Paul Ristock ist Niederlassungsleiter Deutschland für die Oberösterreichische Versicherung. © Oberösterreichische
  • Von Lorenz Klein
  • 20.02.2023 um 18:11
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Photovoltaikanlagen finden in Zeiten von Krieg und Energiewende reißenden Absatz, Netzbetreiber kommen mit den Anträgen auf Einspeisungen kaum noch nach. Wie macht sich der Boom in der Versicherungswirtschaft bemerkbar? Und worauf es kommt es bei der Absicherung an? Paul Ristock weiß es – er leitet die deutsche Niederlassung der Oberösterreichischen Versicherung und den Maklerservice.

Pfefferminzia: Drei Viertel aller privaten Hausbesitzer, die über ein geeignetes Dach verfügen, liebäugeln mit einer eigenen Solaranlage, jeder fünfte plant diese sogar bereits in den kommenden zwölf Monaten. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW). Dazu passt, dass der Photovoltaik-Geschäftsklimaindex auf einem Allzeithoch liegt. Ist der Boom inzwischen auch bei der Nachfrage nach entsprechendem Versicherungsschutz angekommen?

Genauso ist es, der Boom ist angekommen – und die Nachfrage nach Versicherungslösungen nimmt deutlich zu. Und das nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch die Nachfrage nach gewerblichen Versicherungen für beispielsweise Bodenanlagen oder Anlagen auf gemieteten Flächen steigt merklich an. Gerade die gewerbliche Nutzung der PV-Anlagen birgt Risiken, die einen adäquaten Versicherungsschutz benötigen. Wir führen zurzeit viele Informationsgespräche mit Maklern zu dieser Thematik.

Erwähnenswert ist etwa auch die sogenannte GAP-Deckung – diese löst im Falle eines Totalschadens die Restschuld einer Finanzierung ab. Weitere Themen mit Maklern sind die Ertragsausfalldeckung sowie Haftungsrisiken bei gemieteten Dachflächen, um Schadensersatzansprüche Dritter zu decken. Eine entsprechende Betreiberhaftpflichtversicherung kann bei uns sogar solo abgeschlossen werden.

Wie schätzen Sie hier die Rolle der Politik ein? Wie wirkt sich diese auf den deutschen Markt für PV-Anlagen aus?

In Deutschland tut sich diesbezüglich einiges. So wird seit Beginn dieses Jahres die Anschaffung und die Netzeinspeisung einer PV-Anlage, welche in der Nähe eines Gebäudes errichtet wird, durch einen Nullsteuersatz gefördert. Sowohl die Anschaffung einer PV-Anlage mit sämtlichen Komponenten als auch die Netzeinspeisung ist von der Umsatz- beziehungsweise Mehrwertsteuer befreit. Und jüngst kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Solarbeschleunigungsgesetz sowie ein Entbürokratisierungsgesetz für Sonnen- und Windenergie an – die Dynamik in diesem Wirtschaftszweig wird uns also noch überraschen.

Dank fortschrittlicher Technik sind PV-Anlagen heute deutlich günstiger zu produzieren als zum Beispiel vor 15 Jahren – selbst wenn die Inflation diese Entwicklung gebremst haben mag. Sind die Anlagen und Speicheraggregate über die Zeit auch robuster geworden, so dass sie heute womöglich weniger Risiken ausgesetzt sind als früher?

Nicht unbedingt. Die Module sind eindeutig robuster geworden und damit einhergehend auch deren Langlebigkeit: Module, die mit Glasplatten verstärkt sind, halten heute schon bis zu 30 Jahre und länger. Es gibt aber zahlreiche andere Gefahren, die noch unterschätzt werden. So sind in den vergangenen Jahren die Extremwetterereignisse stark gestiegen. Nur ein Beispiel: Beim 12. Extremwetterkongress in Hamburg im September 2022 haben Experten ein erhöhtes Risiko von Waldbränden gesehen. Diese Brände können leider auch auf Siedlungen übergreifen.

Schwere Überflutungen und Hagel sind weitere Gefahren für PV-Anlagen. Mittlerweile hat sich zudem die Technik rund um die Module stark verändert. Smart-Home Technologie, Akkumulatoren (Batteriespeicher), Wechselrichter und Wallboxen sind mittlerweile fester Bestandteil von PV-Anlagen. Im gewerblichen Bereich bei Großanlagen kommen noch Trafostationen hinzu, die ebenfalls versichert sein sollten etwa gegen Überspannungs- oder Sturmschäden.

Im Übrigen beobachten wir zurzeit keine fallenden Preise der Module und ganzer Anlagen mehr, sondern steigende Preise. Die Gründe dafür sind vielfältig und meist bekannt, wie Lieferengpässe und Inflation. Daher beschäftigen wir uns momentan intensiv mit einem Indexierungsbaustein in unserem Versicherungsschutz.

Viele Neubesitzer einer PV-Anlagen fragen sich, ob eine Wohngebäudeversicherung genügt oder ob sie eine spezielle Police benötigen. Kurzum: Wie sieht ein bedarfsgerechter Versicherungsschutz aus und mit welchen Kosten ist hier zu rechnen?

Ein Einschluss der Photovoltaikanlage in der Wohngebäudeversicherung ist bei vielen Anbietern möglich und die Bandbreite des Versicherungsschutzes ist sehr groß. Gleichwohl ist grundsätzlich ein eigenständiger Vertrag über eine spezielle Photovoltaik- beziehungsweise Elektronikversicherung ratsam. Denn oftmals deckt die Wohngebäudeversicherung nur die allgemeinen Gefahren ab, während die eigenständige Photovoltaikversicherung eine Allgefahrendeckung vorsieht. Auch innere Betriebsschäden, die nicht durch äußere Einflüsse allgemeiner Gefahren zustande kommen, sind inklusive des einhergehenden Ertragsausfalls versichert.

Um das hier noch einmal klar zu sagen: Eine GAP-Deckung, Tierbisse, der Technologiefortschritt (Ersatzteile sind nicht mehr lieferbar), Bedienfehler, Ungeschicklichkeit oder Vorsatz Dritter, Konstruktions- oder Materialfehler, Risiken während einer Montage und vielerlei mehr sind über eine Wohngebäudeversicherung nicht immer mitversichert. Und noch ein vertriebliches Argument für unsere Versicherungsmaklerinnen und -makler: Sollte es zu einem Schaden an der PV-Anlage kommen ist die Wohngebäudeversicherung nicht schadenbelastet, da der eigenständige PV-Versicherungsschutz greift – das erleichtert eine Umdeckung im Fall der Fälle.

Und um auch den zweiten Teil Ihrer Frage zu beantworten: Solch ein umfassender Versicherungsschutz ist beispielsweise bei der Oberösterreichischen bereits ab 58,80 Euro im Jahr zu erhalten.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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