Carsten Zielke ist promovierter Versicherungsökonom und Inhaber des Analyse- und Beratungshauses Zielke Research Conult in Aachen. © Zielke Research Consult
  • Von Lorenz Klein
  • 10.09.2020 um 16:38
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„Das Schlimmste liegt noch vor uns“, warnt der Versicherungsanalyst Carsten Zielke im Hinblick auf die Lage der Branche. Den Lebensversicherungen dürfte „eine Kündigungswelle bevorstehen“, wie Zielke in seiner „Versicherungsstudie 2020“ darlegt. Ein besonders Lob erntet die private Krankenversicherung von Zielke, der sich klar gegen eine Bürgerversicherung ausspricht.

Den Lebensversicherungen dürfte angesichts der Corona-Pandemie eine Kündigungswelle bevorstehen. Diese Ansicht vertritt der Branchenanalyst Carsten Zielke in seiner neuen „Versicherungsstudie 2020“. Grund hierfür sei, dass viele Menschen, wie beispielsweise Kulturschaffende, flüssige Mittel benötigten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Laut der Studie müssen sich Lebens-, private Kranken- und Sachversicherer jeweils unterschiedlichen Herausforderungen stellen.

Mit Blick auf die Lebensversicherung empfiehlt die Studie den Gesellschaften, „die Möglichkeit der Beleihung stärker in den Fokus zu nehmen, um so Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen des Kunden soweit möglich zu sichern“. Versicherer sollten ihren Kunden zeigen, dass es sich lohne, die Versicherung zu halten, so Zielke. Hierzu gehöre auch sich an den ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) zu orientieren und mit nachhaltigem Wirtschaften zu werben.

Darüber hinaus sei eine Änderung der Investmentspolitik erforderlich, findet der Marktanalyst. „Nur eine höhere Aktienquote kann den Lebensversichern aus der Misere helfen.“ Hätten die deutschen Versicherer ähnlich wie die Österreicher gehandelt, so Zielke, hätten sie heute „keine Probleme, ihre Garantieversprechen einzuhalten“. In Österreich liegt der Aktienanteil am Anlagekapital laut der Studie bei 15 Prozent.

Ein besonderes Lob erhalten die viel gescholtenen privaten Krankenversicherer. Diese hätten in der Corona-Pandemie „einen wichtigen Beitrag geleistet“, wie es in der Studie heißt. Da Deutschland 33,9 Intensivbetten pro 100 000 Einwohner aufweise, habe dies „zur weltweit niedrigsten Todesfallrate beigetragen“. Ohne den Anteil der PKV von 22 Prozent am Gesamtvolumen wäre an diese Bettenkapazität nicht zu denken gewesen, so der Autor. Im OECD-Mittel liege die Bettenkapazität bei nur 15,9.

„Die PKV ist solvent“

Zielke findet daher, „die regelmäßig auftauchenden Diskussionen um eine Bürgerversicherung nicht zielführend“. Den Angaben zufolge liegen die Beitragssteigerungen in der PKV unter der medizinischen Inflation. „Die PKV ist solvent“, betont der Autor, der sich allerdings daran stört, dass „die hauptsächlich auf Staatsanleihen fußende Anlagepolitik bei vielen Versicherungen zu konservativ“ sei. Auch hier empfehle sich ein höherer Aktienanteil. Eine Möglichkeit der Kostensenkung ist laut der Studie aktives Gesundheitsmanagement, beispielsweise Videos und Tipps zu Sport, Ernährung und anderen gesundheitsfördernden Maßnahmen. In diesem Bereich habe sich besonders die Allianz gesteigert, lobt der Autor.

Vertrauensverlust gegenüber Sachversicherern

Die Sachversicherer wiederum litten trotz zufriedenstellender Kennzahlen unter einem Vertrauensverlust. Eine Ursache sei die Weigerung vieler Unternehmen, die Zwangsschließung der Gastronomie als Schadensfall anzuerkennen, sodass viele Wirte in wirtschaftliche Schieflage geraten seien. Hier sei es erforderlich, künftig für Deckung auch in Pandemiefällen zu sorgen, stellt Zielke klar. So sei es Aufgabe des Staates, eine Rückversicherungslinie bereitzustellen, damit die Versicherer eine allumfassende Betriebsunterbrechungsversicherung anbieten könnten.

Die Versicherungsstudie 2020 des Aachener Analysehauses Zielke Research Consult setzt sich nach eigenen Angaben mit der Situation der deutschen und Österreichischen Versicherer angesichts der Corona-Pandemie – auch mit Blick auf nachthaltiges Wirtschaften – auseinander. Ergänzt wird die Studie durch Gastbeiträge aus der Versicherungswirtschaft.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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