Während der Corona-Pandemie im Frühjahr mussten viele Lokale vorrübergehend schließen. © picture alliance / Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedesk.com
  • Von Achim Nixdorf
  • 13.10.2020 um 17:43
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Wann muss ein Versicherer für Betriebsschließungen infolge der Corona-Krise zahlen? Mit dieser Frage setzte sich kürzlich auch das Landgericht Bochum auseinander und wies die Klage einer Gastwirtin auf Entschädigung zurück. Warum, erfahren Sie hier.

Was ist geschehen? 

Die Klägerin aus Recklinghausen betreibt ein Restaurant mit Biergarten. Wegen der Corona-Krise muss sie ihr Lokal ab Mitte März auf behördliche Anweisung für mehrere Wochen schließen. Erlaubt ist nur noch der Außer-Haus-Verkauf von Speisen. Die Gastwirtin wendet sich daraufhin an ihre Versicherung, bei der sie 2018 eine Betriebsschließungspolice abgeschlossen hat, um eine Entschädigung geltend zu machen. Vereinbart ist eine Haftzeit von maximal sechs Wochen bei einer Versicherungssumme von 250.000 Euro. 

Die Versicherung lehnt die Forderung ab. Wie in ähnlichen Fällen verweist sie darauf, dass ausschließlich jene Krankheiten versichert seien, die im Versicherungsvertrag wortwörtlich genannt würden. Und dazu gehöre nicht das Corona-Virus. Bei Vertragsabschluss sei dieses noch gar nicht bekannt gewesen und erst später als meldepflichtige Krankheit in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen worden. 

Das Urteil 

In seinem Urteil vom Juli (Aktenzeichen: 4 O 215/20) folgt das Landgericht Bochum der Argumentation des Versicherers. Die Biergarten-Betreiberin sei tatsächlich nur gegen die im Vertragswerk aufgezählten Erreger versichert und darunter falle eben nicht Covid19. Die entsprechende Klausel in den Versicherungsbedingungen sei in dieser Hinsicht klar formuliert. Dort heißt es: „Meldepflichtige Krankheiten oder meldepflichtige Krankheitserreger im Sinne dieses Vertrages sind nur die […] aufgeführten. 

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei dieser Formulierung um eine sogenannte „statische Verweisung“ auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgezählten Krankheiten und Krankheitserreger. Das werde nicht zuletzt durch das Wörtchen „nur“ deutlich. Wörtlich stellt das Gericht hierzu in der nun vorliegenden Urteilsbegründung fest: „Aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts der abschließenden Auflistung, welcher einleitend noch durch die Bezeichnung ,nur verstärkt wird, verbietet sich eine Auslegung dahin, dass die Aufzählung etwa lediglich beispielhaft gemeint sein könnte. 

Dem gegenüber hatte die Wirtin argumentiert, dass es sich bei der Aufzählung um eine „dynamische Verweisung“ handele. Die Liste der Erreger sei nicht abschließend zu verstehen, sondern nur beispielhaft. Sie umfasse alle meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger, darunter auch solche, die erst – wie Corona – nachträglich ins Infektionsschutzgesetz aufgenommen würden. 

Es kommt auf die Formulierung an 

Vor wenigen Tagen erst hatte das Münchner Landgericht in Sachen Betriebsschließungsversicherung ein gänzlich anderes Urteil gefällt. Es verdonnerte einen Versicherer zur Zahlung von über eine Million Euro an einen Corona-geschädigten Biergarten-Betreiber. Auch hier hatte die Gesellschaft zuerst die Leistung verweigert, weil Corona in ihren Versicherungsbedingungen nicht aufgeführt sei.  

Anders als in Bochum verfing diese Argumentation jedoch nicht, weil der Versicherer seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) nach Ansicht des Gerichts nicht präzise genug formuliert hatte. Das zeigt: Im Streitfall kommt es offenbar ganz entscheidend auf die konkrete Formulierung im Vertragstext an.  

LG Bochum, Urteil vom 15.07.2020, Az.: 4 O 215/20

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Achim Nixdorf

Achim Nixdorf ist seit April 2019 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

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