Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellt auf der Pressekonferenz die Eckpunkte zur Krankenhausreform vor © picture alliance/dpa | Jörg Carstensen
  • Von Andreas Harms
  • 13.07.2023 um 11:31
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Die Eckpunkte zur Krankenhausreform liegen vor – und wie zu erwarten war, sind die Meinungen dazu geteilt. Während sich die gesetzlichen Krankenversicherer grundsätzlich wohlwollend äußern, zeigen sich die privaten Versicherer nur mäßig begeistert. In einem Punkt sind sie sich jedoch einig.

Die beiden Systeme zur Krankenversicherung reagieren unterschiedlich zu den nun vorliegenden Eckpunkten zur Krankenhausreform. Während der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen lässt, geben sich die Gesetzlichen zumindest wohlwollend. Wobei das auch so zu erwarten war.

Zunächst zur Reform. Bund und Länder einigten sich am 10. Juli 2023 auf die Eckpunkte für die geplante Krankenhausreform. Kernpunkte daraus lauten:

  • Krankenhäuser und Kliniken werden nicht mehr nach Zahl der behandelten Fälle bezahlt. Stattdessen bekommen sie Vorhaltepauschalen, also Geld dafür, dass sie Leistungen anbieten. Das soll 60 Prozent der Klinikkosten decken. Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von einer Existenzgarantie für Häuser, die vergleichsweise wenige Menschen behandeln. Das erklärt in seinen Augen auch, warum die ostdeutschen Bundesländer geschlossen für die Reform gestimmt haben. Die Bevölkerungsdichte ist dort nun mal geringer als in den anderen Ländern und nötige Fallzahlen sind dann mitunter nur schwer zu erreichen.
  • Die Häuser dürfen nur noch jene Leistungen anbieten, für die sie auch qualifiziert sind. Sie müssen bestimmte Qualitätskriterien einhalten, um die Vorhaltepauschalen zu bekommen. Geregelt werden soll das in Leistungsgruppen, in die die Kliniken eingeteilt werden (mehr dazu lesen Sie hier). Damit konzentrieren sich komplizierte Fälle auf zentrale Spezialkliniken, während einfachere Leistungen flächendeckend angeboten werden.
  • Ein nach der Sommerpause erscheinendes Transparenzgesetz soll dafür sorgen, dass Patienten über die einzelnen Leistungen und Qualitäten der Krankenhäuser Bescheid bekommen. Die Transparenz-Offensive soll am 1. Januar 2024 starten.

Die Reform soll den Druck von Kliniken nehmen, besonders viele – und damit auch viele nicht notwendige – Fälle behandeln zu müssen, um zu überleben. Lauterbach dazu:

„Das nimmt den ökonomischen Druck von den Klinken, erlaubt eine Entbürokratisierung und sorgt für mehr Sicherheit und Qualität bei der medizinischen Versorgung von Patienten. Das ist eine Revolution.“

Nur will sich der PKV-Verband von der Freude nicht so richtig anstecken lassen. Zunächst bemängelt er, dass alles zu lange dauert. Lauterbach habe noch immer kein Finanzkonzept für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vorgelegt. Stattdessen deute die Krankenhausreform auf weiter steigende Kosten hin.

So stört den Verband in den Gesetz-Eckpunkten folgende Passage: „Im Laufe der Beratungen wird ebenfalls geprüft, ob weitere Maßnahmen zur Liquiditätssicherung auch in Bezug auf Tarif- und Inflationsentwicklung der Krankenhäuser außerhalb des Bundeshaushalts notwendig sind.“ Und das bedeute nun mal steigende Beiträge für alle Versicherten – also in PKV und GKV.

Auch GKV sorgt sich um die Kosten der Krankenhausreform

Dieser Punkt verbindet übrigens die beiden Lager. Denn auch beim GKV-Spitzenverband schaut man mit Sorge auf die noch unklare Finanzseite der Reform. So mahnt Verbandsvorstand Stefanie Stoff-Ahnis: „Der Bund hat keine konkreten finanziellen Zusagen gemacht und die Länder verpflichten sich weiterhin nicht, die Investitionskosten zu finanzieren. Dies darf nicht zu Lasten der Beitragszahlenden gehen.“

Und Jörg Meyers-Middendorf vom Verband der Ersatzkassen (VDEK) befürchtet „deutliche Mehrkosten für die Krankenkassen, auch durch die zusätzlichen Sicherstellungzuschläge“. Damit seien weiter steigende Beiträge zu erwarten.

Gleichwohl mögen die Gesetzlichen die Vorhaltepauschale und die geplanten Leistungsgruppen. So sagt die Vorstandschefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann: „Die Einführung der Leistungsgruppen ist für uns das zentrale Element der Reform. Sie sollten allerdings auf der Bundesebene vorgegeben werden – ohne faule Kompromisse auf Kosten von Qualität und Patientensicherheit.“ Allerdings befürchtet Reimann, dass der Sprung weg von den Fallpauschalen nicht ganz gelingt. Offenbar mag man bei der AOK den Gedanken, dass Kliniken unabhängig von der Zahl der Fälle Geld erhalten – und damit sicherer planen können.

PKV befürchtet Fehlanreize durch Vorhaltepauschalen

Das sieht der PKV-Verband ganz anders. Denn er befürchtet – frei übersetzt –, dass die Vorhaltepauschale zum Schludern einlädt, die berüchtigten Fehlanreize setzt und damit das Leistungsprinzip aushebelt. Nach dem Motto: Wer nichts fürs Geld tun muss, der gibt sich auch kaum Mühe. „Die grundlegenden Reformziele bleiben dabei auf der Strecke: Kosteneffizienz und Qualitätsorientierung“, bemängelt Joachim Patt, stellvertretender PKV-Verbandsdirektor.

Weshalb der Verband gerne die Vorhaltepauschale weniger stark verbreiten würde. Sie sollte nur dort fließen, „wo sie unabdingbar notwendige Leistungsbereiche sichert, die sich nicht aus dem regulären Betrieb finanzieren können“. Das seien vor allem Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Notfallmedizin. Hinzu kämen spezielle Schlaganfall- und Traumazentren und die Intensivmedizin.

So haben alle Lager wie immer ihre Favoriten und Befürchtungen. Was davon eintrifft, wird sich zeigen. Jetzt will Lauterbachs Ministerium über den Sommer einen Gesetzentwurf erarbeiten und dem Parlament vorlegen. Wenn das Gesetz durch ist, will man es fortlaufend überprüfen. Um zu schauen, wie es tatsächlich wirkt.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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