Zur Ruhestandsplanung muss der benötigte Zins berechnet werden. © Pexels / Mikhail Nilov
  • Von Sabine Groth
  • 17.04.2024 um 12:17
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Den privaten Vermögensaufbau für den Ruhestand muss man sich erst einmal leisten können. Damit die Rentenlücke in der verbleibenden Zeit mit den verfügbaren Mitteln geschlossen werden kann, bleibt meist nur eine Stellschraube – und die erfordert etwas Mut.

Viele müssen, bevor sie ihr Vermögen im Ruhestand ausgeben können, es erst einmal aufbauen. Dazu können sie zum Beispiel einen ratierlichen Sparplan nutzen oder vorhandenes Kapital anlegen. Wie viel am Ende dabei herauskommt, hängt davon ab, wie viel eingesetzt wird, wie lange das Geld arbeiten kann und vor allem wie es angelegt wird.  

Neben Faktoren wie Inflation, Steuern und eventuellen Produktkosten, die bei einer guten Vorsorgeplanung stets zu berücksichtigen sind, spielen vier individuelle Komponenten beim Vermögensaufbau eine zentrale Rolle. Das sind das angepeilte Zielkapital, das Startkapital oder die regelmäßigen Einzahlungen, die Laufzeit sowie der Zins beziehungsweise die Rendite. Bei einer Einmalanlage sind für die Berechnung keine tiefgreifenden mathematischen Kenntnisse notwendig, ein Taschenrechner reicht. Grundlage ist die Zinseszinsformel:
Anfangskapital x (1+ Zinssatz/100)^Laufzeit in Jahren = Zielkapital

Zur Veranschaulichung dient ein einfaches Zahlenbeispiel. Werden 100.000 Euro für 30 Jahre mit einem Zins von 5 Prozent angelegt, stehen am Laufzeitende mehr als 400.000 Euro zur Verfügung. Der Rechenweg zu diesem Beispiel: 100.000 Euro x 1,0530 = 432.194 Euro. 

Etwas komplexer wird die Berechnung mit ratierlichen Einzahlungen. Hierfür – und auch für die Einmalanlage oder einer Mischung aus Einmalanlage und Sparplan – finden sich im Internet zahlreiche Zinsrechner, die das Ergebnis in Sekundenschnelle liefern. 

Vier Variablen, von denen nur eine wirklich variabel ist

Egal ob Einmaleinzahlung oder monatliche Raten, die Variablen sind die gleichen. Bei der Vorsorge für den Ruhestand stehen drei der vier Variablen in der Regel mehr oder weniger fest. Der Beitrag (monatlich oder Einmalanlage) wird durch die Liquidität der Kundin oder des Kunden bestimmt. Das Zielkapital aus der Anlage entspricht der späteren Wunschrente abzüglich des Einkommens, welches die Kundin oder der Kunde aus anderen Quellen beispielsweise der gesetzlichen oder betrieblichen Rente bezieht. Die dritte Komponente, die Laufzeit der Ansparphase, ist durch das Startalter weitgehend festgelegt. Wer 37 Jahre alt ist und seinen Renteneintritt mit 67 Jahren plant, hat noch 30 Jahre, um sein Zielkapital für den Ruhestand aufzubauen.  

Die Variable, auf die es jetzt ankommt, ist der Zins. Durch die Zinseszinsformel wird die Rendite durch die drei Faktoren Beitrag, Laufzeit und Zielkapital berechnet und somit festgelegt. Für jeden Kunden lässt sich ein quasi persönlicher Zins errechnen: Wie viel Rendite muss die Anlage im individuellen Fall langfristig abwerfen, damit das gewünschte Endkapital in der vorgegebenen Laufzeit mit den zur Verfügung stehenden Beiträgen erreicht werden kann? Bei manchem mag eine Rendite von 3 oder 4 Prozent ausreichen. Auch damit ließe sich im oben angeführten Rechenbeispiel das Endkapital von rund 430.000 Euro erreichen. Allerdings müssten bei einer 3-Prozent-Verzinsung nicht 100.000 Euro, sondern 175.000 Euro eingesetzt werden. Sind nur 20 Jahre bis zum geplanten Rentenbeginn übrig, wären sogar rund 240.000 Euro als Startkapital erforderlich. 

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Sicherheit muss man sich leisten können

Der Großteil der Kunden dürfte aufgrund der finanziellen Möglichkeiten oder eines relativ späten Vorsorgestarts auf eine bessere Verzinsung als 3 Prozent angewiesen sein, um die eigene Rentenlücke schließen zu können. Das heißt: Garantien sind bei der Anlage für viele schlichtweg zu teuer. Sie müssen mutiger sein und ins Risiko gehen, um Chancen auf höhere Renditen zu haben. 

Das hat sich durch die gestiegenen Zinsen nicht geändert. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins zwar deutlich auf 4,5 Prozent angehoben, zehnjährige Bundesanleihen als wichtiger Gradmesser haben die 3-Prozent-Marke allerdings noch nicht erreicht. Ende März rentierten sie mit nur 2,3 Prozent. Garantien in Fondspolicen bleiben ein teures Vergnügen, zumal der Höchstrechnungszins immer noch bei 0,25 Prozent liegt. Und auch wenn der Rechnungszins wie von den Aktuaren vorgeschlagen im Jahr 2025 auf ein Prozent steigt, sind Beitragsgarantien weiterhin eine enorme Renditebremse. 

Wie stark Garantien die Rendite von Lebensversicherungen belasten, zeigt beispielsweise eine Auswertung von Indexpolicen durch das Institut für Vorsorge und Finanzplanung. Selbst im guten Aktienjahr 2023 – der Dax erreichte neue Rekordhochs und legte um rund 20 Prozent zu – war die Ausbeute karg. „Im Durchschnitt betrug die maßgebliche Rendite von Indexpolicen, deren Indexjahr 2023 endete, magere 1,2 Prozent“, sagt IVFP-Geschäftsführer Michael Hauer. Nur 40 Prozent aller Inhaber von indexgebundenen Rentenversicherungen bekamen eine Renditegutschrift.  

Auf Beitragsgarantien beim Aufbau des Vorsorgekapitals sollte daher in den meisten Fällen lieber verzichtet werden, nicht nur weil diese bei langfristigen Anlagen ohnehin weitgehend überflüssig sind, sondern auch weil sich viele diese psychologische Absicherung nicht leisten können.

Investoren sollten sich individuell die Frage stellen: Wieviel Sicherheit kann ich mir leisten?

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Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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