Von links: Michael Kurtenbach und Oliver Brüß, Vorstände der Gothaer Versicherung © Gothaer
  • Von Lorenz Klein
  • 19.05.2017 um 15:48
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Niedrigzins, Regulatorik, Provisionen – das sind nur drei Themen, mit den die Gothaer-Vorstände Michael Kurtenbach und Oliver Brüß täglich jonglieren müssen. Mit ihnen sprach Pfefferminzia am Rande der Gothaer-Vertriebsveranstaltung „Go Power“ in Hamburg über die Rolle des Maklervertriebs, den überraschenden Erfolg im BU-Kollektivgeschäft, die Folgen eines möglichen Provisionsverbots in Deutschland und die Reformbaustelle betriebliche Altersversorgung.

Kommen wir einmal auf die Produkte zu sprechen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) mit Fondsmotor, wie sie die Gothaer anbietet, ist für so manchen Makler gewöhnungsbedürftig – an welchen Punkten müssen Sie noch Überzeugungsarbeit leisten?

Kurtenbach: Das ist eine Grundsatzfrage: Es gibt viele Vermittler, die der Ansicht sind, dass Fondsansätze nicht in die Biometrie hineingehören – weder in die BU noch in die Pflege. Das kann man so sehen. Es gibt aber auch Makler, die die Chancen des fondsgebundenen Ansatzes sehen und diesen auch nutzen wollen. Das sollte aber natürlich nicht dazu führen, dass über eine völlig übertrieben dargestellte Fondsperformance der Beitrag nach unten gezogen wird – das wäre eine Mogelpackung.

In der BU engagiert sich die Gothaer auch im Kollektivgeschäft. Wie beurteilen Sie hier die aktuelle Lage?

Kurtenbach: Das Kollektivgeschäft in der BU spielt bei uns eine große Rolle. Wir waren selber überrascht, welch schnelle und auch hohe Bedeutung dieses Segment bei uns erreicht hat – das ist ähnlich wie in der betrieblichen Krankenversicherung. Der große Vorteil des Geschäfts liegt darin, dass der Arbeitgeber auf Basis individuell ausgehandelter Konditionen einen Rahmenvertrag abschließt. Der ist eher selten arbeitgeberfinanziert, allerdings bezuschusst. Dadurch erhalten auch jene Kunden einen BU-Schutz, für die es als Einzelperson auf dem freien Markt aufgrund ihres Risikoprofils schwer geworden wäre. Wir verlagern also die Risikoprüfung von der Ebene „Individuum“ auf die Ebene „Kollektiv“. Da sehen wir noch eine Menge Potenzial.

Abschließend noch ein Wort zur betrieblichen Altersversorgung: Was sagen Sie den Maklern zur Nahles-Rente – wartet mal ab?

Kurtenbach: Wenn die Nahles-Rente so kommt, wie sie derzeit auf dem Tisch liegt, dann wird es Kannibalisierungseffekte geben. Das heißt, ein Teil der jetzigen bAV-Welt wird in die neue bAV-Welt übergehen. Die Frage ist, wie groß dieser Teil sein wird. Die Gothaer betreibt bekanntlich viel Tarifvertragsgeschäft. Wenn der Stellenwert des Durchführungswegs Direktversicherung erhalten bleibt, bin ich optimistisch. Wenn hingegen der Durchführungsweg Pensionsfonds gestärkt werden soll, wie von manchen Gewerkschaftsvertretern gefordert, wird es schwierig. Unabhängig davon bleibt aber die Frage, wie denn Durchdringung in der bAV erzielt werden soll? Einen Rahmenvertrag auszuhandeln, ist schnell gemacht – damit ist aber noch kein einziger bAV-Vertrag abgeschlossen. Die Frage ist: Kümmert sich der Arbeitgeber über die Personalabteilung selbst darum oder nicht?

Brüß: Wenn die Nahles-Rente umgesetzt würde, ohne dass der Vertrieb dabei eine Rolle spielen würde, wird das Vorhaben wenig Erfolg haben. Es gibt attraktive Fördermöglichkeiten in der bAV – und teils katastrophale Durchdringungsquoten von weit unter 15 Prozent. Das heißt, auch an dieser Stelle muss Beratung geleistet werden – anders geht es nicht.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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