, dass er in jungen Jahren selbst schon mal in einem Vermittlerbetrieb mitgearbeitet hatte, wenngleich nicht in der Beratung, wie er eingangs schilderte. Schon im November 2020 titelte Pfefferminzia über Opfermann: „Verbraucherschützer im ZDF-Interview – es geht ja auch besonnen“.

Doch bei aller Besonnenheit macht der Verbraucherschützer im Interview auch Aussagen, die Vermittler gänzlich anders sehen dürften: „Als junger Berufseinsteiger mit vielleicht noch geringem Einkommen, da ist jetzt eine teure Lebens- oder Rentenversicherung, die mich lange bindet und die recht unflexibel auch ist, nicht die beste Wahl. Ich weiß ja gar nicht, wie sieht mein Leben in 10, in 20 und in 30 Jahren aus?“

Nun, dass Verbraucherschützer über die Lebensversicherung in der Regel nicht sehr freundlich sprechen, ist nicht wirklich neu und überrascht insofern nicht. Überraschender sind da schon Aussagen der „Spiegel“-Redakteurin, die offenbar den Sinn einer Lebensversicherung nicht verstanden hat, wenn sie in diesem Zusammenhang von einem „Schadensfall“ spricht – obwohl sie, wie sie sagt, „tatsächlich als Berufsanfängerin mal so einen Kurs in der Verbraucherzentrale in Hamburg gemacht hat“.

Aber lesen Sie selbst: Pfefferminzia hat das Podcast-Interview zwischen Verena Töpper und Philipp Opfermann im Folgenden ab Minute 11:13 bis 17:06 verschriftlicht:

Das Interview im Wortlaut

Spiegel: Ich habe mal ein bisschen in die Statistiken geguckt: Alle Deutschen zusammen haben knapp 450 Millionen Verträge bei Versicherungen abgeschlossen. Und zwar die Mehrheit bei Versicherungsvertretern (Anm. v. Pfefferminzia: Makler dürften mitgemeint sein). Nur 14 Prozent aller Schadens- und Unfallversicherungen werden direkt bei der Versicherung auf der Webseite oder über Vergleichsportale abgeschlossen. Und das hat mich sehr überrascht. Ich kenne das von Hotels oder Stromanbietern – da ist es ja meist günstiger, wenn man direkt beim Anbieter bucht (Anm. v. Pfefferminzia: Da wären wir uns nicht so sicher…). Wie ist das bei Versicherungen?

Philipp Opfermann: In Deutschland haben wir einen sehr starken Versicherungsvertrieb – also die Versicherungen insbesondere, haben Versicherungsvertreter. Den (Vertreter) kennt irgendwie jeder bei sich in der Straße oder bei sich im Viertel, da ist eine Niederlassung von dem oder von dem Versicherer. Der Trend geht aber natürlich immer mehr auch hier ins Netz. Da kann ich dann direkt beim Versicherer auch abschließen. Damit sie sich aber nicht gegenseitig kannibalisieren, ist der Preisvorteil nicht unbedingt immer so riesengroß. Viele schätzen eben den Ansprechpartner um die Ecke, wo ich auch mal hingehen kann nach einem Schaden – und das direkt vor Ort besprechen kann. Der andere ist lieber im Internet unterwegs oder redet mit einer Hotline oder im Chat und kann seine Schadensabwicklung dann da machen.

Spiegel: Es haben ja viele dieser Vertreter aber auch eigene finanzielle Interessen. Also, je mehr Versicherungen die verkaufen, desto höher ist ja dann deren Prämie. Kann ich denen denn vertrauen?

Opfermann: Ja, grundsätzlich würde ich das schon bejahen. Die machen, glaube ich, auch einen guten und vor allem auch wichtigen Job – und ja, klassischer Weise wird der Vermittler draußen, also der Versicherungsmakler oder der Versicherungsvertreter, vom Versicherer dafür bezahlt, dafür belohnt, durch eine Provision, wenn ich einen Vertrag abschließe. Der hat also ein gewisses Interesse, dass ich dort auch Versicherungsschutz einkaufe, also einen Vertrag abschließe. Und dann muss ich eben zweimal vielleicht fragen: ,Mensch, ist das jetzt nur sein Interesse oder ist es nicht eigentlich auch in meinem Interesse?‘

Ich hätte auf der einen Seite den Vorteil, ich werde vermeintlich kostenlos beraten – also ich muss ja für die Beratung nichts zahlen in der Regel – muss aber dafür auch damit rechnen: Er (der Vermittler) wird mir im Zweifel vielleicht auch nicht abraten. Wenn er oder sie aber seinen oder ihren Job gut macht, dann wird er/sie auch von überflüssigen Policen abraten, die ich nicht brauche – oder mich auf schlechten Versicherungsschutz, den ich vielleicht habe, hinweisen. Und den wichtigen, guten Versicherungsschutz mir dafür anbieten.

Seite 2: „Woran erkenne ich denn, ob der Berater das gut mit mir meint?“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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