Die Autoren IGES Institutes erwarten, dass die Zeit der Rekordüberschüsse in der GKV zu Ende gehe und sich die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen ab Mitte der Zwanzigerjahre wieder öffne. © Bertelsmann Stiftung
  • Von Lorenz Klein
  • 10.10.2019 um 08:34
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Der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden bis 2040 fast 50 Milliarden Euro fehlen, wie aktuelle Berechnungen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung prognostizieren. Als Ursache wird eine wachsende Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben genannt. Um diese Lücke zu schließen, müsste der Beitragssatz von derzeit 14,6 schrittweise auf 16,9 Prozent steigen, so die Studienautoren – der Beitrag könnte aber auch noch höher ausfallen.

Bis 2040 erhöht sich das Defizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf fast 50 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Zukünftige Entwicklung der GKV-Finanzierung“ des IGES Institutes im Auftrag der Bertelsmann Stiftung (Download hier). Die Autoren erwarten demnach, dass die Zeit der Rekordüberschüsse in der GKV zu Ende gehe und sich die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen ab Mitte der Zwanzigerjahre wieder öffne (siehe auch Grafik, Download hier).

Die Folgen könnten drastisch sein: Um die prognostizierten Ausgabensteigerungen abzudecken, müsste der GKV-Beitragssatz bis 2040 von derzeit 14,6 Prozent schrittweise auf 16,9 Prozent angehoben werden, so die Annahme der Studienautoren des IGES Instituts. Doch es gibt noch Hoffnung: Sollte sich etwa die Einkommensentwicklung in Deutschland zukünftig an den relativ hohen Lohnsteigerungen der jüngsten Zeit orientieren, müsste der Beitragssatz bis 2040 nur auf 15,4 Prozent steigen, mutmaßen die Experten – und erklären zugleich, dass es auch noch schlimmer kommen könnte: So würde „ein überdurchschnittlicher Anstieg der Preise im Gesundheitswesen die Schere weiter auseinandertreiben“. Der Beitragssatz könnte dann 2040 sogar bei 18,7 Prozent liegen.

Wie kann die Politik gegensteuern?

Der Politik bieten sich durchaus Handlungsspielräume. Zwar kämen die für die Finanzierung des Gesundheitswesens einflussreichsten Faktoren von außen und ließen sich durch Gesundheitspolitik nicht direkt beeinflussen“, wie Stefan Etgeton von der Bertelsmann Stiftung erläutert. Gleichwohl könne etwa „eine kluge Kostendämpfungspolitik, die die Versorgungsstrukturen im stationären Bereich konsequent konsolidiert“, so Etgeton, dem Defizit in der GKV wirksam entgegensteuern.

Auf der Einnahmeseite könnte wiederum der Bundeszuschuss schrittweise erhöht werden und so die Beitragserhöhung bremsen. Damit würden auch die Arbeitskosten weniger stark belastet, betonen die Autoren. Die Kehrseite: Wollte man den Beitragssatz dauerhaft auf 15 Prozent stabil halten, müsste der Steuerzuschuss von derzeit 14,5 Milliarden Euro pro Jahr (das entspricht 7 Prozent der Beitragseinahmen) bis 2040 auf 70 Milliarden Euro, somit etwa ein Fünftel der Beitragseinnahmen, ansteigen.

Autoren fordern „möglichst tabulose“ Debatte

Die Stiftung appelliert vor diesem Hintergrund an die Politik, die Debatte über eine nachhaltige Finanzierung der GKV „möglichst tabulos“ zu führen – und zwar „auch im Verhältnis zur privaten Krankenversicherung“, wie die Experten ergänzen. „Gesellschaftliche Verantwortungsübernahme beinhaltet auch, dass die besser gestellten und im Durchschnitt gesünderen Teile der Bevölkerung sich nicht aus dem Solidarausgleich verabschieden dürfen“, sagt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Die Herausforderungen der GKV zu bewältigen, sei „eine Frage des sozialen Zusammenhalts in einer Demokratie wie der Deutschlands“, so Mohn.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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