Heiko Reddmann. ©
  • Von Redaktion
  • 24.09.2014 um 15:43
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Wie wird sich die Senkung des Höchstzillmersatzes durch das neue LVRG auf den Vertrieb auswirken? Heiko Reddmann, Geschäftsführer der HonorarKonzept, sagt: Drastisch! Die aktuelle Vergütungsstruktur sei am Ende.

Pfefferminzia: Welche Folgen wird die Senkung des Höchstzillmersatzes auf 25 Promille Ihrer Ansicht nach für den Vertrieb haben?

Heiko Reddmann: Wenn die Absenkung auf 25 Promille von allen Versicherern so umgesetzt wird, dann werden Makler drastische Gewinneinbußen erleiden. Sie werden massiv zusätzliche Abschlüsse machen oder Kosten einsparen müssen. Klar ist, dass die Vergütungsstruktur in der jetzigen Form nicht mehr Bestand hat. Wir wissen noch nicht, welche Dynamik folgt: ob es nun zu Kürzungen der Abschlussprovision, längeren Stornohaftungszeiten oder zur Neuausrichtung der Bestandsvergütung bei den einzelnen Gesellschaften kommt. Für uns als HonorarKonzept ist es überdeutlich, dass der Provisionsbetrieb keine Zukunft mehr hat. Nachhaltiges Wirtschaften wird in zunehmendem Maße nur durch die Unabhängigkeit von den etablierten Vergütungsmodellen zu erreichen sein.

Lohnt es sich für Makler dann überhaupt noch, Versicherungen zu verkaufen?

Wenn der durchschnittliche Zillmersatz von den Versicherern auf 25 Promille gesenkt wird und diese Absenkung voll über eine Reduzierung der Abschlussprovisionen an die Makler durchgereicht wird, werden nach unseren Berechnungen Makler bis zu 35 Prozent Gewinneinbußen erleiden. Der Verkauf von Lebensversicherungen kann sich auch in Zukunft immer noch lohnen. Dafür braucht es aber ein Umdenken. Die Versicherung muss als Lösung für ein bestimmtes Bedürfnis verstanden werden. Das heißt: Erst kommt die kundenzentrierte Beratung und dann die Vermittlung eines von Vergütungsmodellen befreiten Produkts. Das gibt Unabhängigkeit und schafft Vertrauen. Die Honorarberatung kann dabei eine nachhaltige Einkommenssituation sicherstellen.

Werden Vermittler nun weit mehr Termine mit Kunden machen müssen, um ihren jetzigen Stand wieder zu erreichen?

Die „Schlagzahl“ muss erhöht werden, um das Defizit der Vergütungseinbußen zu kompensieren. In der Honorarberatung bewerten wir allerdings Dienstleistungen eines Marktteilnehmers von vornherein anders. Hier kann in der Kundenbeziehung von Beginn an sichergestellt werden, dass Beratung und somit Aufwand immer entlohnt wird. Die Dienstleistung eines Maklers ist etwas wert. Und somit ist der „bloße“ Abschluss für das Einkommen nicht mehr alleinig entscheidend.

Entspricht diese Änderung Ihrer Ansicht nach einer Deckelung der Provisionen?

Nein, die Senkung des Höchstzillmersatzes ist keine Provisionsdeckelung. Ansonsten hätte man klar und unmissverständlich die Provisionsdeckelung auch eingeführt und nicht offen gelassen, wie hoch die Provisionen de facto liegen können, unabhängig davon, zu welchem Anteil sie bilanziell geltend gemacht werden. Für mich steht aber fest: Provisionen werden sinken, manche schneller als andere. Alles was ab dem kommenden Jahr umgesetzt wird, führt dazu, dass sich die Einkommenssituation des Maklers nachhaltig verändert. Und zwar nicht zu seinem Vorteil.

Wenn es den Versicherern überlassen bleibt, ob sie „hinter den Kulissen“ trotzdem höhere Provisionen zahlen, ist dann nicht neuer Intransparenz Tür und Tor geöffnet?

