Die Teilnehmerinnen des German Equal Pension Symposium: Obere Reihe, von links: Heinke Conrads, Ute Thoma, Martina Pophal, Cordula Vis-Paulus. Untere Reihe von links: Henriette Meissner, Sandra Mekler und Ines Freiboth. © Pfefferminzia
  • Von Karen Schmidt
  • 11.09.2023 um 12:40
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Frauen bekommen deutlich weniger Rente als Männer und rutschen später leichter in die Altersarmut. Das muss nicht sein oder vielmehr, das darf nicht sein, finden sieben engagierte Frauen, die sich vor Kurzem zum ersten German Equal Pension Symposium trafen und Lösungen diskutierten.

Pfefferminzia: Cordula, du hast das German Equal Pension Symposium ins Leben gerufen, warum?

Cordula Vis-Paulus, bAV-Expertin: Ich merke in Workshops, die ich regelmäßig gebe, dass die Themen gleiche Bezahlung und gleiche Rente für Frauen – Neudeutsch Equal Pay und Equal Pension – bei vielen Beratern einfach noch nicht präsent sind. Und da wurde mir klar: Das müssen wir ändern. Denn wenn die Berater das Problem nicht kennen, können sie ihre Kunden natürlich auch nicht darauf hinweisen. Und es gibt ein Problem.

Hast du ein paar Zahlen für uns?

Vis-Paulus: Klar! Nehmen wir zum Beispiel welche aus dem aktuellen Altersvorsorgebericht: 1.226 Euro beträgt die durchschnittliche Rente von Männern, die der Frauen liegt bei 803 Euro. Was mich aber aus den High Heels gehauen hat, ist ein Wert aus dem Demografieportal zum Thema Teilzeit. Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass Frauen heute sehr viel kürzer in Elternzeit gehen. Ganz viele sind nach einem Jahr schon zurück im Job. Eine Statistik zeigt aber, dass über die Hälfte der Frauen noch in Teilzeit sind, wenn die Kinder ihren Führerschein kriegen! Und dann gibt es noch die 16 Prozent, die gar nicht erwerbstätig sind.

Und kaum ist man bei den Kindern aus dem Gröbsten raus, steht die Pflege der Eltern an, die auch überwiegend Frauen übernehmen. So viel zur Teilzeit. Kommen wir zu anderen Versorgungsformen: 34 Prozent der Männer bekommen eine betriebliche Altersversorgung, aber nur 26 Prozent der Frauen. Gleichzeitig haben rund 70 Prozent der Menschen Angst vor Altersarmut oder fühlen sich unterversorgt. Aber sie machen eben oft auch nichts, um diese Lücke zu füllen.

Ute Thoma, die Bayerische: Dieser Begriff der Versorgungslücke, der stört mich übrigens gewaltig dabei. Eine Lücke ist ein fehlender Zahn bei 32 Zähnen. Hier fehlt der ganze Oberkiefer, mehr als 50 Prozent. Das ist keine Lücke, sondern ein Scheunentor. Meiner Ansicht nach müsste man weg von diesem verniedlichenden Begriff der Lücke und einen wählen, der die Dramatik tatsächlich verdeutlicht.

Heinke Conrads, Allianz: Schon wenn wir aber von einer Lücke sprechen, entsteht oft dieses Ohnmachtsgefühl: „Es hat eh keinen Sinn vorzusorgen“ oder „Wie mache ich das am besten, wie komme ich an die Produkte heran?“ Das ist ein Grund, warum viele aufgeben, bevor sie richtig begonnen haben mit ihrer Altersvorsorge.

Sandra Mekler, MRH Trowe: Ein anderer Grund ist, dass das Geld fehlt. Ich sehe das gerade im Bekanntenkreis meiner Söhne. Da haben einige Eltern auf 520-Euro-Basis einen Zweitjob angenommen, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Da ist es völlig utopisch, sich mit der Altersvorsorge zu beschäftigen. Besonders oft trifft das auch typische Frauenberufe wie Kindergärtnerinnen, Friseurinnen oder Pflegekräfte.

Wie kann man das denn lösen?

Martina Pophal, Aktuarin: Das ist genau das Thema. Es geht um a) zu wenig Geld, b) das fehlende Verständnis und c) ist es aber auch entscheidend, wen ich anspreche. Ich mache es in meinen Beratungsgesprächen so: Wenn mir ein Paar gegenüber sitzt, frage ich beide, wie sie das gemeinsam regeln wollen. Wenn die Frau in die Kinderbetreuung einsteigen möchte, muss die Familie insgesamt für einen Ausgleich ihres Einkommens sorgen.

Thoma: Genau richtig, die Denke muss stärker in Richtung eines Familieneinkommens gehen. Das sorgt für Verständnis und so manchen Aha-Effekt – auch beim Mann.

Vis-Paulus: Wobei ich mir um diejenigen, die zu einem Berater oder einer Beraterin gehen, eigentlich keine großen Sorgen mache. Prekär ist es eher bei denen, die das nicht können. Deshalb finde ich die betriebliche Altersversorgung so charmant. Weil dort die Hürde, etwas zu tun, geringer ist – und die Menschen Zugang zu einer Beratung bekommen.

Henriette Meissner, Stuttgarter: Ich finde, man muss auch die Zeit vor der Familienphase stärker nutzen. Heutzutage ist es ja nicht mehr so, dass Frauen mit 18 Jahren heiraten, sondern es gibt oft eine längere Phase, in der Frauen voll berufstätig sind. Leider wird trotzdem die Planung der Altersversorgung nach hinten verschoben. Wir müssen also dahin kommen, dass die Frauen genauso wie die Männer sehr früh anfangen, vorzusorgen, um den Zinseszinseffekt voll auszunutzen. Und zwar auf den eigenen Namen und das eigene Leben, und nicht über den Mann.

Dann hat man auch eine ganz andere Gesprächsbasis, wenn es darum geht, was mit welcher Altersvorsorge passieren soll, wenn Kinder kommen. Denn es ist viel attraktiver, in einen Vertrag weiter zu investieren, in dem sich schon 15.000 Euro angesammelt haben, als in einen, der vielleicht nur 1.000 Euro enthält. Der ist dann schneller mal gekündigt.

Mekler: Ganz wichtig ist auch, dass man aus diesem Teufelskreis herauskommt, bei finanziellen Schwierigkeiten die Altersvorsorge der Frau anzugreifen – also den Vorsorge-Vertrag ruhend zu stellen oder sogar zu kündigen. Sonst muss die Frau später wieder von vorne anfangen, wieder Abschlusskosten bezahlen und schlechtere Rechnungsgrundlagen in Kauf nehmen.

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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