Stephan Busch (links) und Tim Schreitmüller (rechts) von CoachMeNetto interviewen Menschen aus der Branche zum Thema Honorarberatung. Dieses Mal: Peter Schmidt. © CoachMeNetto/privat
  • Von Redaktion
  • 08.11.2023 um 15:02
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Für die Interview-Reihe „Mit Vision – Über die Lage der Honorarberatung“ luden Stephan Busch und Tim Schreitmüller dieses Mal den Nachfolge-Experten Peter Schmidt zum Gespräch.

Was schätzt du am meisten am Unternehmertum?

Das ist die Freiheit, das zu tun, was man selbst für richtig hält. Ich entscheide selbst was, wie, wo und wann ich etwas tue. Natürlich trage ich auch die Konsequenzen meines Geschäftsmodells. Aber das ist auch der große Unterschied zu noch so schön klingenden Posten, die ich in meinem Berufsleben auch schon zahlreich innenhatte. Ein Vorstandsvorsitzender, der sich nur am Gängelband eines in der Vergangenheit schwelgenden Aufsichtsrates bewegen kann, ist gegenüber einem erfolgreichen Unternehmer arm dran.

Was charakterisiert für dich ein gutes Geschäftsmodell?

Ein gutes Geschäftsmodell sollte natürlich erfolgreich sein. Für mich ist es meist erfolgreich, wenn es nach dem AAA-Prinzip gestaltet ist. AAA steht für „Anders Als Andere“. Es ist wichtig, sich vom Markt abzuheben und auch am Markt wahrgenommen zu werden. Es gibt verschiedene Wege, dieses AAA zu erreichen, wie ich gemeinsam mit meinen Mandanten erarbeite. Dies könnte beispielsweise die Spezialisierung auf eine bestimmte Sparte, eine Zielgruppe oder einen speziellen Vertriebsweg sein. Somit steht AAA für ein betriebswirtschaftlich sinnvolles und einzigartiges Geschäftsmodell.

Was glaubst du, welche Herausforderungen stehen dem Vermittlermarkt bevor?

Der Vermittlermarkt wird durch die Haupttrends Digitalisierung, Demografie und Regulatorik geprägt. Alle drei Entwicklungen führen außerdem zu einer starken Konsolidierung des Marktes. Hinzu kommen die globalen Megatrends Klimawandel, New Work, Mobilität oder Konnektivität – um nur einige zu nennen.

Glaubst du, dass sich die Maklerschaft immer mehr an Pools bindet?

Die Zusammenarbeit mit einem Maklerpool ist natürlich eine individuelle unternehmerische Entscheidung. Auf jeden Fall hat sich der frühere Anspruch der Eigenständigkeit des Maklers gewandelt, weil viele Maklerunternehmer verstehen, dass die aktuellen Herausforderungen an Technik, Software und Kundenservice nicht mehr allein zu bewältigen sind. Daraus folgt der logische Schritt, sich nach Verbündeten und Dienstleistern umzusehen – und das können Maklerpools sein. Wenn ein Maklerpool als zukunftsträchtig und solide eingeschätzt wird, der in den Hauptfeldern des Maklers Tools und Services anbietet, dann ist so eine Verbindung genau richtig.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen? Hast du Initiativen oder Programme implementiert, um sozial-ökologische Verantwortung zu übernehmen?

Nachhaltigkeit spielt in meinem Unternehmen eine zentrale Rolle. Schon vor einiger Zeit haben wir unsere Unternehmensprozesse hinsichtlich Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung optimiert. Dazu zählen beispielsweise Online-Beratungen statt persönlicher Treffen, die Nutzung von Zügen anstelle von Flügen für Dienstreisen, ein papierloses Büro und der Bezug von Ökostrom. In allen Beratungsgesprächen wird das Thema Ressourcenschonung adressiert und Möglichkeiten zur Steigerung der Nachhaltigkeit aufgezeigt. Darüber hinaus haben wir ein Bewertungssystem für Maklerunternehmen auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit inklusive eines entsprechenden Siegels entwickelt. Persönlich engagiere ich mich zudem ehrenamtlich in der Umweltinitiative IKV (Institut für Umwelt- und Klimaschutz der Versicherungswirtschaft e.V.).

Wenn du einen Wunsch an die Branche hättest, welcher Wunsch wäre es?

Für Produktanbieter, Vermittler und Kunden wäre es hilfreich, wenn das Thema der digitalen Datenübermittlung einheitlich und orientiert auf alle Vertriebswege und Kunden gelöst würde. Seit Jahren geht es eher langsam als schnell mit BiPro- und GDV-Datensätzen voran, und es ist nach wie vor beschwerlich. Etwas mehr gemeinsamer Wille und gemeinsames Handeln wäre wirklich gut.

Lass uns nun über das Thema Honorarberatung sprechen. Honorarberatung wird nun seit über zehn Jahren in der Fachpresse als „Chance für Vermittler/Beraterinnen“ kommuniziert. Nicht selten wird die Honorarberatung folglich als die Lösung der Zukunft gehandelt. Warum wird die Honorarberatung aus deiner Sicht noch nicht aktiv angepackt?

Zunächst ist die Scheu vor Veränderungen ein oft zutiefst menschliches Thema. Je länger ein herkömmliches Geschäftsmodell den Alltag bestimmt hat, desto schwerer fällt es, sich davon zu lösen. Oftmals kommt ein fehlendes Know-how hinzu, das Unsicherheiten bezüglich des Wie, Wo und Wann mit sich bringt.

Ein Gegenargument der Honorarberatung ist häufig, dass sie sich nur wohlhabende Personen leisten können und Personengruppen mit geringem Einkommen keinen Zugang zu dieser Dienstleistung haben. Stimmt das in deinen Augen? Siehst du Lösungen, um soziale Spaltung zu vermeiden?

Auf jeden Fall sollten wir versuchen die Rolle des Maklers als bestem Verbraucherschützer für die Kunden zu stärken. Das können wir mit dem Angebot von flexiblen Modellen der Vergütung bereits jetzt starten. Lassen wir doch den Kunden selbst anhand verschiedener Angebote wählen, welches Produkt er für ein bestimmtes Risiko oder eine Vorsorge haben will. Nettoprodukt plus Beratungshonorar oder Bruttoprodukt mit inkludierter Vergütung des Maklers. Oft sprechen den Kunden die Vorteile des Nettoproduktes oder eine Beratung ohne Produktverkauf gegen Honorar mehr an. Auch das vom Kunden gewählte Servicelevel können wir doch gut dem Kunden selbst überlassen. Der Kunde, der am Flughafen die Fast Lane oder beim Versandportal PRIME wählt, wird sich auch anders entscheiden, als mancher Vermittler das aus eigener Sicht glaubt.

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