Das ist bereits heute im Provisionssystem der Fall und wird bis zu einem Provisionsverbot auch so bleiben. Sicherlich wird es gerade zu Beginn des kommenden Jahres einen „Wildwuchs“, also sehr unterschiedliche Handhabungen, geben. Das wird zu weiteren Verunsicherungen führen. Der Vermittler muss dann die Entscheidung treffen, ob er in Abhängigkeit oder frei seine Produktempfehlung ausspricht. Es ist sicher davon auszugehen, dass Versicherer in immer kürzeren Zeitabschnitten nachjustieren werden. Planbarkeit und Sicherheit werden für abhängige Vermittler dadurch immer fraglicher.

Werden es sich die meisten Versicherer überhaupt leisten können, ihren Vertragspartnern dauerhaft mehr als die 25 Promille zu bezahlen?

Das hängt von der Ausstattung der einzelnen Versicherer ab. Aber auch von deren grundsätzlicher strategischer Einstellung und Philosophie. Von dem Begriff „dauerhaft“ würde ich mich auf jeden Fall distanzieren wollen. Es ist sicherlich nicht von der Politik und den Regulierungsbehörden gewollt, weiterhin wie gewohnt zu handeln. Die Versicherer sind eben auch mit gefordert, den neuen Gegebenheiten mit der notwendigen Nachhaltigkeit zu begegnen.

Inwiefern sind Versicherer jetzt besonders gefragt, den Vermittlern unterstützend unter die Arme zu greifen?

Eines der wichtigsten Elemente ist und bleibt die Transparenz. Als Serviceplattform für Makler klären wir den Vermittler darüber auf, wie er über alternative Geschäftsmodelle, in dem Fall die Honorarberatung, seine Zukunftsfähigkeit planen und gestalten kann. Und das nicht als brachialer Umbruch, sondern Schritt für Schritt. Ziel ist, dass der Makler von den Vergütungsmodellen der Versicherer unabhängig wird und er dadurch eine objektivere Produktauswahl treffen kann. So entsteht die für ihn und seine Kunden notwendige Transparenz. Uns geht es darum, sein erweitertes oder neues Geschäftsmodell zu stärken und ihn dabei auch weiterzubilden. Ob das ein Versicherer leisten kann und will, kann ich nicht beurteilen. Neutralität beziehungsweise Objektivität schadet aber sicherlich nicht.

Der Beruf des Maklers wird tendenziell noch einmal unattraktiver. Steuern wir auf ein derbes Nachwuchsproblem in der Branche zu?

Wenn wir uns den Ruf unseres Berufsstandes anschauen, dann weiß ich nicht, ob es noch viel schlechter geht. Hier ist es schon lange an der Zeit, dass alle Branchenteilnehmer endlich verstehen, dass es an uns allen liegt, daran etwas zu ändern. Und das geht nur, indem man nachhaltig, konsequent und mit langem Atem die Werte hält, die man verspricht und die auch vom Kunden als selbstverständlich erwartet werden. Wenn es uns nicht gelingt, das Vertrauen der Kunden wiederherzustellen, dann wird es schwer, junge Menschen für einen Beruf zu begeistern, der auf den Ranglisten teilweise den letzten Platz in der gesellschaftlichen Anerkennung einnimmt. Die Nachwuchsfrage ist längst schon real. Heute lässt sich die Situation vielleicht noch recht gut handhaben, aber die Vermittleranzahl wird sich aufgrund der regulatorischen Gegebenheiten noch weiter verringern. Für die Zukunft wird dies sicherlich problematisch.

Kann das Internet hier gegebenenfalls den Beratungsbedarf kompensieren?

Das Internet kann bei bestimmten Themen und Inhalten helfen, den Kunden zu informieren. Eine fundierte Beratung wird es allerdings nicht ersetzen können. Aufklärung und Beratung wird daher mehrgleisig fahren. Sowohl der Präsenzvertrieb als auch das Internet werden hierzu beisteuern. Wo letztendlich dann der Abschluss getätigt wird, bleibt abzuwarten. Deshalb ist aus unserer Sicht eine Emanzipation von Vergütungsabhängigkeiten beim Abschluss auch so wichtig. Die Beratungsleistung, gerade für ganzheitliche und komplexere Themen, ist etwas wert und muss als solche honoriert werden.

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