Eine Zahnärztin behandelt eine Patientin. Dass so manche Kosten einer Behandlung nicht von der eigenen Zahnzusatzversicherung gedeckt sind, entdecken viele Patienten erst hinterher. © picture alliance / Zoonar | DAVID HERRAEZ CALZADA
  • Von Redaktion
  • 22.03.2021 um 17:39
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Auch in diesem Jahr hat sich die Stiftung Warentest verschiedene Zahnzusatzpolicen angeschaut und diese bewertet. Und wieder einmal sei der Test nur unzureichend, findet Maximilian Waizmann, Geschäftsführer der Versicherungsmakler Experten GmbH. Warum der Test durchfällt, erfahren Sie in seinem Gastkommentar.

Die Stiftung Warentest gilt bei vielen Verbrauchern als eine der ersten Anlaufstellen, wenn es um die Versorgung mit Informationen rund um Finanzen geht. Einer Umfrage der Verbraucherzentrale Bundesverband von 2017 zufolge genießt die Institution bei Verbrauchern in Deutschland hohes Ansehen: 98 Prozent kennen die Stiftung Warentest und 82 Prozent haben sogar starkes Vertrauen in deren Empfehlungen.

Die aktuelle Ausgabe dürfte bei Endverbrauchern allerdings eher für Verunsicherung als für Klarheit sorgen. Denn: Nicht zum ersten Mal steht die Stiftung Warentest in der Kritik.

In der Ausgabe 4/2021 bewertet „Finanztest“, wie schon in den Vorjahren, Zahnzusatzversicherungen – Experten kritisieren schon seit Jahren, dass im Test nur Leistungen für Zahnersatz bewertet werden. Andere wichtige Leistungen wie Prophylaxe und Zahnbehandlung werden im Ranking nicht berücksichtigt. Wer als Verbraucher nach den Testnoten den günstigsten Beiträgen entscheidet, verzichtet oft auf wichtige Zusatzleistungen. Dass zum Beispiel die Kosten einer Wurzelbehandlung (bis circa 1.500 Euro) nicht abgesichert sind, merken Verbraucher oft erst dann, wenn eine Behandlung später notwendig wird.

Viele Tarife sind zu gut bewertet – woran liegt das?

Bereits die Tatsache, dass von 244 getesteten Tarifen 91 von Finanztest die Note „sehr gut“auf den Vergleich von Zahnzusatzversicherungen spezialisiert.  erhalten haben, lässt auf eher geringe Test-Anforderungen schließen. Geht es nach „Finanztest“, reicht es zum Beispiel aus, wenn ein Tarif alle fünf Jahre zwei Implantate und in den übrigen Jahren maximal ein Implantat erstattet.

Wer schon mal einen Blick in das Portal „2te-zahnarztmeinung.de“ geworfen hat, erkennt schnell, dass dies eine erhebliche Einschränkung darstellt – häufig werden in der Praxis mehr als ein oder zwei Implantate auf einmal notwendig. Die Kosten solch einer Behandlung liegen schnell im fünfstelligen Eurobereich. Aus unserer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Tarif mit einer derartigen Leistungseinschränkung dennoch als Testsieger ausgezeichnet werden kann.

Auch andere tarifliche Einschränkungen werden kaum negativ in die Bewertung einbezogen, zum Beispiel:

  • Sachkostenlisten für Material- und Laborkosten
  • Keramikverblendungen im Seitenzahnbereich
  • Abhängigkeit von der Vorleistung der gesetzlichen Krankenkasse
Stiftung Warentest wird wichtiger Aufgabe nicht gerecht

Dazu muss man wissen: Bei großen Versicherungskonzernen sind Profis am Werk. Die Anbieter haben verschiedenste Möglichkeiten, ihre Leistungen im Kleingedruckten einzuschränken. Eine Versicherung kann in der Werbung 100 Prozent Leistung versprechen und gleichzeitig diverse Einschränkungen in die Versicherungsbedingungen einbauen. Ein Laie hat kaum eine Chance die Tragweite solcher Klauseln zu erkennen. Doch genau solche Unterschiede sollte ein umfassender Test einer Verbraucherzeitschrift darstellen. Dieser wichtigen Aufgabe wird die Stiftung Warentest leider nicht gerecht.

Über die Gründe, warum negative Klauseln nicht zu deutlich schlechteren Testnoten führen, kann man nur spekulieren. Für ein Testsiegel mit „befriedigend“ oder „ausreichend“ möchte vermutlich kaum eine Versicherung 8.500 bis 33.000 Euro bezahlen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in einem Test kaum berücksichtigt werden kann, sind die Annahmekriterien der einzelnen Versicherungen. Je nach Zahnzustand können einzelne Angebote gar nicht verfügbar sein – oder aber nicht sinnvoll. Ein gutes Beispiel sind hier „fehlende Zähne“: Wer Zahnlücken hat, sollte genau darauf achten, wie der gewünschte Versicherer damit umgeht. Die meisten Versicherungen schließen dann Leistungen für die Versorgung mit Zahnersatz aus, andere bieten die Mitversicherung gegen Risikozuschlag an.

Generell sollte man trotz Testsiegel immer zwei Mal hinschauen, bevor man eine Versicherung abschließt. Ein Test von Stiftung Warentest kann eine individuelle Analyse der Wünsche und Bedürfnisse, sowie der persönlichen Ausgangssituation nicht ersetzen.

Über den Autor

Maximilian Waizmann ist seit 2003 in der Finanzdienstleistungsbranche tätig. Seit 2012 ist er Geschäftsführer der Versicherungsmakler Experten GmbH und des Portals www.zahnzusatzversicherung-experten.de, das auf den Vergleich von Zahnzusatzversicherungen spezialisiert ist.

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