Martin Rohm, Kapitalanlagevorstand bei der Alte Leipziger-Hallesche © ALH Gruppe
  • Von Andreas Harms
  • 26.03.2024 um 13:55
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Wer mit weiter steigenden Anleiherenditen und damit weiter wachsenden stillen Lasten bei Lebensversicherern gerechnet hat, liegt wahrscheinlich falsch. Denn so wie sich der Markt stabilisierte und sogar wieder stieg, so nahmen die Lasten automatisch ab. Die Alte Leipziger-Hallesche hat nun bekanntgegeben, wie sich das bei ihr auswirkte.

Die Alte Leipziger-Hallesche (ALH) hat einen ersten Eindruck vermittelt, wie es um die stillen Lasten in der Versicherungsbranche bestellt ist: deutlich besser als noch Ende 2022. Die Lage hat sich offenbar sichtlich entspannt. So verkündete im Jahrespressegespräch der Kapitalanlagen-Vorstand Martin Rohm, dass die stillen Lasten bei der Alten Leipziger Leben von 4,4 auf 3,6 Milliarden Euro gesunken sind. Macht einen Rückgang von fast 800 Millionen Euro.

Hintergrund: Stille Lasten entstehen, wenn von Lebensversicherern gekaufte Anlagen (meistens Wertpapiere) am Markt weniger wert sind als der in der Bilanz weiterhin angesetzte Kaufpreis. Die Zinswende 2022 hatte die Kurse von Anleihen stark sinken lassen und so aus stillen Reserven stille Lasten gemacht. Das wird erst dann ein Problem, wenn der Versicherer die Papiere in größeren Mengen verkaufen muss, zum Beispiel weil Kunden besonders viele Verträge stornieren und sich auszahlen lassen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Entgegen einiger Unkenrufe haben sich diese Lasten jedoch 2023 offenbar nicht weiter erhöht. Stattdessen hat sich die Lage am Anleihemarkt stabilisiert, und die Kurse sind wieder ein Stück weit gestiegen. „Der Zinsgipfel – wir hatten ihn im Herbst 2023 – scheint überschritten zu sein“, so Rohm. Damit ist sein Haus kein Einzelfall, sondern der Rückgang der stillen Lasten dürfte branchenweit geschehen.

Auf Nachfrage bestätigt Rohm, dass von den 800 Millionen Euro der größte Teil auf eben diese Marktbewegung zurückzuführen ist. Lediglich 30 Millionen Euro an stillen Lasten habe man abgebaut, indem man die Papiere verkaufte. Erst bitter, dann süß: Man realisiert damit den bis dahin nur buchtechnischen Verlust, was dann auf den Überschuss drückt, sichert sich aber höhere Renditen. „Wir hatten ein gutes Ergebnis und konnten uns das deshalb leisten“, sagt Rohm dazu.

Hilfe gab es von der durch die Zinswende überflüssig werdenden Zinszusatzreserve (ZZR). Die hatten ja Versicherer über einige Jahre aufgebaut, um alte Verträge mit höheren Garantiezinsen auch im Niedrigzinsumfeld noch bedienen zu können. 2,8 Milliarden Euro hat die ALH dort drin liegen. Und 90 Millionen Euro hat sie 2023 daraus abgezapft. 40 Millionen Euro nutzte sie für den Ausgleich stiller Lasten und der Rest floss in den Rohüberschuss. 2024 und 2025 werden diese Zahlen noch nicht wirklich steigen, was an den langen gleitenden Durchschnittszinsen liegt, die in die Rechnungen fließen. Somit könne man erst ab 2026 mit höheren Geldströmen aus der ZZR rechnen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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