Oliver Fink, Geschäftsführer von Objective IT und Betreiber der Vergleichsplattform Levelnine © Oliver Fink
  • Von René Weihrauch
  • 21.07.2022 um 13:42
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:25 Min

Für jeden Kunden die passende private Krankenversicherung (PKV) zu finden, ist nicht einfach. Die Produktpalette ist riesig – und welcher Anbieter ist der richtige? Hier erklärt Oliver Fink, Geschäftsführer von Objective IT und Betreiber der Vergleichsplattform Levelnine, wie Makler bei der Vermittlung vorgehen sollten.

Pfefferminzia: Herr Fink, welche Aspekte müssen Vermittler und ihre Kunden vor der Entscheidung für eine private Krankenversicherung berücksichtigen? Welche Informationen sollten abgefragt werden?

Oliver Fink: Als erstes rate ich dazu, den Beweggrund für den Abschluss einer PKV abzufragen. Geht es dem Kunden um die bessere Versorgung im Krankheitsfall oder nur darum, Geld zu sparen? Ist letzteres der Hauptgrund, würde ich empfehlen, in der GKV zu bleiben. Als Sparmodell eignet sich die PKV nicht.

Ansonsten sollte die finanzielle Situation des Kunden abgeklopft werden. Ist sie langfristig so stabil, dass er sich eine private KV auch in den nächsten Jahrzehnten leisten kann? Auch die familiäre Situation spielt eine Rolle: Sind beispielsweise Kinder geplant, die privat mitversichert werden müssten? Makler sollten ihre Kunden außerdem bitten, einen Fragebogen zur Ermittlung der gewünschten Leistungsinhalte auszufüllen. Der bildet eine gute Basis für die weitere Vermittlungsarbeit.

 

Wo liegen nach ihrer Erfahrung die größten Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern? 

Einzelzimmer, Wahlarzt und hohe Zahnerstattungssätze – große Unterschiede gibt es oberflächlich betrachtet nicht. So gut wie alle Unternehmen haben vom Einsteigertarif bis zum Topschutz für jeden Kunden augenscheinlich passende Angebote im Portfolio. Der Teufel steckt aber im Detail. Häufig verkannte Unterschiede sind zum Beispiel versteckte Selbstbehalte bei Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Die Preis-Leistungs-Verzeichnisse, die Auskunft darüber geben, was Versicherer an Leistungserbringer zahlen, sind nicht inflationsangepasst und häufig weit entfernt von dem, was Therapeuten und besonders Zahnärzte tatsächlich in Rechnung stellen.

Sehr unterschiedlich verfahren Versicherer auch zum Beispiel bei Rehamaßnahmen, Psychotherapien, Naturheilverfahren, Optionsrechten und Behandlungen im Ausland oder bei einer Verlegung des Wohnsitzes. Darauf sollten Maklerinnen und Makler ein Auge haben, ebenso wie auf Unternehmenskennzahlen. Auch wenn die teilweise schwer zu interpretieren sind, rate ich zumindest zu einer Negativselektion.

Wie finden Vermittlerinnen und Vermittler vor diesem Hintergrund den passenden Tarif für ihre Kunden? 

Zunächst mal kann es nie schaden, wenn man Ahnung hat von dem, was man tut (lacht). Im Ernst: Für eine seriöse und erfolgreiche PKV-Beratung sollten auf jeden Fall medizinische Grundkenntnisse vorhanden sein. Vergleichssoftware kann eine gute Orientierung geben, und auch der regelmäßige Austausch mit erfahreneren Kolleginnen und Kollegen hilft. Noch ein wichtiger Tipp: Lassen Sie sich nicht von vermeintlichen Highlights blenden. 

Welche Fehler gilt es sonst noch zu vermeiden? 

Was für die eben erwähnten Highlights gilt, betrifft auch anfänglich günstige Beiträge. Das ist nur eine Momentaufnahme, davon sollte man sich nicht blenden lassen. Außerdem warne ich davor, das Thema Beitragsrückerstattungen als primäres Verkaufsargument zu verwenden.

Ein weiterer Fehler ist es, die steuerliche Betrachtung zu vernachlässigen. Kunden sollten ehrlich darüber informiert werden, dass viele gute Tarife nur zu rund 80 Prozent absetzbar sind und der Netto-Preisvorteil dadurch zum Beispiel bei Angestellten gegenüber der GKV schwindet.

Auch künftig steigende Beiträge sollten Makler klar kommunizieren. Hier reden wir im Schnitt über 3 bis 5 Prozent pro Jahr, was sich aber im Vergleich zur GKV durchaus sehen lassen kann. Immerhin gibt es ja einige Instrumente, mit der sich hohe Beiträge speziell im Alter in Grenzen halten lassen. Stichworte: Beitragsentlastungstarife, Wegfall des Krankentagegeldes für Rentnerinnen und Rentner sowie die Streichung des 10-prozentigen Zuschlags für Altersrückstellungen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr.

Ganz wichtig ist es auch, die vorvertragliche Anzeigepflicht ernst zu nehmen, sprich: Gesundheitsfragen vollständig und ehrlich zu beantworten. Im Zweifel sollten Makler noch einmal beim Kunden nachbohren, und – wenn möglich – sogar die Patientenakte anfordern.

Wie hilfreich ist eine Spezialisierung für die erfolgreiche PKV-Vermittlung?

Sehr hilfreich! Private Krankenversicherung ist ein komplexes Thema, das zum Beispiel auch Kenntnisse in der Sozialversicherung erfordert. Erfahrung und Detailwissen sind unverzichtbar. Hohe Expertise schützt nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern dient auch dem Image der Branche und liegt nicht zuletzt im Eigeninteresse von Maklern. Fehlberatungen landen heute im Handumdrehen als Negativbewertung bei Google. Das sollte man nicht unterschätzen.

autorAutor
René

René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort