Thomas Hubl und Amir Shawky sind Maklerbetreuer und Regionalleiter bei Helvetia Leben Maklerservice GmbH. © Helvetia
  • Von Oliver Lepold
  • 09.06.2021 um 08:28
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Bei der Vermittlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann vieles schiefgehen. Thomas Hubl und Amir Shawky, beide Maklerbetreuer und Regionalleiter bei Helvetia Leben Maklerservice GmbH, erläutern, worauf Makler achten sollten und wie man Fehler im Nachhinein korrigieren kann.

Pfefferminzia: Welches sind Ihrer Ansicht nach die folgenschwersten Fehler, die Berater bei der Kundenberatung zu einer BU-Versicherung machen können?

Thomas Hubl: Fehler Nummer 1 ist es, den Absicherungs-Bedarf des Kunden zu vernachlässigen, insbesondere in Bezug auf Steuern, Sozialabgaben und die möglicherweise wegfallende Altersvorsorge. Oft wird der Bedarf zu niedrig angesetzt. Je nach Ausgestaltung kann dies zur Armutsfalle für Kunden werden. Der zweitgrößte Fehler ist eine zu kurze Laufzeit. Insbesondere bei jungen Menschen ist es wichtig, bis Endalter 67 abzuschließen. Und Fehler Nummer 3 besteht darin, die Gesundheitsangaben auf die leichte Schulter zu nehmen und nicht genau nachzufragen. Eine Leistungsverweigerung aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten ist unbedingt zu vermeiden.

Welche Fehler kommen in der Beratungspraxis am häufigsten vor?

Amir Shawky: Häufig wird die Berufstätigkeit zu ungenau ermittelt. Begriffe wie kaufmännischer Angestellter oder Geschäftsführer sind zu allgemein, um Risiken und BU-Beitrag korrekt zu ermitteln. Es ist ein Unterschied, ob der Kunde Geschäftsführer einer Sondermüllentsorgung oder eines kaufmännischen Unternehmens ist. Oftmals werden risikoreiche Hobbys vergessen, weil der Kunde zum Beispiel das Nachttauchen im Urlaub als ungefährlich einschätzt. Der Versicherer sieht das aber anders und müsste einen Blick auf die meist gut dokumentierten Tauchprotokolle werfen, um das Risiko konkret einzuschätzen. Weitere Fehler sind unzureichende Aufklärung über die Nachversicherungsgarantien oder der Verzicht auf eine Dynamik mit der Folge, dass die Inflation später die Rente auffrisst.

Was sind die typischen Gründe für solche Fehler?

Hubl: Das liegt meist an einer unzureichend strukturierten Beratung. Bisweilen verfügt der Makler auch nicht über die passenden Tools, um den Bedarf nach Steuern und Sozialabgaben zu ermitteln. Ein anderer wichtiger Grund ist Zeitmangel im Beratungsgespräch. Das passiert meist, wenn man mit dem Kunden nicht über dessen Vor- und Mitarbeit gesprochen hat. Liegt etwa eine längere Krankengeschichte vor, kann der Kunde die Gesundheitsakten vom Arzt oder zumindest einen Leistungsverlauf vom Krankenversicherer anfordern. Leider schwingt bei den Vermittlern häufig auch mit: Je größer der Bedarf, desto höher der BU-Beitrag, desto wahrscheinlicher lehnt der Kunde den Vertrag ab. Letztlich muss der Vermittler ein angemessenes Verhältnis zwischen Bedarf und finanziellen Aufwand für den Kunden finden. Wer das gut kommuniziert, vermeidet typische Fehler.

Wie lassen sich Fehler am besten im Nachhinein beheben – wenn der Neukunde etwa schon einen BU-Vertrag besitzt?

Shawky: Ist die versicherte Rente zu gering, kann man diese durch einen zusätzlichen Vertrag oder über die Ausübung der Nachversicherungsgarantien ergänzen. Eine fehlende Dynamik kann durch einmalige Erhöhung über die Nachversicherungsgarantien zumindest teilweise ausgeglichen werden, speziell wenn der Vertrag schon längere Zeit besteht. Man kann den Versicherer auch um Kulanz bitten oder eine neue Gesundheitserklärung vorschlagen. Kündigen und anderweitig neu abschließen ist das allerletzte Mittel.

Hubl: Der Vermittler sollte Änderungen, die ohne Gesundheitsprüfung möglich sind, konsequent umsetzen. Dann sollte er eruieren, was mit einer Gesundheitsprüfung angesichts des aktuellen Gesundheitszustands des Kunden innerhalb des Vertrags noch möglich ist. Die sinnvolle Reihenfolge ist: erst Check beim alten Anbieter, dann Voranfragen beim alten und bei neuen Anbietern. Vermittler müssen hier besonders akribisch arbeiten und dokumentieren.

Wann sind Berater von der Rechtsprechung zu Fehlern in der BU-Beratung betroffen?

Hubl: Falschangaben bei Gesundheitsfragen sind ein Dauerthema. Vermittlern wird gern die Schuld zugewiesen, weil sie nicht exakt genug nachgefragt oder Antworten des Kunden nicht notiert haben. Je nach Zeugenlage kommt es dann zu Gerichtsprozessen gegen Vermittler, insbesondere gegen Makler.

Shawky: Ein anderer Schwerpunkt in der Rechtsprechung ist das Thema Umdeckung, das heißt ein alter Vertrag wird gekündigt, um einen neuen abzuschließen. Streitpunkt ist dann, dass der alte Vertrag für einen Versicherungsfall noch geleistet hätte, der neue dies aber nicht mehr tut. Dann soll der Vermittler die Verantwortung tragen. Solche Fälle kommen in der Praxis häufig vor.

Was ist Ihr Rat an Berater für einen wasserdichten Beratungsprozess in der Biometrie?

Shawky:  Zunächst ist es wichtig, überhaupt einen Beratungsprozess zu haben, genügend Zeit einzuplanen und die Beratung ordentlich zu dokumentieren. Dann sollte der Kunde aktiv in die Entscheidung eingebunden werden, welchen Bedarf er absichern lassen möchte. Auch bei Gesundheitsangaben muss der Kunde involviert sein. Der Berater muss genau hinschauen, hinhören und hinterfragen. Helvetia hat hier noch einen weiteren Rat: Im letzten Quartal 2021 startet unsere neue Biometrie-Akademie mit Schulungen zu all den hier besprochenen Fragen. Wer sich für unseren Newsletter anmeldet, erhält rechtzeitig alle Informationen zu den Bildungsangeboten.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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