Karl Matthäus Schmidt leitet die Quirin Privatbank. © Quirin
  • Von Lorenz Klein
  • 20.03.2023 um 12:24
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Die Deutschen befürworten mehrheitlich die Diskussion über ein Provisionsverbot in der Anlageberatung (63 Prozent). Sollte es dazu kommen, wären aber nur 33 Prozent dazu bereit, sich gegen ein Honorar beraten zu lassen. 40 Prozent würden keinerlei Beratung mehr in Anspruch nehmen. Das ergab eine repräsentative Umfrage der auf Honorarberatung spezialisierten Quirin Privatbank.

63 Prozent der Deutschen begrüßen es, dass auf EU-Ebene über ein Provisionsverbot in der Anlageberatung diskutiert wird (siehe Grafik). Eine Honorarberatung käme aber für viele Bundesbürger trotzdem nicht in Betracht: Sollten Provisionen in Deutschland verboten werden, würden 33 Prozent ein Honorar zahlen wollen, während 40 Prozent keine Beratung mehr in Anspruch nehmen würden.

Das teilte die auf Honorarberatung spezialisierte Quirin Privatbank auf Basis einer repräsentativen Umfrage durch das Marktforschungsunternehmen Puls mit. Die Umfrage wurde im Februar 2023 durchgeführt und diente dazu, die Einstellungen der Deutschen zur aktuellen Provisionsverbotsdebatte im Auftrag von Quirin zu untersuchen (Download hier).

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„Bei einem Provisionsverbot würden 40 Prozent keine Beratung mehr in Anspruch nehmen – das ist erschreckend, überrascht mich aber überhaupt nicht“, kommentiert Quirin-Chef Karl Matthäus Schmidt die Ergebnisse der Umfrage. Schmidt zufolge sei dieses Ergebnis „der jahrelangen Lobbyarbeit der Provisionsindustrie“ geschuldet. Diese habe immer und immer wieder behauptet, „dass kein Mensch sich die Alternative zum provisionsfinanzierten Produktverkauf, die unabhängige Beratung gegen Honorar, leisten könne“.

Stundenhonorare von 150 Euro und mehr könnten vor allem Kleinanleger nicht bezahlen, fasst Schmidt die Stimmen der Gegner eines Provisionsverbots zusammen. „Dabei werden Honorare längst überwiegend prozentual abgerechnet – wer wenig anlegt oder wenig spart, der zahlt auch nur wenig“, fährt Schmidt fort. „Hier mit den mutmaßlich absichtlich verbreiteten falschen Argumenten aufzuräumen, wird noch einiges an Aufklärungsarbeit erfordern.“

Quirin-Chef will Begriff „Honorarberatung“ am liebsten kippen

So merkt der Quirin-Chef kritisch an, dass die unabhängige Beratung gegen Honorar nur in Deutschland als „Honorarberatung“ bekannt sei, werden sie überall sonst in der Welt als „unabhängige Beratung“ bezeichnet werde. Beide Begriffe meinten das Gleiche, doch die öffentliche Wahrnehmung sei völlig unterschiedlich. So werde der Begriff „Honorarberatung“ im Gegensatz zu „unabhängige Beratung“ deutlich negativer bewertet, meint Schmidt. Beim ersten Begriff stehe bei den Befragten der Bezahlaspekt (74 Prozent) im Vordergrund, bei letzterem hingegen der Vorteil des „Frei-Seins“ von bestimmten Vertriebsinteressen (59 Prozent).

„Diese unterschiedliche Wahrnehmung hat sich seit unserer letzten Befragung 2016 sogar noch drastisch verschärft – damals gingen die unterschiedlichen Zuschreibungen noch nicht so weit auseinander“, schildert der Quirin-Chef. Der Gesetzgeber sei daher „dringend gefordert, das Honoraranlageberatungsgesetz zu verändern und umzubenennen in Gesetz der unabhängigen Beratung“, so der Appell Schmidts.

„Die Deutschen reden sich die eigene Bank schön“

Weiter ergab die Umfrage, dass gut die Hälfte (56 Prozent) der Befragten sich im Klaren darüber sei, dass in Anlageprodukten Provisionen enthalten sind. 15 Prozent gaben an, das nicht zu wissen. 90 Prozent sind laut der Umfragenmacher dennoch der Überzeugung, noch nie für Beratung bezahlt zu haben. 70 Prozent sagten das selbst bei zweitem Nachfragen noch – obwohl sie eigens darauf hingewiesen wurden, dass sie bei ihrer Antwort auch Provisionen als mögliche Bezahlform in Betracht ziehen sollten.

„Die Deutschen reden sich die eigene Bank demnach also schön und glauben immer noch an das Märchen der kostenlosen Beratung bei provisionsfinanzierten Banken“, schlussfolgert Schmidt. Das liege vor allem „an der Übermacht der klassischen Banken und Sparkassen, die diesen Eindruck jahrzehntelang befeuert haben, indem sie die Provisionen möglichst gut versteckt haben. Dabei ist Beratung bei herkömmlichen Banken nicht kostenlos, im Gegenteil: Provisionen, Kick-backs und Co. kosten deutsche Anlegerinnen und Anleger jedes Jahr mehrere Milliarden Euro“, wie Schmidt hinzufügt. Allerdings nehme kaum jemand Notiz davon, bedauert der Quirin-Chef.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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