Stephan Bruckner ist Director Sales Department Deutschland bei Liechtenstein Life. © Liechtenstein Life
  • Von Manila Klafack
  • 09.11.2021 um 10:27
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Ist Deutschland bereits soweit die Versicherungsberatung gegen Provision abzuschaffen, oder nicht? Und warum sollte der Blick dabei gar nicht auf das vielzitierte Beispiel Großbritannien ruhen? Darüber sprach Pfefferminzia mit Stephan Bruckner, Director Sales Department Deutschland bei Liechtenstein Life.

Pfefferminzia: Die Bundestagswahl liegt nun hinter uns, und es zeichnet sich eine Ampel-Koalition ab. Erwarten Sie, dass nun tatsächlich ein Provisionsdeckel oder gar ein -verbot in diesen Koalitionsvertrag aufgenommen wird?

Stephan Bruckner: Die möglichen Eckpunkte eines Koalitionsvertrages zwischen den drei Parteien sind längst nicht weit genug fortgeschritten, um hier konkret zu werden. An einer Spekulation möchten wir uns nicht beteiligen. Fakt bleibt jedoch – und das ist unabhängig von der aktuellen Regierungssituation – politisches Interesse ist es, die Transparenz in der Altersversorgung zu erhöhen. Dazu zählt nun einmal die Honorarberatung als Form des Beratungsprozesses.

Wie können sich Makler und Berater vorbereiten?

Selbst wenn es zu einschneidenden Maßnahmen kommen sollte, werden diese nicht ohne Übergangsregelung vonstatten gehen. Daher rate ich allen, sich mit der Honorarberatung und mit NettopolicenANZEIGE zu beschäftigen. Zudem sollten diese Formen möglichst heute schon in das Geschäftsmodell integriert werden. Dann gibt es keine bösen Überraschungen.

Wie verbreitet ist eine provisionsunabhängige Beratung derzeit in Deutschland?

Es gibt leider keine Statistik zur Honorarberatung und deren Verbreitungsgrad. Jeder Makler kann sie ja mit der Vermittlung von  NettoproduktenANZEIGEnutzen. Das macht es schwer, einen Trend messen zu können. Wir beobachten jedoch, dass immer mehr Makler sich als hybride Makler aufstellen. Sie schließen die Honorarberatung nicht mehr kategorisch aus. Der nächste Schritt führt dann dazu, die Honorarberatung als fixen Bestandteil in den Makleralltag zu übernehmen. Das ist jedoch ein Prozess seitens der Makler.

Ist Deutschland reif für eine flächendeckende Honorarberatung?

Kein Markt ist reif für eine regulatorische Veränderung. Es ist umgekehrt. Nach jeder regulatorischen Veränderung richtet sich der Markt ein. Immer gibt es die, die den Untergang einer ganzen Branche sehen und die Schwarzmaler. Aber ob sich ein regulatorischer Eingriff umsetzt, zeigt immer erst die Praxis danach. Ein Beispiel, das uns allen vor Augen ist, war die Umsetzung des Rauchverbotes in Restaurants und Kneipen. Die gesamte Branche hat keine Zukunft mehr gesehen und vor massiven Umsatzeinbrüchen und Jobverlusten gewarnt. Heute sagen viele, dass dies die beste Entscheidung überhaupt war. Nichts ist so schwierig, wie die Zukunft vorherzusagen. Wer sich heute bereits mit möglichen Veränderungen auseinandersetzt, kann jedoch nicht enttäuscht werden.

In Großbritannien gibt seit 2013 nur noch eine Honorarberatung. Was können wir in der Bundesrepublik daraus lernen?

Nicht viel. Erstens ist Großbritannien ein reiferer Markt als Deutschland. Auch ist die Kultur dieses Landes in Bezug auf Finanzen komplett anders als hierzulande. Wir sollten also aufhören, bestimmt Regularien eines Landes auf unser Land zu übertragen. Wichtig ist, dass man darüber nachdenkt, wie man die Altersversorgung interessenkonfliktreduziert gestalten kann –  gänzlich frei von Interessenkonflikten ist weder Honorar- noch Provisionsberatung. Dazu gehört auch, dass über den Berufsstand des Maklers stärker aufgeklärt werden sollte, etwa darüber, was genau einen Makler auszeichnen und von anderen Vermittlerformen unterscheidet.

Darüber hinaus wird immer wieder das Beispiel Großbritannien herangezogen mit dem Argument, dass Kunden von einer qualifizierten Beratung ausgeschlossen sind. Sie würden sich die Honorarberatung schlichtweg nicht leisten können. Dafür gibt es jedoch Lösungen. Über sogenannte Factoringgesellschaften können Kunden, denen eine einmalige Beratungsvergütung zu hoch ist, ähnlich wie bei der Provision, die Vergütung über mehrere Teilbeträge strecken und sich so auch die Honorarberatung leisten – wir nennen dies die Demokratisierung der Honorarberatung in alle Bevölkerungsschichten. Man sieht an diesem Beispiel, dass Märkte sehr unterschiedlich auf Probleme reagieren. Insgesamt gesehen plädiere ich daher für einen eigenen, sinnvollen und auf unsere Kultur angepassten Weg – und Honorarberatung gehört als hybrides Modell dazu.

Noch immer besteht bei vielen Maklern und Vermittlern eine gewisse Scheu vor diesem Thema.

Ich kann gut verstehen, dass die Honorarberatung zunächst eine gewisse Skepsis hervorruft. Wie immer, wenn etwas nicht so bekannt oder abweichend von den bisherigen Pfaden ist, ist es eine Herausforderung. Honorarberatung bedeutet nicht nur neue Produkte, nämlich Nettotarife, sondern auch eine Veränderung des Zahlverhaltens des Kunden durch eine direkte Vergütung. Darüber hinaus erfordert Honorarberatung ein neues Vertriebskonzept des Maklers sowie eine Veränderung der bisher gewohnter Verkaufsgespräche.

Mit welchen Strategien können sie sich dem nähern und ihre Kunden dafür gewinnen?

Mein persönlicher Hinweis an Makler, die sich mit dem Thema Honorarberatung auseinandersetzen: Gehen Sie alle Prozesse in Ihrem Unternehmen einmal gedanklich durch. Prüfen Sie, wo es Kontaktpunkte bei der Vergütungsform gibt und entwickeln Sie dann genau an diesen Touchpoints Ihr Geschäftsmodell für die Honorarberatung weiter. Hilfreich können da Maklerkollegen oder aufgeschlossene Versicherer sein, die bereits die Honorarberatung über viele Jahre kennen.

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Manila Klafack

Manila Klafack war bis März 2024 Redakteurin bei Pfefferminzia. Nach Studium und redaktioneller Ausbildung verantwortete sie zuvor in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

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