Heilberufler stehen unter enormen Druck. Das kann die Psyche und den Körper in die Knie zwingen. Eine gute Einkommensabsicherung ist daher wichtig. © wirestock/Freepik.com
  • Von Redaktion
  • 20.08.2021 um 12:47
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 04:20 Min

Ein umfassender Versicherungsschutz muss auch der Liquiditätssicherung von Heilberuflern dienen. Denn gerade nach Unfällen oder aufgrund von Erkrankungen erweisen sich Kammerversorgungen oft als lückenhaft. Worauf hier zu achten ist, erklären die Heilberufe-Experten Nicole Gerwert und Michael Jeinsen.

Dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelte, belegt das Urteil eines anderen Gerichts. Hier wurde entschieden, dass ein Arzt, der ebenfalls nicht mehr in seiner Praxis arbeiten konnte, kein Anrecht auf eine BU-Rente habe, weil für ihn auch eine Dozententätigkeit an einer berufsbildenden Schule möglich wäre.

Eine Verweisung auf einen anderen Beruf kann übrigens abstrakt ausgesprochen werden. Es spielt also keine Rolle, ob es eine solche Stelle überhaupt gibt, die theoretische Option reicht zur Ablehnung. Aus diesem Grund sollten sich niedergelassene Mediziner, aber auch Apotheker überlegen, ob sie nicht eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen müssen. Und Vermittler sollten diese Problematik unbedingt ansprechen, wenn sie ihrer Beratungspflicht nachkommen wollen.

Zahnärzte sind Frühstarter

Schauen wir uns die Situation von Zahnärzten noch ein bisschen genauer an. Der typische Werdegang eines Zahnmediziners ist nicht mehr so homogen wie er vielleicht früher einmal war. Jedoch kann im Vergleich zu anderen Berufsgruppen aus dem Heilwesenbereich gesagt werden, dass Zahnärzte sehr früh in die Verantwortung kommen. Nach dem Studium wird noch eine kurze Assistenz- und Weiterbildungszeit absolviert. In der Regel startet der Zahnmediziner bereits mit etwa 24 Jahren in der Praxis am Behandlungsstuhl. Wenn es zu einer Niederlassung kommt, dann in der Regel vor dem 36. Lebensjahr.

Nicht selten also zu einer Zeit, in der oft auch private Entscheidungen wie Heirat, Familienplanung oder Eigenheimerwerb anstehen. Auch deshalb sollte bei der Beratung zu einer Absicherung der Arbeitskraft nicht nur Produkteigenschaften von Berufsunfähigkeitsversicherungen im Zentrum der Betrachtung stehen, sondern auch die berufliche und private Zukunft des Versicherungsnehmers.

Anfangs nur geringes Nettogehalt

Die Einkommenssituation junger Zahnärzte ist während der Assistenzzeit nicht rosig. Als Assistenzzahnarzt erhalten Zahnmediziner nicht selten ein geringes Nettogehalt unter 2.000 Euro im Monat. Im Anschluss wird meist eine variable Komponente dem Grundgehalt hinzugefügt, sodass über eine sogenannte Umsatzbeteiligung eine deutliche Steigerung des Einkommens erfolgt. Das Gehalt steigt zu diesem Zeitpunkt sprunghaft an.

Für die Berufsunfähigkeitsabsicherung ist deshalb das Optionsrecht auf Nachversicherung ohne Gesundheitsprüfung ein wichtiger Tarifbaustein. Heutzutage haben alle gängigen Tarife entsprechend die Nachversicherung ohne Ereignis innerhalb der ersten fünf Jahre integriert oder bieten eine Fülle an Ereignissen an, zu denen Erhöhungen wahrgenommen werden können. Beispiele sind unter anderem die Geburt eines Kindes, der Erwerb einer Immobilie und Eheschließung. Solche Angebote von Versicherern passen hervorragend zum Lebensweg von Zahnmedizinern.

Praxisfinanzierung und Berufsunfähigkeitsversicherung

Der Berufsunfähigkeitsschutz kann bei einer Praxisfinanzierung von existenzieller Bedeutung für die Kreditsicherung sein. Hier sollten Berater mit entsprechendem Weitblick handeln. Denn, wenn Zahnärzte aufgrund eines geringen Nettoeinkommens zum Berufsstart mit einem geringen BU-Schutz in Höhe von 1.000 Euro begonnen haben und zur Existenzgründung lediglich eine Anpassung um 500 Euro möglich ist, könnte dies zu wenig sein.

Spätestens zu diesem beruflichen Ereignis sollte der Fächer zum Thema Verdienstausfallschutz aufgefächert werden. Entscheidend ist, dass Zahnärzte ihrer individuellen Situation entsprechend beraten werden. Das ist nur möglich mit Hilfe von Praxiskennzahlen und einer entsprechenden Szenario- und Bedarfsanalyse.

Über die Autoren

Nicole Gerwert hat sich 2008 auf die Zielgruppe Zahnärzte spezia­lisiert und ist seit 2015 leitende Spezialistin für Zahnärzte bei der von Buddenbrock Unternehmensgruppe sowie Inhaberin der Wirtschafts­beratung für Zahnärzte. Sie ist IHK-zertifizierte Praxismanagerin und Dozentin für die Zielgruppe Zahnärzte.

Michael Jeinsen ist zertifizierter Berater Heilwesen, Pressesprecher der Medical Network Stiftung, Betreiber des Service- und Informationsportals für Heilberufe denphamed.de und im Hauptberuf Spezial-Versicherungs­makler für Heilberufe, insb. Apotheken. Er ist auch Fachbereichsleiter für Apothekenversicherungen im BVSV.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort