EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness will Provisionen abschaffen © picture alliance/KEYSTONE | LAURENT GILLIERON
  • Von Andreas Harms
  • 10.02.2023 um 12:56
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Die Diskussion über die Altersvorsorge in Deutschland läuft – und jetzt hat der Fondsverband BVI seine Standpunkte noch einmal zusammengefasst. Es geht unter anderem um Staatsfonds, die Riester-Rente und das Schreckgespenst des Provisionsverbots.

Der Investmentverband BVI hat sich ausführlich dazu geäußert, wie und wo er die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland sieht. Speziell geht es um die Themen Staatsfonds, Fondssparpläne, Riester-Rente und Provisionsverbot. Im Einzelnen lauten die Standpunkte wie folgt:

Bloß kein Staatsfonds

Es ist ja eine der großen Fragen: Sollen die Menschen in der privaten Vorsorge mit freier Produktwahl in Aktien sparen können, oder soll der Staat mit einsteigen und ein eigenes Produkt, also einen Staatsfonds anbieten? Der BVI hat dazu eine klare Meinung: Der Staat soll sich raushalten.

Dazu BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter: „In der sozialen Marktwirtschaft setzt der Staat die Regeln und ist Schiedsrichter. Sobald der Schiedsrichter selbst mitspielt, ist der Wettbewerb weder fair noch marktwirtschaftlich.“

Dazu merkt der BVI an, dass die gern zitierten anderen Länder mit staatlichen Vorsorgeprodukten diese nicht in der privaten, also der dritten Säule angesiedelt haben. Stattdessen leiten sie Beiträge aus der ersten Säule in Staatsfonds, um Vermögen aufzubauen. In Deutschland entspricht das in etwa dem Generationenkapital, mit dem Finanzminister Christian Lindner (FDP) Aktien in die gesetzliche Rente einbinden will.

Fondssparpläne als Altersvorsorge

Hier verweist der BVI auf das von ihm vorgeschlagene Fondsspardepot mit einer Mindestlaufzeit bis zum 60. Lebensjahr, das der Staat als Altersvorsorge anerkennen und steuerlich begünstigen soll. Der dafür nötige Steuerfreibetrag soll mit den Jahren wachsen.

Durch die aktuellen Zahlen sieht sich der Verband einmal mehr bestätigt. Richter: „Die starke Nachfrage nach Fondssparplänen ist Beleg für die Akzeptanz und Nutzung als Altersvorsorgeinstrument in breiten Bevölkerungskreisen.“

Riester retten

Anstatt sie einzustampfen, will der BVI die Riester-Rente reformieren. Vor allem die hemmende nominale Garantie auf die Beiträge soll einem Wahlrecht weichen. Sparer sollen auf die Garantie verzichten oder ein gewünschtes Niveau wählen können. Das könne man schnell und ohne großen Aufwand umsetzen, so der Verband.

Provision oder Honorar?

Der BVI sagt: beides. Als EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness jüngst gegen Provisionsberatung schoss, bezog sie das auch auf den Wertpapiervertrieb. Wobei wohl sogar die Gefahr besteht, dass es nur die Wertpapierbranche erwischt. Das will der Lobbyverband so nicht hinnehmen.

„Ein Provisionsverbot ausschließlich für Wertpapiere ist inakzeptabel“, schimpft Thomas Richter. „Es verzerrt den Wettbewerb zwischen Wertpapieren und Versicherungen und schadet den Verbrauchern.“

Laut BVI führt ein Provisionsverbot zu einer Beratungslücke, weil sich laut Umfragen nur 16 Prozent der Deutschen vorstellen können, Honorare an Berater zu zahlen. Deshalb soll das Wahlrecht bleiben. Zwei weitere Argumente dafür: Wer viel anlegt, zahlt viel, und wer wenig anlegt, zahlt wenig. Und wer gar nichts kauft, zahlt auch nichts.

Im Übrigen sieht der BVI aktiv gemanagte Investmentfonds in einer Schlüsselrolle, um EU-weite Nachhaltigkeitsziele zu erreichen (den sogenannten Green Deal). Nur deren Manager könnten wirklich nicht-nachhaltige Unternehmen außen vor lassen. Und diese aktiven Fonds würden nun mal hauptsächlich in der Provisionsberatung verkauft.

Fonds als Umbauhilfe

Laut BVI würde die Investmentbranche gern als Geldgeber mithelfen, die deutsche Infrastruktur umzubauen und auf Vordermann zu bringen. Ohne das Kapital deutscher institutioneller Anleger wie Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherer werde das nämlich nicht gelingen.

Allerdings gibt es dabei einige Hemmnisse, die Berlin besser mal beseitigen sollte. Denn sie verhindern, dass genügend Geld in Infrastruktur fließen kann. Zum Beispiel Anlagerichtlinien für institutionelle Anleger und deutsche Fonds und steuerrechtliche Vorgaben. Hinzu kommen geringere Spielräume für Finanzierungsmöglichkeiten und noch ungeklärte Auslegungsfragen. Als Beispiel nennt der BVI den Atomfonds Kenfo, der seine Infrastrukturinvestitionen über Luxemburger Vehikel leiten muss.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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