Bafin-Gebäude in Bonn © picture alliance / Bildagentur-online/Schoening
  • Von Andreas Harms
  • 08.05.2023 um 17:26
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Im Titel des Bafin-Merkblatts steckt das Wort „Wohlverhalten“ – Lebensversicherer sollen sich also in Hinblick auf ihre Produkte anständig aufführen und ihren Kunden nützen. Deshalb tauchen im Text auch sämtliche Reizworte auf: Gebühren, Renditen, Provisionen, Fehlanreize. Allzu konkret wird es trotzdem nicht.

Weichen Provisionen zwischen unterschiedlichen Produkten voneinander ab, soll der Lebensversicherer prüfen, ob auch die Kundennutzen unterschiedlich sind. So könnten fondsgebundene Produkte höhere Provisionen enthalten als klassische, weil auch der Beratungsaufwand höher ist, heißt es im Merkblatt. Das müsse der Versicherer dann aber prüfen.

Mehrere Szenarien sollen hingegen dann wieder auftauchen, wenn Versicherer in Euro festgelegte Kosten berechnen (Stückkosten). Dann sollen sie zeigen, wie diese bei unterschiedlich hohen jährlichen Beiträgen zu Buche schlagen.

Storno

Lebensversicherer sollten beherzigen, dass nicht jeder Kunde die komplette Sparphase durchhält (oft auch aus ganz logischen Gründen). Deshalb sollen sie künftig in den Szenarioanalysen auch erwartete Storni nach plausiblen Laufzeiten mit einbeziehen. Plausible Laufzeiten sind Zeitpunkte, ab denen ein „wesentlicher Anteil“ der möglichen Kunden wahrscheinlich kündigen könnte. Als wesentlichen Anteil sieht die Bafin auf jeden Fall die Hälfte der möglichen Kunden an. Und auch diesen Menschen soll das Produkt dann schon genützt haben.

Bestandsprovisionen bei Investmentfonds

Zahlen Fonds aus ihren Gebühren eine Bestandsvergütung, bekommen auch die Anbieter entsprechender Fondspolicen ein Stück vom Kuchen ab. Laut Merkblatt sollen sie künftig prüfen, ob diese Geldflüsse für Fehlanreize sorgen könnten. Und ob sie sie durch Maßnahmen in ihrem Produkt ausgleichen können. Zum Beispiel, indem sie andere Kosten senken, die Kunden höher an Überschüssen beteiligen oder besondere Überschussanteile ausschütten.

Außerdem sollten Versicherer prüfen, ob nicht auch die Vertriebspartner direkt Bestandsprovisionen auf die Fonds erhalten. Und wenn das der Fall ist, müssen sie das mit den eigenen Provisionen und vor allem dem angestrebten Kundennutzen abgleichen.

Fehlanreize im Vertrieb

Fehlanreize sind seit Jahren der Zankapfel zwischen Gegnern und Befürwortern von Provisionen. Und es steht in der Tat immer die Gefahr im Raum, dass Vermittler eben nicht im Interesse ihrer Kunden handeln, sondern bevorzugt solche Produkte empfehlen, die ihnen besonders hohe Provisionen bringen.

Das kann auch das Merkblatt der Bafin nicht ausräumen. Stattdessen verlangt es, dass Lebensversicherer solchen Konflikten nachgehen. Wörtlich heißt es: „Um zu beurteilen, ob ein Anreiz sich nachteilig auf die Qualität der betreffenden Dienstleistung für den Kunden auswirkt, haben die LVU eine Gesamtanalyse vorzunehmen, bei der sämtlichen relevanten Faktoren, die das Risiko einer nachteiligen Auswirkung auf die Qualität der betreffenden Dienstleistung für den Kunden erhöhen beziehungsweise senken können, sowie den organisatorischen Maßnahmen, die zur Verhinderung des Risikos einer nachteiligen Auswirkung ergriffen werden, Rechnung getragen wird.“

Versicherer sollten beispielsweise prüfen, wofür die Provision konkret fällig wird (Abschluss, bestimmte Tätigkeit oder sonstiges) und ob sie sich nur auf reine Zahlen oder auch qualitative Kriterien bezieht. Und am Ende könnte man besonders hohe Abschlussprovisionen auch daran knüpfen, wie hoch oder vielmehr wie niedrig die Stornoquote in diesem Vertrieb ist.

Das gesamte Merkblatt der Bafin finden Sie hier.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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