Klaus Morgenstern ist Mitglied des Sprecherkollegiums des Deutsches Institut für Altersvorsorge (DIA) in Berlin. © DIA
  • Von Lorenz Klein
  • 05.03.2021 um 12:32
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Die Riester-Reform ist auf Eis gelegt – und damit bleibt auch weiter offen, ob es in der privaten Altersvorsorge demnächst ein neues Standardprodukt geben wird. Für Klaus Morgenstern, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), ist zumindest klar, dass es auch unter einer neuen Bundesregierung „keine Ausblendung des Finanzvertriebes“ geben werde.

Pfefferminzia: Die Debatte um ein Standard-Produkt für die Altersvorsorge hat angesichts der stagnierenden Entwicklung bei der Riester-Rente wieder Fahrt aufgenommen, was sich im Zuge des bevorstehenden Bundestagswahlkampf noch verstärken dürfte. Wie nehmen Sie derzeit diese Debatte wahr und wie positioniert sich das DIA bei dieser Grundsatzfrage?

Klaus Morgenstern: Die Entwicklung verläuft ausgesprochen zäh und die Debatte ist etwas einseitig geworden. Während die Finanzbranche immer wieder Anlauf nimmt, damit die Riester-Rente endlich reformiert wird, kommen aus Politik und Regierung allenfalls Vertröstungen. Es liegt ein Branchenvorschlag sowohl für die Vereinfachung als auch für die Standardisierung vor. Seit längerem schon ist die Regierung nun am Zuge. Aber einen Gesetzesvorschlag gibt es immer noch nicht.

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Das DIA hat in der Vergangenheit in zwei Studien Vorschläge zur Vereinfachung der Riester-Rente unterbreitet. Wir haben mehrfach öffentlich auf Fortschritte im Reformprozess gedrungen, sowohl mit eigenen Statements als auch mit Expertenrunden in unserem Online-Veranstaltungsformat. Eine stark vereinfachtes Riester-Konzept wäre eine Lösung.

Viele Konzepte haben gemein, dass sie ohne Zutun der Lebensversicherer auskommen – etwa die „Basisdepot-Vorsorge“ des Bundes der Versicherten. Sehen Sie eine Gefahr für die Versicherer, dass „der Zug ohne die Versicherer abfährt“ und damit auch an den Vertriebseinheiten und Maklern vorbei?

Wer tatsächlich Anbieter beziehungsweise Träger eines solchen Standardprodukts sein wird, steht erst dann fest, wenn es wirklich eines gibt. Es ist gut, dass die Diskussion offen geführt wird. Wir haben noch nie etwas von einem engen Altersvorsorgebegriff gehalten, unter dem nur Produkte angesiedelt sind, die in der Leistungsphase eine Verrentung erzwingen.

Breit diversifiziertes Wertpapiersparen eignet sich meiner Auffassung nach auch für die Altersvorsorge. Damit ist aber doch keine Ausblendung des Finanzvertriebes verbunden. Der Anteil der Selbstentscheider, die völlig ohne Beratung auskommen, ist doch nach wie vor überschaubar. Wir erleben doch gerade einen Umbruch in der Lebensversicherung, indem sich immer mehr und vor allem die großen Anbieter von den klassischen Garantieprodukten verabschieden.

Der Trend wird zu kapitalmarktnäheren Produkten für die Altersvorsorge gehen müssen. Da gibt es doch für den Finanzvertrieb nach wie vor genug zu tun. Nur bei einer Lösungsvariante hätte ich Bedenken: ein Standardprodukt, das Vater Staat auflegt. Da stellt sich nämlich die Frage, wie diese Lösung unter die Leute gebracht wird. Auch sie wird ohne Distribution, auf welche Art auch immer, die Adressaten nicht erreichen. Es sei denn, es wird eine Pflichtvorsorge.

Würden Sie eine Prognose wagen, ob und wenn ja, wann und wie, die Frage nach einem Standardprodukt in der Altersvorsorge von der beziehungsweise einer künftigen Bundesregierung beantwortet sein wird?  

Mir fehlt inzwischen ein wenig der Glaube, dass die amtierende Regierung dazu noch eine Lösung vorschlägt und dazu ein Gesetzgebungsvorhaben in Gang setzt. Wir werden wohl einen Passus im nächsten Koalitionsvertrag vorfinden. Ausgang offen.

Wie langwierig politische Entscheidungen in der Altersvorsorge sein können, hat die digitale Rentenübersicht gezeigt. Sie war Thema von mindestens drei Bundesregierungen, aber erst 2020 kam das Gesetzgebungsverfahren in Gang. Obwohl es kaum Differenzen dazu in den politischen Strömungen gab. Eigentlich meinten alle, dass wir eine solche Übersicht brauchen. Bei dem Standardprodukt hingegen gehen die Meinungen in der Regierungskoalition deutlich weit auseinander. Die Diskussion kann also noch einige Jahre andauern.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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