Steffen Liebig ist Experte für Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) bei Standard Life. © Standard Life
  • Von Redaktion
  • 15.10.2020 um 10:43
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Viele Pensionszusagen wurden in der Vergangenheit über klassische Lebens- oder Rentenversicherungen finanziert und sind wegen des Niedrigzinses nun nicht ausreichend gedeckt. Welche Lösungen es hier für Arbeitgeber gibt, und warum dieser Durchführungsweg trotzdem Zukunft hat, erklärt Steffen Liebig, verantwortlich für den Bereich strategische Geschäftsbeziehungen bei Standard Life.

Dieses Interview wurde uns freundlicherweise von Standard Life zur Verfügung gestellt.

Standard Life bietet seit 2015 keine Garantieprodukte im Neugeschäft mehr an und damit auch keine bAV-Produkte. Dennoch haben Sie nach wie vor viele bAV-Verträge im Bestand. Wie geht das zusammen?

Steffen Liebig:  Wir haben uns lediglich aus den Produktgruppen, für die eine Garantie notwendig ist, zurückgezogen. Im Bereich der Rückdeckung und Auslagerung von Pensionsverpflichtungen waren wir unabhängig davon weiter sehr aktiv. Daher haben wir natürlich weiterhin bAV-Expertinnen und Experten an Bord. Es war damals auch kein Rückzug aus der bAV, wir hatten bei allen steuerlichen Vorteilen einer bAV auf die erforderliche Rendite der Produkte gesetzt. Garantieprodukte, die in den vergangenen Jahren abgeschlossen wurden, zeigen, dass die Performance im aktuellen Umfeld nicht ausreicht, um die notwendigen Erträge für die Kundinnen und Kunden zu liefern. Auch die bAV wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben den steuerlichen und arbeitsrechtlichen Punkten am Ergebnis in Euro gemessen. Garantieprodukte sind meiner Meinung nach hier klar im Nachteil.

In der bAV gibt es unter anderem einen Durchführungsweg, der nicht über ein Garantieprodukt umgesetzt werden muss: die Pensionszusage. Sie ist in der Finanzierung flexibel. Welche Produktlösung würde sich Ihrer Ansicht nach dafür eignen?

Steffen Liebig:  Zur Rückdeckung eignen sich Fondspolicen ohne Garantiebaustein. Wie bei jeder Form der Altersvorsorge kommt es auch hier darauf an, den erforderlichen Geldbedarf zu erwirtschaften. Nur durch ausreichende Rückdeckung kann eine Finanzierung der eigentlichen Alterspensionsleistung sichergestellt werden. Hier hat die fondsgebundene Versicherung die Nase vorn. Zusätzlich lässt sich die Fondspolice mit einer Berufsunfähigkeits- und/oder Hinterbliebenenvorsorge erweitern. Ein weiterer Vorteil liegt in der einfachen Handhabung. Gerade gegenüber einer Direktanlage in Fonds.

Angenommen, ein Unternehmen hat eine oder mehrere unterfinanzierte Pensionszusagen in der Bilanz stehen. Kann auch dann eine Fondspolice das Problem lösen helfen?

Steffen Liebig:  Durchaus. Das Problem rührt in vielen Fällen daher, dass zur Finanzierung in der Vergangenheit meistens klassische Lebens- oder Rentenversicherungsprodukte genutzt wurden. Um den Beitrag niedrig zu halten, wurden hohe Überschusserwartungen mit einkalkuliert. Sieht man sich die Entwicklung der laufenden Verzinsung von Lebensversicherungen in den vergangenen 19 Jahren an, wird klar, warum die meisten Zusagen unterfinanziert sind. Hier kann eine Fondpolice mit einer offensiveren Geldanlage die fehlenden Erträge des klassischen Produkts kompensieren.

Wir erleben in der Praxis einen Trend zu Einmalzahlungen in fondsgebundene Produkte, um bei ausreichender Restlaufzeit die fehlenden Erträge auszugleichen. In Einzelfällen kann es durchaus sinnvoll sein, das Guthaben bestehender Rückdeckungskonzepte in eine Fondspolice zu übertragen und mit zusätzlichen Mitteln aufzustocken.

Die Vertragskonstellation wäre dann folgende: Der Arbeitgeber ist Versicherungsnehmer, Bezugsberechtigter und Beitragszahler, der Arbeitnehmer ist versicherte Person. Der Vorteil: Die Aufwendungen sind steuermindernd als Betriebsausgaben absetzbar und es sind hohe und flexible Beiträge möglich. Eine flexible und individuelle finanzielle Absicherung im Ruhestand fast ohne steuerliche Höchstgrenzen. Hier empfehle ich aber immer die Einbindung von Expertinnen und Experten.

Die Pensionszusage hat allerdings nicht das beste Image. Zu Recht?

Steffen Liebig:  Eigentlich hat die Pensionszusage dieses Image völlig zu Unrecht. Die Ursachen für den schlechten Ruf liegen nicht in der Pensionszusage an sich begründet, sondern in der Art und Weise, wie Pensionszusagen vereinbart und finanziert wurden. Außerdem fanden in der Vergangenheit regelmäßige Überprüfungen auf Anpassungsbedarf aufgrund geänderter gesetzlicher Vorgaben und/oder aktueller Rechtsprechung so gut wie nie statt.

Wenn man aber bei der Ausgestaltung und vor allem bei der Finanzierung richtig aufgestellt ist, ist die Pensionszusage nach wie vor ein hervorragendes Instrument zur Altersvorsorge. Aber die Pensionszusage ist ein komplexer Durchführungsweg – das wurde in der Vergangenheit oft unterschätzt. Deswegen halte ich es für sinnvoll, dass eine Produktberatung von einer unabhängigen juristischen Beratung flankiert wird.

In einem jüngst von uns veröffentlichen Interview haben zwei bAV-Experten der Pensionszusage eine Renaissance vorausgesagt. Sehen Sie das genauso?

Steffen Liebig:  Diese Ansicht teile ich. Da die Pensionszusage neben dem Pensionsfonds und dem Sozialpartner-Modell ohne Garantie auskommt und damit attraktive Renditechancen in der zugrundeliegenden Geldanlage ermöglicht. An garantiefreien Anlagen wird beim Aufbau einer Altersvorsorge im aktuellen Zinsumfeld kein Weg vorbeiführen. Wir sehen einen klaren Trend zu fondsgebundenen Produkten ohne Garantie. Ist die Pensionszusage richtig umgesetzt, ist sie ein wunderbares Instrument zur Alterssicherung wie auch zur Steuerreduzierung und Mitarbeiterbindung.

 

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