Sebastian Niemann ist Experte für das Influencer-Marketing beim Brand-Tech-Unternehmen Eqolot. © Eqolot
  • Von Redaktion
  • 04.03.2021 um 13:34
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Immer mehr Versicherer versuchen, insbesondere junge Zielgruppen über sogenannte Influencer der Sozialen Medien zu erreichen. Und das ist auch gut so, findet Sebastian Niemann, der Experte für das Influencer-Marketing beim Brand-Tech-Unternehmen Eqolot ist. Welche Vorteile diese Art des Marketings hat, erklärt er im Interview.

Pfefferminzia: Sogenannte Influencer kennt man aus den Sozialen Medien, etwa bei Youtube oder Instagram. Sie geben zum Beispiel Lifestyle-Tipps und haben viele Millionen Follower. Versicherungen und Influencer scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen. Ist das so?

Sebastian Niemann: Nur auf den ersten Blick. Faktisch haben Versicherungsunternehmen das Influencer-Marketing nicht nur für sich entdeckt, sondern setzen es bereits ein. Manchmal thematisieren sie es sogar ungewohnt selbstironisch. Man denke nur an die Recruiting-Kampagne des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft: „So werben Versicherungen um den Nachwuchs“. Das Beispiel zeigt auch: die Einsatzgebiete sind vielfältig – vom Recruiting über Branding bis zum Vertrieb.

Welche Influencer werden eher im Versicherungsbereich eingesetzt? Influencer mit dem Nischenfokus Finanzen/Versicherung mit eher wenigen Followern? Oder Influencer mit großer Reichweite und breiterem Themenspektrum?

Das hängt tatsächlich wesentlich von der Ausgangssituation und der Aufgabenstellung ab. Ihr Kolumnist Philip Wenzel ist im B2B-Bereich sicher ein ganz wichtiger Influencer. Ebenso wie auf der anderen Seite LeFloid seinerzeit für die Techniker Krankenkasse. Auf den ersten Blick scheint das eine ungewöhnliche Konstellation. Doch tatsächlich kann der Youtuber sehr authentisch erzählen, wie man Schicksalsschläge meistert. Seinen Traum, Chirurg zu werden, musste er nach einem Fahrradunfall aufgeben. Stattdessen schlug er einen anderen Weg ein und wurde Social-Media-Star. Glaubhafter kann man die TK-Botschaft „Mein Weg“ eigentlich kaum vermitteln.

Welche Zielgruppen werden in der Regel angesprochen?

Man kann hier schwer pauschalisieren, weil die Zielgruppe stark vom Kampagnen-Ziel beziehungsweise vom Versicherungsprodukt abhängt. In der Praxis begehen Versicherer häufig den Fehler, als ersten Parameter für die Ansprache den Content des Influencers zu nehmen. Die Community eines Finanz-Influencers etwa interessiert sich zwar für das Thema Finanzen, verfügt aber bereits über eine hohe Expertise und einen guten Marktüberblick. Die Einstiegshürden sind hier also denkbar hoch. Deutlich performanter ist häufig der Ansatz, auf Communities zu setzen, die das das Thema bewegt, aber bisher keine Lösung oder keinen passenden Anbieter gefunden haben. Vor allem bei jüngeren Frauen sehen wir hier aktuell einen höheren Beratungsbedarf. Der Vorteil: Für das Thema Influencer-Marketing sind sie vergleichsweise affin, weil sie es schon aus anderen Lebensbereichen kennen und schätzen.

Welche Plattformen sind für das Influencer-Marketing geeignet?

Für kurzfristige Angebote oder konzentrierte Aktionen eignet sich häufig Instagram gut. Storytelling oder Awareness lassen sich vor allem über Youtube und in jüngeren Zielgruppen auch über TikTok herstellen. Für langfristige Wirkung empfiehlt sich eine Kombination aus Pinterest und den klassischen Blogs. In anderen Branchen wie etwa der Spieleindustrie ist dies schon gang und gäbe.

Welche Rolle spielt Authentizität hierbei?

Die Rahmendaten sind doch die: Versicherungsprodukte sind teils hochkomplex, die Konditionen sind über Vergleichsportale schnell abrufbar, der klassischen Werbung vertrauen immer weniger – die Millennials erst recht nicht. Der Bedarf an echten Empfehlungen steigt. Influencer-Marketing kann diese Lücke füllen: durch echte Fachkompetenz und durch glaubhafte Nutzung der Produkte. Nur das schafft die Basis für echte Empfehlungen.

Welche Fehler können Versicherungen machen?

Man kann es nicht oft genug sagen: Alles ordnet sich dem Kampagnen-Ziel unter. Das muss definiert und mit klaren KPIs hinterlegt sein. Bekanntheit/Image wird anders gemessen als etwa Recruiting oder Sales, wo es um Parameter wie Conversion Rate oder CPA (Costs per Action) geht. Erst dann geht es um die Auswahl der Influencer und Plattformen. Wichtig im Storytelling ist, den Influencern ihren kreativen und auch inhaltlichen Freiraum zu lassen. Influencer sind keine Werbe-Testimonials.

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