Gläsern und quadratisch: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. © picture alliance / dpa / Bernd Thissen
  • Von Lorenz Klein
  • 13.03.2023 um 10:55
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Die sogenannte BRAO-Reform hat einige Änderungen für Rechtsanwälte, Steuerberater und Patentanwälte mit sich gebracht – auch der Versicherungsschutz dieser Berufsgruppen ist betroffen. Wer muss nun handeln und wie?

Aber welche Pflichtversicherungssummen gelten denn nun eigentlich – und für wen? Grundsätzlich ist für alle haftungsbeschränkten Gesellschaftsformen – wie etwa PartGmbB, GmbH oder AG – eine Versicherungssumme von 2,5 Millionen Euro erforderlich. Für kleine Berufsausübungsgesellschaften reicht hingegen eine Versicherungssumme von einer Million Euro. Diese abgesenkte Mindestversicherungssumme gilt aber nur, wenn nicht mehr als zehn Personen als sogenannte Berufsträger anwaltlich tätig sind. Wohlgemerkt: Auch angestellte Rechtsanwälte, freie Mitarbeiter und Teilzeitkräfte gelten als Berufsträger, sie zählen also mit – jedenfalls sofern sie eine Zulassung als Rechtsanwalt haben.

Wissenschaftliche Mitarbeiter und Referendare fallen daher beim munteren Zählspiel heraus. Ist die Sozietät hingegen nicht haftungsbeschränkt, etwa im Falle einer GbR oder PartG, beträgt die Mindestversicherungssumme nur 500.000 Euro. Und: Gibt es dort zehn oder mehr Berufsträger, spielt das keine Rolle, es bleibt bei den 500.000 Euro. Aber das ist ja erst der Anfang.

Individuellen Bedarf ermitteln

„Ist die korrekte Mindestversicherungssumme gefunden, gilt es natürlich, den individuellen Bedarf der Kanzlei zu erörtern“, sagt Maklerin Franziska Geusen. „Auch wenn es als Versicherungsvermittler sicherlich nicht möglich ist, eine Versicherungssumme festzulegen, lässt sich doch im Gespräch mit der Kanzlei die Mandatsstruktur analysieren und so ein höchstmöglicher potenzieller Schadenfall identifizieren“, erläutert Geusen. Und sollte es dann zu komplexeren Mandaten mit höherem Schadenpotenzial kommen, gebe es immer noch die Option, eine Einzelfalldeckung abzuschließen.

Auch Fachanwalt Diller gibt zu bedenken, dass es schwierig sei, die benötigte Versicherungssumme richtig einzuschätzen. „Es gibt leider keine Experten, die man befragen könnte – auch die Versicherer helfen nicht weiter.“ Das Problem liege darin, dass der Gegenstandswert, sprich Streitwert, oft mit dem Haftungsrisiko nichts zu tun habe. „In einem berühmten Fall entstand ein Schaden von 463.763 D-Mark – weil es der Rechtsanwalt versäumt hatte, bezüglich einer Forderung von 62,19 D-Mark einen Offenbarungseid-Termin zu verlegen“, schildert Diller eine geradezu groteske Begebenheit.

Vorsicht bei Haftungsbeschränkungen

Und im Zweifel muss der gesunde Menschenverstand aushelfen: „Letztlich kann man den Kollegen nur raten, sich einfach einmal eine Stunde Zeit zu nehmen und anhand der laufenden Akten zu überlegen, welche Risiken konkret bei welchen möglichen Fehlleistungen drohen. Dann erhält man schnell ein Gefühl dafür, wie die Haftpflichtversicherungssumme bemessen sein sollte.“

Maklerin Geusen warnt zudem, dass bei Kanzleien häufig außer Acht gelassen werde, dass bei Vorliegen von Haftungsbeschränkungen in den sogenannten vorformulierten Vertragsbedingungen (AGB) eine höhere Versicherungssumme notwendig sei (siehe Schaubild). So benötigt beispielsweise eine Steuerberatungs-GmbH nicht nur eine Million Euro, sondern mindestens 4 Millionen Euro Versicherungssumme je Versicherungsfall. Denn nur dann dürfe sie diese Form der Haftungsbeschränkung tatsächlich nutzen – das ist einer der häufigsten Fehler in bestehenden Absicherungen, gibt Geusen zu bedenken.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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