Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Jöhnke & Reichow
  • Von Björn Thorben M. Jöhnke
  • 08.11.2018 um 08:38
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Der BU-Versicherer hatte sich verpflichtet zu zahlen, wenn der Versicherte zu mindestens 50 Prozent - also bedingungsgemäß - berufsunfähig werden sollte. In dem vorliegenden Fall eines Kochs im Eiscafé, den das OLG Dresden zu verhandeln hatte, gab es um den Begriff allerdings ein zähes Ringen. Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke analysiert den Hergang.

Allerdings dürfen keine übersteigerten Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes gestellt werden und dem Versicherten die Versicherungsleistung so erschwert werden.

Vorliegend hatte der Kläger seine bisherige berufliche Tätigkeit im Eiscafé nämlich hinreichend dargelegt: Er hatte seinen Arbeitstag und seine jeweils dazugehörigen Beschwerden und Einschränkungen geschildert und diese nach Art eines Stundenplans nochmals aufgegliedert.

Keine Berufsfähigkeit durch geeignete Schutzmaßnahmen?

Der Kläger hatte vorliegend keine Pflicht, seine Berufsfähigkeit durch Umorganisation des Arbeitsplatzes wiederherzustellen. Denn nach den Bedingungen der Versicherung kommt eine zumutbare Umorganisation nur bei Selbstständigen in Betracht. Zu diesen zählte der Kläger nicht, da er kein Direktionsrecht hatte. Somit war eine Umgestaltung der betrieblichen Abläufe für ihn unmöglich.

Eine Berufsunfähigkeit wird ebenfalls nicht angenommen, wenn der Versicherte seinerseits durch einfache und zumutbare Hilfsmittel seine Berufsfähigkeit wahren kann.

Die Versicherung hatte vorliegend verlangt, dass spezielle Schutzhandschuhe zur Meidung einer Blutungs- und Infektionsgefahr getragen werden. Das Gericht sah hierin allerdings keine geeignete Schutzmaßnahme: Schutzmaßnahmen kämen nur in Betracht, soweit mit ihnen eine Arbeit ohne Qualitätseinbußen möglich sei. Im Eiscafé gehe es beim Schneiden von Obst auch um optisch ansprechendes Anrichten und Verzierung. Mit Tragen eines Handschuhs käme es zu Qualitätseinbußen oder zu einer längeren Zubereitungsdauer. Das OLG Dresden urteilte daher, dass es dem Kläger nicht zumutbar sei, durch solcherart Schutzmaßnahmen seine Berufsfähigkeit wiederherzustellen.

Hinweise für die Praxis

Der vorliegende Fall zeigt, dass es leider nicht immer ausreicht, eine medizinisch festgestellte Berufsunfähigkeit attestiert zu bekommen, um Leistungen aus der Versicherung zu erhalten. Die Versicherung muss auch leisten (wollen). Gerade im Rahmen des Umorganisationseinwands können viele Fragen entstehen. Auch sind Versicherungen kreativ, wenn es um Schutzmaßnahmen geht, welche die Berufsfähigkeit „wiederherstellen“ sollen – was im Umkehrschluss wiederum zu einer Ablehnung der Leistungen aus dem Versicherungsvertrag führen kann. Spätestens an dieser Stelle ist es ratsam, fachanwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Der Autor

Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Kanzlei wird zu dem Bereich „Berufsunfähigkeit“ auf dem Vermittler-Kongress am 21. Februar 2019 in Hamburg referieren. Informationen zur Agenda finden Sie unter www.vermittler-kongress.de. Weitere Informationen zum Thema Berufsunfähigkeit gibt es hier.

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Björn Thorben M.

Björn Thorben M. Jöhnke

Björn Thorben M. Jöhnke ist Gründer und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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