Die New Yorker Börse. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 23.06.2016 um 17:35
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Fondsverwalter Gottfried Heller über die Auswirkungen der Negativzinsen, seine Ansicht zur EZB-Politik und die Aussicht auf steigende Inflationsraten.

Die Rendite der symbolträchtigen zehnjährigen Bundesanleihe ist vergangene Woche erstmals unter Null bis auf minus 0,04 Prozent gefallen. Ein Anleger müsste demnach jährlich also vier Cent zahlen, wenn er der Bundesrepublik für zehn Jahre 100 Euro leiht. „Absurd“, findet Gottfried Heller, Senior Partner bei Fiduka es, „wenn Schuldner Geld dafür bekommen, dass sie sich etwas leihen, und wenn Gläubiger Geld dafür zahlen, dass sie anderen einen Kredit gewähren dürfen.“ Für den deutschen Kapitalmarkt sei das ein „epochales Ereignis“ und das gelte für die ganze Welt, wo mittlerweile Bonds für über neun Billionen Euro eine negative Rendite haben, so der Fondsverwalter. Deutsche Sparer träfe es dabei am härtesten: Immerhin 85 Prozent der Bundesanleihen haben einen negativen Zins. „Das ist eine Katastrophe, besonders für ihre traditionelle Altersvorsorge, denn Sparer haben seit eh und je das Gros ihrer Gelder in Zinsanlagen und Lebensversicherungen gesteckt“, sagt Heller.

Es sei Zeit, den Blick etwas weiter in die Ferne richten. Die Zentralbanken sind zu den größten Besitzern von Staatsanleihen geworden: Die US-Notenbank Fed besäße 18 Prozent der in den Vereinigten Staaten emittierten Staatsanleihen, in Japan kommt die Notenbank auf mehr als ein Drittel der Staatsschulden, und die Bundesbank wird am Ende der geplanten EZB-Käufe im März 2017 ein Viertel der Bundesanleihen besitzen. Die Neuverschuldung der Industrieländer erfolge zu Niedrigstzinsen. Während die Bundesrepublik noch im Jahr 2008 für Anleihen von 933 Milliarden Euro 40 Milliarden Euro Zinsen zahlen musste, gibt der Staat in diesem Jahr für 1,05 Billionen Euro nur 21 Milliarden Euro aus – also die Hälfte. Das sorge dafür, dass die Zinslast damit auf Jahre hinaus nur etwa halb so schwer wie vor der Finanzkrise sei.

Heller holt weiter aus und kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Europäische Zentralbank. Die südeuropäischen Länder hätten von der „maßlosen EZB-Politik Mario Draghis“ besonders profitiert. Ihre Zinslast habe sich seit dem Euro-Beitritt gedrittelt. Neben der ultra-lockeren Geldpolitik habe auch das schwache Wachstum der Weltwirtschaft die Inflation und die Zinsen gedrückt. Seine Schlussfolgerung: „Das Wachstum wird wohl auch in Zukunft langsamer verlaufen als in den 80er- und 90er-Jahren. Damals wurde die Wirtschaft mit Hilfe von Krediten dank deren Hebelwirkung befeuert. Die Schuldenberge wuchsen steil an. Nun ist das Gegenteil angesagt.“

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