Stephan Kaiser, Geschäftsführer der BU-Expertenservice GmbH © Jens Hannewald
  • Von Lorenz Klein
  • 21.02.2022 um 16:16
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lesedauer Lesedauer: ca. 03:25 Min

Die Erzählung von den Bösewichten bei der Versicherung erhält durch die WDR-Reportage „Der ungleiche Kampf: Wenn die Versicherung nicht zahlt“ neue Nahrung. Doch so bitter jedes Einzelschicksal ist – die Realität in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sieht anders aus, als der Film weismachen will, meint der unabhängige BU-Experte Stephan Kaiser.

Manche Versicherer bemühten sich demnach mehr als andere „über die Firmenkultur zu kommen und da fairer zu sein, um einfach eine vernünftige Lösung zu finden“. Da gebe es schon Unterschiede, referiert Kaiser aus seiner Praxis – gleichwohl sei die Tendenz klar erkennbar: „Die meisten Versicherer entwickeln sich dorthin, fair zum Kunden zu sein, Kommunikation zu suchen und solche Dinge vernünftig zu lösen.“

Zudem dürfe man nicht vergessen, dass die BU – auch bedingt durch die Gerichtsbarkeit – „immer schwieriger“ geworden sei. „Es ist ein total streitbares Gebiet, und es setzt immer voraus, dass der Versicherer im gerüttelten Maß Verantwortung bereit ist zu übernehmen und da eine vernünftige Rolle spielen will.“

„Verweigerung aus Prinzip, die findet nicht statt“

Wenn sich ein BU-Versicherer partout verweigere, hätte man als Kunde natürlich keine Chance, so Kaiser weiter, das sei klar. „Aber diese Verweigerung aus Prinzip, die findet nicht statt. Das ist einfach nicht wahr, wenn man das behauptet. Leider findet es ab und zu statt – und jeder Fall, der da passiert ist einer zu viel“, macht der Experte noch einmal deutlich. Und weiter: Es seien „eher schon immer wieder dieselben, die da ein bisschen auffallen“, sagt er – und auf der anderen Seite – „immer wieder die gleichen, bei denen man den Eindruck hat, die wollen das einfach besser oder gut lösen“.

Was der WDR hätte besser machen können

Und Stephan Kaiser hat auch einen Rat an die WDR-Reporter, wie eine Reportage über den Zustand der Berufsunfähigkeitsversicherung besser hätte beleuchtet werden können: „Viel schlauer wäre es gewesen, wenn man zum Beispiel sich mal damit beschäftigt hätte: Wie ist denn das passiert?“ Denn der Kunde habe ja die Akten oder entsprechende Kopien vorliegen, damit sich Experten, wie er oder andere Branchenkollegen, ein Bild vom Fall machen können. „Wenn man sich das mal durchliest und schaut, was da passiert ist, kann man als Fachmann ziemlich schnell erkennen: Wo ist da wer falsch abgebogen? Wie ist das entstanden? Wie hätte man es lösen können?“

„Das hätte man alles ganz anders aufbereiten können“, bedauert Kaiser, „und man könnte zur Meinungsbildung beitragen, wenn man seiner journalistischen Pflicht da mal ein bisschen mehr nachkommen würde“.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Marco Krieter
Vor 2 Jahren

Da habe ich als Versicherungsberater und Mitglied des BVVB, der seit 21 Jahren Ansprüche aus BU-Verträgen geltend macht, andere Erfahrungen als der Kollege Kaiser gemacht. Ich kann von vielen Fällen berichten, in denen Leistungsprüfungen zumindest verzögert werden und mit rechtlich unhaltbarer Argumentation Leistungen verweigert werden. Auch der Deutsche Anwaltsverein beklagt dies bereits seit Jahren immer wieder, Ex-Mitarbeiter aus den BU-Leistungsabteilungen berichten ebenfalls in (un)schöner Regelmäßigkeit, dass sie Anweisung hätten, möglichst viele Leistungsansprüche abzulehnen. Auch der Bundesverband der Versicherungsberater BVVB, dessen Mitglied der Kollege Kaiser augenscheinlich nicht ist. berichtet von anderen Erfahrungen, ebenso der Bund der Versicherten (BdV).
Insofern wundert es mich schon, dass der Kollege Kaiser hier komplett andere Erfahrungen gemacht haben will und quasi die GDV-Argumentation 1:1 übernimmt. Das stellt im Kollegenkreis der Versicherungsberater, in der Anwaltschaft sowie im BVVB und BdV eine Mindermeinung dar.
Zuzustimmen ist ihm allerdings, dass es Versichererseitig durchaus Unterschiede gibt.

