Die bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen und stattdessen einen neuen BU-Vertrag abschließen? Ein solcher Wechsel kommt in der großen Mehrzahl der Fälle nicht infrage. © Geschäft Foto erstellt von kues1 - de.freepik.com
  • Von Oliver Lepold
  • 16.06.2021 um 15:44
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Ähnlich wie der Kauf einer Immobilie gilt die Wahl einer Arbeitskraftabsicherung eigentlich als einmalig und dauerhaft. Mitunter kann es jedoch sinnvoll sein, den Anbieter später zu wechseln.

Die bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen und stattdessen einen neuen BU-Vertrag abschließen? Ein solcher Wechsel kommt in der großen Mehrzahl der Fälle nicht infrage, weil sich der Gesundheitszustand des älter gewordenen Kunden seit dem Erstabschluss meist verschlechtert hat. Da bei einem Neuabschluss stets eine neue Gesundheitsprüfung ansteht, drohen daher nicht nur höhere Beiträge, sondern auch Leistungsausschlüsse oder eine Ablehnung des neuen Anbieters.

Doch einmal abgesichert gehört die BU wie alle Versicherungen regelmäßig auf den Prüfstand. Es gibt durchaus Fälle, insbesondere in den ersten Jahren der Laufzeit, in denen ein Wechsel dem Kunden zugutekommt und er eine günstigere oder höherwertigere Absicherung erhalten kann. Prinzipiell lohnt sich ein Wechsel der BU dann, wenn entweder zu gleichen Bedingungen ein günstigerer Beitrag bezahlt werden kann oder wenn der aktuelle Vertrag sehr nachteilige Versicherungsbedingungen enthält.

Sollte einer oder gar mehrere der folgenden Faktoren vorliegen, lohnt es sich daher, dass Berater einen Wechsel für ihre Kunden prüfen.

 Faktoren, die einen Wechsel begünstigen können
  • Zu geringe Rente: In der Vergangenheit wurde die Versicherungssumme oftmals zu niedrig gewählt und/oder keine Dynamik im BU-Vertrag vereinbart. Etwa drei Viertel des aktuellen Nettoeinkommens sollten im Optimalfall abgesichert sein.
  • Zu kurze Laufzeit: BU-Verträge, die mit dem Erreichen des 60. Lebensjahr ablaufen sind keine Seltenheit. Doch die Wahrscheinlichkeit, berufsunfähig zu werden, steigt mit den Arbeitsjahren immer weiter an. Wenn Kunden die Lücke bis zum Ruhestand nicht aus eigenen Mitteln überbrücken können, droht der Absturz in die Altersarmut.
  • Zu schlechte Bedingungen: Ältere Verträge weisen oft noch Bedingungen auf, die nicht annähernd dem weit entwickelten heutigen Leistungsstandard in der BU entsprechen. Ein Neuabschluss beseitigt etwa eine abstrakte Verweisung, unnötige Leistungsausschlüsse oder eine Umorganisationsklausel für leitende Angestellte.
  • Neue Optionen und Tarife: Vor zehn Jahren waren viele in heutigen Tarifen verfügbare Optionen noch nicht üblich. So können für den Kunden eine Leistung bei Arbeitsunfähigkeit, eine garantierte Rentensteigerung im Leistungsfall oder auch neue Tarifierungsansätze, zum Beispiel mit einer fondsgebundenen Beitragskalkulation, interessant sein.
  • Berufswechsel: Kunden, die in einen risikoärmeren Beruf wechseln, können mitunter wesentlich günstiger versichert werden – zum Beispiel, wenn ein Dachdecker in eine kaufmännische Bürotätigkeit wechselt. Aber auch genauere Einstufung mit mehr Berufsgruppen bietet Chancen, insbesondere für Akademiker und Büroberufe.
  • Wegfall sonstiger Risiken: Auch bei Verbesserungen im Gesundheitszustand oder bei Wegfall gefährlicher Hobbys können alte Ausschlussklauseln oder Risikozuschläge obsolet geworden sein. Wer etwa mittlerweile das Fallschirmspringen aufgegeben hat oder wessen Vorerkrankung deutlich länger zurückliegt als bei einem Neuantrag angegeben werden müsste, hat gute Karten.
Zuerst den Altversicherer anfragen

Bei all diesen Faktoren gilt: Bevor der Makler alternative BU-Angebote per Voranfrage einholt, sollte er zunächst die Möglichkeit einer Besserstellung beim bisherigen Versicherer ausloten. Das konsequente Ausnutzen bestehender Nachversicherungsgarantien etwa kann die Sachlage bei der Rentenhöhe verbessern. Mitunter zeigen Versicherer auch Kulanz und erlauben eine Bessereinstufung ohne neue Gesundheitsprüfung. In manchen Fällen ist auch eine Neueinstufung mit Gesundheitsprüfung beim Altversicherer eine Option.

Besondere Sorgfalt beim Wechsel

Ergibt sich aus der Summe der Vorteile der Bedingungen, des Beitrags und des Gesundheitszustands die kritische Entscheidungsmasse für einen Wechsel, sind die Unterlagen und Gesundheitsangaben besonders sorgfältig aufzubereiten. Birgt doch der Wechsel für die nächsten zehn Jahre das Risiko einer Anfechtung wegen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflichten.

Falls dennoch aber die Entscheidung für einen Wechsel gefallen ist, ist in jedem Fall auf das richtige Timing zu achten, damit keine Versicherungslücke entsteht. Die alte BU sollte erst dann gekündigt werden, wenn eine Zusage für den neuen Vertrag vorliegt. In der Regel gilt eine einmonatige Kündigungsfrist oder bei jährlichem Beitragseinzug bis zum Ende des Beitragsjahres.

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Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

kommentare
marco@buxperts.de
Vor 3 Jahren

Ein Wechsel kann in bestimmten Fällen – wie beschrieben – durchaus Sinn ergeben. Lediglich eine zu gering vereinbarte BU-Rente, zählt allerdings nicht dazu. Es spricht ja nichts dagegen, einen weiteren Vertrag beim gleichen oder einem anderen Anbieter abzuschließen.

Der Tipp, zuerst den Altversicherer zu fragen ist super – ergänzend hierzu könnte man noch §41 VVG erwähnen, damit besteht ein Recht auf Überprüfung eines Risikozuschlags 🙂

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marco@buxperts.de
Vor 3 Jahren

Ein Wechsel kann in bestimmten Fällen – wie beschrieben – durchaus Sinn ergeben. Lediglich eine zu gering vereinbarte BU-Rente, zählt allerdings nicht dazu. Es spricht ja nichts dagegen, einen weiteren Vertrag beim gleichen oder einem anderen Anbieter abzuschließen.

Der Tipp, zuerst den Altversicherer zu fragen ist super – ergänzend hierzu könnte man noch §41 VVG erwähnen, damit besteht ein Recht auf Überprüfung eines Risikozuschlags 🙂

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