Sicher ist sicher: Ein Feuerwehrmann hakt sich auf dem Winx Tower in Frankfurt am Main in die Dachkonstruktion ein. Im Hintergrund sieht man den Turm der Europäischen Zentralbank, die mit ihrer Zinspolitik das Bereitstellen von Garantien in manchen Betriebsrenten unmöglich macht. © picture alliance/dpa | Boris Roessler
  • Von Karen Schmidt
  • 28.02.2022 um 13:40
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 03:30 Min

Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase und der Senkung des Höchstrechnungszinses sind hohe Garantien in der bAV nicht mehr zu leisten. Wie das den Markt verändert.

Übrigens sieht der IVFP-Fachmann hier ein derbes Versäumnis der Politik. Dass es ab 2022 praktisch kein BZML-Angebot mehr gibt, habe der Gesetzgeber „selbstverständlich schon längst auf sich zukommen sehen“, sagt Dommermuth. Schließlich habe er ja selbst den Auslöser zu diesem Problem, nämlich die Senkung des Höchstrechnungszinses, ins Leben gerufen – wohlgemerkt „ohne gleichzeitig das Problem der BZML anzupassen“. Dommermuth: „Er hat also schlichtweg geschlafen. Will man daher auch künftig, dass die BZML die Landschaft der bAV bereichert, muss man als Gesetzgeber schnell handeln.“

Und bei der BOLZ, wie sieht es da aus? Hier haben viele Unternehmen sowieso schon längst erkannt, dass eine Betriebsrente eher dann einen wichtigen Wettbewerbsvorteil im Fachkräftemangel bietet, wenn sie mehr als nur 2 bis 3 Prozent Rendite bringt, glaubt bAV-Expertin Meissner. Es gebe also eine steigende Nachfrage nach höherrentierlichen Produkten – die eine BOLZ mit abgesenkten Garantien erfüllen könnte. „Parallel dazu müssen natürlich zum Beispiel die Versorgungsordnungen und Gruppenverträge entsprechend angepasst werden. Kompetente Berater und Beraterinnen sind mehr denn je gefragt“, sagt sie.

Eventuell ein Fall für die Arbeitsgerichte

Obwohl sich die bAV-Experten also weitgehend einig sind, dass eine BOLZ mit niedrigeren Garantien zulässig ist, müsse man fairerweise sagen, so Willis-Towers-Watson-Experte Hepperle, „dass das Risiko nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, dass diese Position von einem Arbeitsgericht infrage gestellt wird. Aktuell gibt es hierzu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung.“

Insgesamt ist die eh schon komplexe bAV-Welt nun nicht gerade einfacher geworden – aber das kann eine Chance für spezialisierte Beraterinnen und Berater sein. „Neben dem Durchführungsweg, der richtigen Produktform und ihrem Garantieniveau weisen die Anbieter mitunter sehr unterschiedliche Spezifika in der Kapitalanlage und den Sicherungsmechanismen ihrer Tarife auf. Hier können wir als Makler und Berater wertvolle Hilfestellungen leisten“, glaubt Hepperle. Das gelte auch für die Mitarbeiterkommunikation bis hin zur Einzelberatung.

Die „Kraft der Aktien“ nutzen

Aber auch den Gesetzgeber wollen die bAV-Experten dabei nicht aus der Haftung genommen sehen. „In Schweden oder Großbritannien sehen wir ein Altersvorsorgesparen ohne jegliche Garantien mit langfristigen, professionell erwirtschafteten Renditen zwischen

5 und 7 Prozent“, sagt Henriette Meissner. Dort werde die „Kraft der Aktien“ teilweise schon seit Jahrzehnten genutzt und sei gesetzlich und gesellschaftlich fest verankert. In Deutschland hätten die Anbieter jetzt einen wichtigen Schritt gemacht und Sicherheit in Form geringerer Garantien mit Renditechancen in Form höherer Aktienanlagen besser ausbalanciert. „Aus meiner Sicht ist das ein sehr guter Kompromiss“, so die bAV-Expertin. Studien des Insituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften in Ulm hätten nämlich gezeigt, dass Garantien von 70 bis 80 Prozent auch für sicherheitsorientierte Anleger geeignet seien. „Es wäre begrüßenswert, wenn der Gesetzgeber genau das begleitete“, so Meissner. „Irgendwann muss auch in Deutschland der Startschuss für mehr sachwertorien­tierte Anlagen fallen.“

Willis-Towers-Watson-Mann Hepperle stimmt dem zu: „Der Gesetzgeber ist dringend aufgerufen, zeitnah zu reagieren und dieses Thema ganz oben auf die Agenda zu nehmen“, fordert er. Neben einer Reform der Riester-Rente brauche es eine Klarstellung zum Thema Garantieniveau und der Schaffung größerer Freiheitsgrade dort – gerade bei der BZML. „Nur so lassen sich die Vorzüge einer Versicherungslösung in der bAV und der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten, die das Betriebsrentengesetz den Arbeitgebern bislang anbietet, erhalten“, ist er überzeugt.

autorAutorin
Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

kommentare
Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 2 Jahren

Wenn man die durchschnittlichen Kosten für Honorarberatung mit berechnet, dürften die hellblauen Balken, ohne Haftung, oft länger als die dunkelblauen sein. Ganz sicher bei bei niedrigen Beiträgen, auch bei fast allen Kindersparplänen. Sehr unseriöse Darstellung, ähnlich angeblich günstigerer Verwaltung von staatlicher Versorgung, die ganz locker Beamtenkosten “vergisst.” 3 Billionen EURO Defizit. Makler dürfen sich solche Scherze nicht erlauben, Gefängnis droht.

Hinterlasse eine Antwort

kommentare
Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 2 Jahren

Wenn man die durchschnittlichen Kosten für Honorarberatung mit berechnet, dürften die hellblauen Balken, ohne Haftung, oft länger als die dunkelblauen sein. Ganz sicher bei bei niedrigen Beiträgen, auch bei fast allen Kindersparplänen. Sehr unseriöse Darstellung, ähnlich angeblich günstigerer Verwaltung von staatlicher Versorgung, die ganz locker Beamtenkosten “vergisst.” 3 Billionen EURO Defizit. Makler dürfen sich solche Scherze nicht erlauben, Gefängnis droht.

Hinterlasse eine Antwort