Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Björn Thorben M. Jöhnke
  • 13.06.2019 um 08:37
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lesedauer Lesedauer: ca. 03:50 Min

Ist es einem Versicherer zuzumuten, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen, den er für abgeschlossen hielt? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof im April befasst. Wie es um die Verjährung von Ansprüchen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bestellt ist, erläutert Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am 3. April 2019 wieder mit der Frage der Verjährung des Gesamtanspruchs eines Versicherten mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) als sogenanntes Stammrecht befasst (Az: IV ZR 90/18).

Was war geschehen?

Die Versicherungsnehmerin unterhält eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ). Aufgrund eines Skiunfalls wird sie bedingungsgemäß berufsunfähig. Sie stellt einen Leistungsantrag, den ihr Versicherer jedoch ablehnt. Die Versicherungsnehmerin nimmt daraufhin den Versicherer auf Befreiung von der Beitragszahlungspflicht in Anspruch. Der Versicherer erhebt die Einrede der Verjährung.

Durfte der Versicherer so handeln?

Nach Paragraf 12 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der alten Fassung verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren, bei einer Lebensversicherung in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt dabei mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs ist der Versicherer berechtigt, Leistungen zu verweigern.

In Absatz 3 steht, dass der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. 

Das Versicherungsvertragsgesetz gilt seit dem 1. Januar 2008 in einer neuen Fassung.

Die Entscheidung des BGH

Schon vor diesem Urteil ging der BGH davon aus, dass der Gesamtanspruch – das sogenannte Stammrecht – des Versicherungsnehmers aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung besteht(Aktenzeichen II ZR 108/54).Ein solcher Anspruch beruht auf dem Leistungsversprechen des Versicherers. Dieses Stammrecht unterliegt nach bisheriger Rechtsprechung des BGH der Verjährung gemäß Paragraf 12 Abs. 1 VVG a. F.

Aus dem vorliegenden Urteil wird ersichtlich, dass der BGH an seiner Rechtsprechung – auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 – festhält. Das Stammrecht des Versicherungsnehmers einer Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall unterliegt demnach auch weiterhin der Verjährung. Dies betrifft sowohl den Anspruch auf Rentenzahlungen als auch – wie hier – den Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragszahlung.

Aus der Streichung des Paragrafen 12 Abs. 1 VVG a. F. ergeben sich laut BGH keinerlei Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber sich mit der Reform gegen eine Stammrechtsverjährung entschieden hat.

Verjährung des Stammrechts interessengerecht und zumutbar

Der BGH führt aus, dass eine Verjährung des Gesamtanspruchs interessengerecht sei. Es würde den Versicherer unbillig belasten, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen, den er für abgeschlossen hielt. Ein solcher ist angesichts des Zeitablaufs nur noch schwierig aufklärbar. Es entspreche dem Zweck des Verjährungsrechts ihn davor zu schützen. Ein Schuldner soll gerade davor geschützt werden, noch nach Jahren mit nicht mehr erwarteten Ansprüchen überzogen zu werden.

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Björn Thorben M.

Björn Thorben M. Jöhnke

Björn Thorben M. Jöhnke ist Gründer und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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