Rechtsanwalt Stephan Michaelis. © Kanzlei Michaelis
  • Von Redaktion
  • 02.11.2020 um 16:17
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Seit Montag befindet sich Deutschland in einem erneuten Lockdown. Welche Folgen hat das jetzt für Betriebsschließungsversicherungen? Diese und weitere Fragen hat der Hamburger Rechtsanwalt Stephan Michaelis in den vergangenen Tagen zuhauf von Maklern bekommen. In diesem Beitrag geht Michaelis auf die häufigsten Fragen zum Thema ein.

3. Voraussetzung: Bestehen des Versicherungsvertrages im Zeitpunkt des Schadens

Voraussetzung für den Eintritt eines weiteren Versicherungsfalles ist, dass der Versicherungsvertrag im Zeitpunkt des Eintritts des Schadenfalles – also am 02. November 2020 – noch besteht.

  1. a) Problematik der Sonderkündigung gemäß § 92 VVG

Dies setzt voraus, dass die Versicherung nach Eintritt des ersten Versicherungsfalls im März nicht von ihrem Sonderkündigungsrecht gemäß § 92 VVG Gebrauch gemacht hat. Das ist – zumindest soweit mir dies bekannt ist – auf breiter Front nicht der Fall, da die Versicherungen dann ja den Eintritt des Versicherungsfalles damals hätten eingestehen müssen. Denn nur der Eintritt des Versicherungsfalles berechtigt zur Kündigung nach § 92 VVG.

Soweit vereinzelt Versicherungen eine Kündigung nach § 92 VVG ausgesprochen haben, im Rahmen derer sie aber ausdrücklich noch einmal festgestellt haben, dass ein Versicherungsfall nicht eingetreten sei, sondern lediglich ein Schaden gemeldet worden sei und man allein aufgrund der Schadenmeldung, ohne dass ein Versicherungsfall vorliege, vom Sonderkündigungsrecht nach § 92 VVG Gebrauch mache, so spricht vieles dafür, dass diese Kündigungen unwirksam sind. In einigen Fällen hat die kündigende Versicherung zudem die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist von einem Monat nicht eingehalten, sondern mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen zu kündigen versucht. Ob der Versicherungsvertrag hier noch besteht oder wirksam gekündigt worden ist, ist im Einzelfall zu klären.

  1. b) Vorzeitige Vertragsaufhebung und Abschluss eines neuen Vertrages

Einzelne Versicherer haben offensichtlich in den letzten Wochen das Problem einer möglichen erneuten Leistungsverpflichtung erkannt und versuchen mit den Kunden unter einvernehmlicher Aufhebung des alten Vertrages neue Betriebsschließungsversicherungen abzuschließen. Dieser Versuch ist wohl dem Umstand geschuldet, dass der Versicherer damit zu vermeiden versucht, im Falle des Eintritts eines weiteren Schadenfalles im Zuge eines erneuten Lockdowns erneut leisten zu müssen. Hier ist Vorsicht geboten. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu welchem der bestehende Vertrag aufgehoben werden soll. Wird der Vertrag hier vorzeitig einvernehmlich verändert, besteht das Risiko, dass durch eine solche Vertragsveränderung für den zweiten jetzt bevorstehenden Lockdown dann kein Versicherungsschutz mehr besteht, wenn die Vertragsänderung für einen Zeitpunkt vor dem Eintritt des neuen Versicherungsfalles – in diesem Fall am 02. November 2020 – vertraglich vereinbart wird.

Soweit der Versicherungsvertrag im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch besteht, ist der neue Schaden zu melden und dann, soweit er vom Versicherungsschutz umfasst ist, grundsätzlich ebenfalls von der Versicherung zu regulieren.

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