Die Teilnehmerinnen des German Equal Pension Symposium: Obere Reihe, von links: Heinke Conrads, Ute Thoma, Martina Pophal, Cordula Vis-Paulus. Untere Reihe von links: Henriette Meissner, Sandra Mekler und Ines Freiboth. © Pfefferminzia
  • Von Karen Schmidt
  • 11.09.2023 um 12:40
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Frauen bekommen deutlich weniger Rente als Männer und rutschen später leichter in die Altersarmut. Das muss nicht sein oder vielmehr, das darf nicht sein, finden sieben engagierte Frauen, die sich vor Kurzem zum ersten German Equal Pension Symposium trafen und Lösungen diskutierten.

Vis-Paulus: Genau dazu habe ich ein plakatives Beispiel.

Bitte sehr!

Vis-Paulus: Wir haben ein junges Paar, Mann und Frau – beide haben in der Berufsschule nebeneinander gesessen, haben die gleiche Ausbildung mit der gleichen tollen Note abgeschlossen, kommen beim gleichen Unternehmen unter. Sie bekommt ein Brutto von 2.500 Euro, er von 2.800 Euro – und ja, so ist das leider heute noch immer in Deutschland. Beide sind gut organisiert, was Vorsorge angeht. Jeder zahlt 10 Prozent des Bruttogehalts in eine Altersvorsorge. Ich habe mal mit 6 Prozent hochgerechnet, das machen bei ihr 480.000 Euro, bei ihm werden es 536.000 Euro sein, wenn er in Rente geht. Sie bekommt dann eine Rente von 1.700 Euro, er eine Rente von 1.900 Euro.

Dann kommt es, wie es kommen muss: Sie verlieben sich auf der Weihnachtsfeier, es wird ernst, das Kind kommt. Die Frau rutscht runter aufs Elterngeld, ihr Einkommen fällt also weg. Was macht sie? Sie stellt ihren Vertrag beitragsfrei, er kümmert sich weiter um die Karriere, steigt auf, verdient jetzt 3.500 Euro. 10 Prozent davon, also 350 Euro, landen in seiner Altersvorsorge. Weil sie ihren Vertrag aber beitragsfrei stellt, entsteht ihr ein Vermögensschaden in Höhe von fast 60.000 Euro. Das heißt, ihre Rente sinkt auf 1.500 Euro. Seine dagegen steigt auf 2.300 Euro.

Und das gilt nur fürs erste Kind, und die Teilzeitarbeit ist noch gar nicht berücksichtigt. Was ich damit verdeutlichen will, ist: Wer in Teilzeit arbeitet, darf nicht weniger in die Altersvorsorge einzahlen als der Vollzeit-Arbeiter, sondern sie oder er muss mehr einzahlen als ein Vollzeitler. Aus Teilzeitarbeit wird nie eine Vollzeitrente werden. Und dafür wollen wir sensibilisieren.

Ines Freiboth, Allianz: Dazu gehört meiner Ansicht nach, dass man den Wert seiner Arbeit in Euro bestimmen muss. Das fällt Frauen unheimlich schwer. Denn Mütter arbeiten nicht Teilzeit, sie werden nur für einen Teil ihrer Arbeit nicht bezahlt – etwa die Zeit, die für das Abholen der Kinder von der Schule draufgeht oder Besuche beim Kinderarzt oder Putzen oder die Pflege der Eltern oder das Essenkochen. Diesen Arbeiten einen Eurowert zu geben, stärkt das Selbstbewusstsein enorm und ist dann auch eine gute Grundlage, um eben über das Familieneinkommen zu sprechen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen, die allen gerecht werden.

Was können denn Arbeitgeber leisten, um die Lage zu verbessern?

Meissner: Eine rein arbeitgeberfinanzierte bAV wäre ein sehr guter Anfang. Damit werden alle erreicht – auch Frauen, Mütter, Care-Gebende, Teilzeitbeschäftigte. Wir können Frauen nicht mehr geben als Männern, auch Teilzeitkräften nicht mehr als Vollzeitkräften. Da stehen unsere Gesetze gegen. Aber die reine Arbeitgeberfinanzierung, bei der Frauen nichts selber zahlen müssen, ist ein wichtiger Weg für die Zukunft. Unabhängig von einer Entgeltumwandlung gibt es eine bAV! Dabei ist weitgehend unbekannt, dass der Arbeitgeber – richtig gemacht – das über den Paragrafen 100 EstG zu 30 bis 50 Prozent vom Staat refinanziert bekommt.

Conrads: Eben, das Beste daran ist, dass es den Arbeitgebern auch hilft. Auch im Werben um Fachkräfte. Das muss man stärker hervorheben, wenn man die Arbeitgeber für diese Variante gewinnen will.

Meissner: Und auch noch in Richtung Politik die Botschaft: Arbeitgeberfinanzierung ist das bessere Opting-out. Denn wenn ich eine reine Arbeitgeberfinanzierung mache, bedeutet das 100 Prozent Partizipation. Wenn die Berater sich trauen, das anzusprechen, sind Arbeitgeber oft offen für die arbeitgeberfinanzierte Versorgung – schon wegen des Arbeitnehmermangels.

Mekler: Es gibt inzwischen gute Tools, die dem Arbeitgeber verdeutlichen, dass es ihn gar nicht so viel mehr kostet, wenn er den Beitrag von den vorgeschriebenen 15 Prozent Zuschuss anpasst auf 35 Prozent etwa. Insgesamt sollten wir noch dahin kommen, dass Arbeitgeberbeiträge zur bAV unabhängig von der Gehaltshöhe gewährt werden.

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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