- Von Redaktion
- 10.07.2025 um 09:53
Pfefferminzia: Wie sind Sie überhaupt dazu kommen, Expats zu beraten? Das ist ja nicht unbedingt eine alltägliche Zielgruppe.
Claus Edam: Nein, das ist tatsächlich nicht so üblich. Und man muss auch sehen: Das war vor rund 25 Jahren. Der Markt war damals noch ganz anders. Eigentlich bin ich eher zufällig in dieses Thema hineingerutscht. Ich hatte damals einen internationalen Freundeskreis, in dem wir fast immer Englisch gesprochen haben. Irgendwann wusste einer, dass ich Versicherungsmakler bin – und fragte mich wegen einer Privathaftpflichtversicherung. Nichts Großes, aber daraus entwickelte sich mehr. Er arbeitete in einem internationalen Unternehmen und war völlig überfordert mit dem deutschen System – vor allem beim Thema Krankenversicherung. Ich habe mich dann darauf eingelassen und ihn erst mal mit Händen und Füßen beraten. Viele Fachbegriffe kannte ich nicht – Schulenglisch eben. Aber wir haben uns durchgewurschtelt, wir waren ja befreundet.
Dann kamen zwei weitere Kollegen von ihm auf mich zu, die ebenfalls eine Beratung wollten. Da habe ich mir gedacht: Okay, da muss ich mich besser vorbereiten. Ich habe mir ein paar Vokabeln zurechtgelegt und wir haben uns in der Kantine über Krankenversicherungen unterhalten. Dabei fiel mir auf, dass ich mich aktiv noch gar nicht mit der Zielgruppe beschäftigt hatte – aber ich merkte: Da ist was los!
Ich fragte also, wie sie denn aktuell beraten werden. Und hörte so zum ersten Mal von sogenannten „Relocation Services“. Das sind von Unternehmen beauftragte Dienstleister, die Expats bei der Eingliederung unterstützen. Ich habe den Kontakt gesucht, und die waren ganz froh, dass jemand die Beratung zu Versicherungen übernehmen wollte – das hatten sie bis dahin nämlich selbst gemacht.
So ist über die Zeit ein echtes Netzwerk entstanden. Ein Relocation Service nach dem anderen kam dazu. Dann haben mich auch Maklerkollegen angesprochen, die die sprachliche Hürde nicht meistern konnten – und mich gebeten, die Beratung zu übernehmen. So hat sich das alles entwickelt.
Wenn sich heute jemand an diese Zielgruppe heranwagen möchte – was würden Sie empfehlen?
Edam: Da gibt es einiges zu beachten. Wenn man es strategisch angehen möchte, muss man an gewachsene Netzwerke und Multiplikatoren ran. Man kann gezielt auf Relocation Services zugehen, auch auf internationale Personaler-Kontakte. Später kommt es dann auch zu Weiterempfehlungen zufriedener Expats. Auch Social Media bietet sich zur Kontaktaufnahme an.
Wie unterscheiden sich Expats von klassischen Versicherungskunden?
Edam: Sehr auffällig ist natürlich die Sprache. Die Kommunikation findet grundsätzlich auf Englisch statt, unabhängig davon, woher die Expats kommen. Man muss also Englisch können – und zwar so, dass man komplexe Sachverhalte verständlich erklären kann. Schulenglisch reicht da nicht aus.
Der zweite wichtige Punkt: Sie müssen wissen, dass Sie bei null anfangen. Ein Australier weiß nicht, dass es in Deutschland ein duales System mit GKV und PKV gibt. Das ist komplettes Neuland für ihn. Man taucht tief ein – das ist keine reine Produktberatung.
Neben der Krankenversicherung – welche Produkte sind bei Expats besonders gefragt?
Edam: Natürlich steht die Krankenversicherung im Vordergrund – GKV oder PKV. Da muss man sehr differenziert vorgehen. Dann sind Haftpflichtversicherung, Hausrat, Rechtsschutz und KFZ-Versicherung ebenfalls wichtig. Bei Unfallversicherung oder Berufsunfähigkeit muss man genau abwägen, weil Expats meist nicht für immer in Deutschland bleiben. Riester-Rente oder Bausparverträge – das ist für diese Zielgruppe völlig irrelevant. Die wenigsten bleiben bis zur Rente.

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Das ist ein guter Punkt. Was passiert denn mit den Produkten, wenn die Expats wieder in ihre Heimat zurückkehren?
Edam: Früher, vor 25 Jahren, hatten wir bei der PKV eine Stornohaftung von einem Jahr. Heute sind es fünf Jahre. Das heißt: Wenn jemand nach zwei Jahren zurückgeht, muss man einen Teil der Provision zurückzahlen – und das ist ein echtes Risiko. Gerade bei der PKV. Man hat Kunden, die sagen, sie bleiben zwei Jahre – und bauen dann ein Haus hier. Andere planen sieben Jahre – und gehen nach zwei. Bei Sachversicherungen ist es ähnlich: Da gibt es keine kontinuierliche Bestandsprovision, weil die Verträge enden, wenn der Kunde geht.
Gibt es auf Versichererseite Lösungen, um solche Risiken abzufedern?
Edam: Ja, man kann zum Beispiel vereinbaren, dass man die Provision nicht sofort vollständig ausgezahlt bekommt. Oder es gibt Produkte, bei denen die Stornohaftung nur ein Jahr beträgt. Solche Lösungen gibt es, aber leider nicht viele Anbieter, die diesen Weg mitgehen.
Also muss man sehr gezielt auswählen, mit welchen Versicherern man zusammenarbeitet. Gibt es denn viele, die englischsprachige Unterlagen haben?
Edam: Anfangs war das katastrophal. Die Versicherer hatten sich auf Expats überhaupt nicht eingestellt. Ich hatte dann jemanden von der TK – also der Techniker Krankenkasse – kennengelernt. Die haben sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Die TK war tatsächlich die erste Krankenkasse mit einem Expat-Guide – auf Englisch. Heute gibt es mehrere gesetzliche Krankenkassen, die gut aufgestellt sind. Auf der PKV-Seite war es ein zähes Spiel. Da mussten wir oft selbst Angebote „basteln“, weil die Gesellschaften nicht vorbereitet waren. Viele sagten: „Wir sind eine deutsche Versicherung für Deutsche.“ Das führt zu Problemen, etwa bei der IBAN oder der ärztlichen Untersuchung in Deutschland – obwohl der Kunde noch gar nicht im Land ist.
Gibt es Versicherer, die sich bei den Expats Ihrer Meinung nach besonders hervortun?
Edam: Seit einigen Jahren ist die Hallesche da ganz vorne mit dabei. Sie hat ihre deutschen Tarife auch auf Englisch verfügbar gemacht – und sogar einen speziellen Expat-Tarif entwickelt, der nur fünf Jahre läuft und trotzdem den Arbeitgeberzuschuss beinhaltet. Das ist ein gutes Angebot – allerdings nur für Expats, die keine EU-Staatsbürger sind.

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