Ditmar Gall
Vor 2 Jahren

Ich kann leider diese Aussage als Versicherungsmakler nicht bestätigen, ich helfe unserem Kunden seit 1997 Leistungsanträge zu stellen und bisher 1 Ablehnung, berechtigt wegen verheimlichen von vorvertraglichen anzeigepflichtigen Erkrankungen. Aber immer wieder fallen auch Top Versicherer auf, die letztendlich positive Leistungsfälle nach langen Hin udn Her bestätigen. Auffälig hierbei sind Leistungsfälle, wo eine lange Zeit Renten gezahlt werden müssen.
Das positive Verhalten gegenüber seiner Firma kann auch andere Gründe haben. Wir haben schon immer wieder Vergleichsangebote bekommen, damit die Sache kostengünstig für den versicherer vom Tisch ist und der Kunde wäre zufrieden gewesen. Damit haben wir immer ein Problem, wie jüngst, wo die Kundin 23 Jahre jung ist und erblinden wird und die Leistungsabteilung vorvertragliche Anzeigepflicht unterstellt, da die Bescherden ja schon dagewesen sein mussten…tolle Ideen.

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Marco Krieter
Vor 2 Jahren

Da habe ich als Versicherungsberater und Mitglied des BVVB, der seit 21 Jahren Ansprüche aus BU-Verträgen geltend macht, andere Erfahrungen als der Kollege Kaiser gemacht. Ich kann von vielen Fällen berichten, in denen Leistungsprüfungen zumindest verzögert werden und mit rechtlich unhaltbarer Argumentation Leistungen verweigert werden. Auch der Deutsche Anwaltsverein beklagt dies bereits seit Jahren immer wieder, Ex-Mitarbeiter aus den BU-Leistungsabteilungen berichten ebenfalls in (un)schöner Regelmäßigkeit, dass sie Anweisung hätten, möglichst viele Leistungsansprüche abzulehnen. Auch der Bundesverband der Versicherungsberater BVVB, dessen Mitglied der Kollege Kaiser augenscheinlich nicht ist. berichtet von anderen Erfahrungen, ebenso der Bund der Versicherten (BdV).
Insofern wundert es mich schon, dass der Kollege Kaiser hier komplett andere Erfahrungen gemacht haben will und quasi die GDV-Argumentation 1:1 übernimmt. Das stellt im Kollegenkreis der Versicherungsberater, in der Anwaltschaft sowie im BVVB und BdV eine Mindermeinung dar.
Zuzustimmen ist ihm allerdings, dass es Versichererseitig durchaus Unterschiede gibt.

Ditmar Gall
Vor 2 Jahren

Ich kann leider diese Aussage als Versicherungsmakler nicht bestätigen, ich helfe unserem Kunden seit 1997 Leistungsanträge zu stellen und bisher 1 Ablehnung, berechtigt wegen verheimlichen von vorvertraglichen anzeigepflichtigen Erkrankungen. Aber immer wieder fallen auch Top Versicherer auf, die letztendlich positive Leistungsfälle nach langen Hin udn Her bestätigen. Auffälig hierbei sind Leistungsfälle, wo eine lange Zeit Renten gezahlt werden müssen.
Das positive Verhalten gegenüber seiner Firma kann auch andere Gründe haben. Wir haben schon immer wieder Vergleichsangebote bekommen, damit die Sache kostengünstig für den versicherer vom Tisch ist und der Kunde wäre zufrieden gewesen. Damit haben wir immer ein Problem, wie jüngst, wo die Kundin 23 Jahre jung ist und erblinden wird und die Leistungsabteilung vorvertragliche Anzeigepflicht unterstellt, da die Bescherden ja schon dagewesen sein mussten…tolle Ideen.

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