bAV-Expertin Cordula Vis-Paulus. © privat
  • Von Redaktion
  • 05.12.2022 um 09:17
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Seit 2002 gibt es den Anspruch von Mitarbeitenden auf eine Entgeltumwandlung. Nur: Viele Menschen nutzen diesen nicht – und lassen damit ordentlich Kohle liegen, schimpft bAV-Expertin Cordula Vis-Paulus. Und auch die Arbeitgeber kommt das teuer zu stehen, wie sie in ihrem Gastbeitrag verdeutlicht.

Seit 2002 lassen die deutschen Angestellten sich Jahr für Jahr rund 30 Milliarden Euro durch die Finger rieseln. Wir rechnen einmal kurz nach: 33,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben wir in Deutschland. Das Durchschnittseinkommen liegt laut Google bei 49.200 Euro brutto. Rund 47 Prozent davon, also 15,9 Millionen Beschäftigte nutzen die Entgeltumwandlung für ihre Altersvorsorge NICHT!

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Würden diese 15.887.021 Menschen ihren Rechtsanspruch auf Gehaltsumwandlung nutzen würde der Staat 14 Milliarden Euro weniger Steuern einnehmen, die Sozialkassen hätten knapp 9,5 Milliarden Euro weniger in der Kasse und Arbeitgeber würden ihren Mitarbeitenden jedes Jahr 7 Milliarden Euro für die Altersvorsorge weiterreichen (Pflichtzuschuss).

Seit dem Rechtsanspruch auf betriebliche Altersversorgung 2002 durch Gehaltsumwandlung wurden bis heute also 600 Milliarden Euro liegengelassen.

Was hätte daraus nicht alles werden können?

Ich frage mich ja, ob der Finanzminister die jährlichen 14 Milliarden Euro, die er eigentlich unerwartet mehr einnimmt, für anderweitige Zwecke einsetzt. Kommen dort die 10 Milliarden Euro für die Aktienrente her? Und wenn ja, wo wurden und werden die insgesamt 280 Milliarden Steuerersparnis der vergangenen 20 Jahre (entstanden aus ungenutzter steuerfreier Gehaltsumwandlung) verballert?

Ein wenig feile ich noch am Wording, finde aber schon jetzt unbedingt, dass Arbeitgeber auf jeden Fall wissen sollten, wie leichtsinnig ihre Mitarbeitenden sind. Pro Jahr lässt sich im Schnitt der Mitarbeitende 1.932 Euro entgehen. Die muss er ja übers Gehalt anderweitig refinanzieren. Wahrscheinlich über die Gehaltserhöhung.

Teure Gehaltserhöhung

Die kostet den Chef aber keine 1.932 Euro, sondern über 4.000 Euro: 1.932 Euro netto entsprechen 3.220 Euro brutto zuzüglich 25 Prozent Sozialabgaben macht 4.025 Euro für den Chef.

Werfen Unternehmen also leichtfertig jedem Mitarbeitenden, der die steuer- und sozialversicherungsfreie bAV nicht nutzt, 4.000 Euro hinterher? Ich werde von meinen Akquise-Erlebnissen berichten! Denn ich plane, dieses Wissen unerschrocken weiterzugeben!

Das ist mein geheimer Plan:
  1. Recherche beim Zielkunden: Anzahl der Mitarbeitenden und prozentuale bAV-Durchdringung
  2. Die Anzahl der so ermittelten bAV-Nichtnutzer x 4.000 Euro
  3. Anruf bei der Geschäftsleitung: „Wir haben für Ihr Unternehmen ein sofortiges Einsparpotential von XY Euro ermittelt.“
  4. Oder: „Wir haben herausgefunden, dass in Ihrem Unternehmen jährlich 80.000 Euro Lohn zu viel gezahlt werden (bei 20 bAV-Nichtnutzern).
  5. Oder: „Angestellte lassen über 30 Milliarden Euro pro Jahr verfallen. Was glauben Sie, wie das in Ihrem Unternehmen ist? Wir haben ermittelt, welche Mitarbeitenden das sind.“

Womit wir wieder am Anfang sind. 30 Milliarden Euro … Unvorstellbar, oder?

Über die Autorin

Cordula Vis-Paulus ist gelernte Bankkauffrau, passionierte Geigerin, Expertin für private und betriebliche Altersversorgung, registrierte Finanzanlagenvermittlerin. Die Presse sieht in ihr die „bAV-Flüsterin“. Die Deutsche Wirtschaft (DDW) verlieh ihr 2019 den Wirtschaftspreis des Mittelstandes als „Innovator des Jahres 2019“ und ermittelte Cordula Vis-Paulus als Gewinnerin des „Social-Media-Awards“.

kommentare
stefan hansen
Vor 1 Jahr

“Mitarbeitende”? Das heißt Mitarbeiter. Verschont uns mit diesem nervigen Genderstuss. Danke.

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stefan hansen
Vor 1 Jahr

“Mitarbeitende”? Das heißt Mitarbeiter. Verschont uns mit diesem nervigen Genderstuss. Danke.

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