Ein Ehepaar im Freien: Wer wie viel erbt, regelt das Gesetz – doch ein Testament kann Missverständnisse und Streit vermeiden. © prostooleh / freepik
  • Von Sabine Groth
  • 10.07.2025 um 07:52
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Wer erbt wie viel? Die gesetzliche Erbfolge ist relativ klar geregelt. Dennoch birgt sie einige Tücken, die man kennen sollte. Oft ist ein Testament, das die gesetzliche Erbfolge außer Kraft setzt, empfehlenswert.

Erben und Schenken ist ein wichtiges Thema in der Beratung zur Generationenvorsorge. Dabei geht es um die bestmögliche Vermögensübertragung an die Nachkommen und die finanzielle Absicherung der Lebens- oder Ehepartne.Hierbei kann ein Testament oder Erbvertrag helfen.  

Gibt es keinen Letzten Willen der/des Verstorbenen, greift die gesetzliche Erbfolge. Und diese kann für einige Erben Überraschungen bereithalten. Gerade kinderlose Ehepaare gehen häufig davon aus, dass sie kein Testament verfassen müssen, da der überlebende Partner ohnehin Alleinerbe ist. Das ist jedoch ein Irrtum. Plötzlich gehört ein Teil des geliebten Eigenheims der Schwägerin. Selbst wenn das Verhältnis zur neuen Mitbesitzerin harmonisch war – bei Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf, und Familienbande werden arg strapaziert. Um mögliche Konflikte von vornherein zu vermeiden, ist es wichtig, die gesetzliche Erbfolge zu kennen. Geregelt ist sie im Bürgerlichen Gesetzbuch Paragraf 1924 und folgende. 

In der gesetzlichen Erbfolge herrscht Ordnung

Im deutschen Erbrecht werden die Nachkommen in mehrere Gruppen eingeteilt. Zu den Erben erster Ordnung zählen die direkten Nachkommen der Erblasser. Das sind die Kinder und deren Nachkommen, also die Enkel und Urenkel der Verstorbenen. Innerhalb einer Ordnung gilt „alt vor jung“. Beispiel: Eine verwitwete Mutter stirbt und hinterlässt einen Sohn und eine Tochter, die jeweils eigene Kinder haben. Nach der gesetzlichen Erbfolge erben Sohn und Tochter zu gleichen Teilen, die Enkel erben nichts. Wäre die Tochter jedoch bereits verstorben, würde ihr Erbteil an ihre Kinder gehen. 

Erst wenn keiner aus der ersten Ordnung mehr am Leben ist oder es keine Kinder gibt, kommen die Erben der zweiten Ordnung ins Spiel. Das sind die Eltern und deren Nachkommen (Geschwister, Nichten und Neffen der Erblasser). Findet sich auch hier niemand, kommt die dritte Ordnung zum Zug: die Großeltern und ihre Abkömmlinge (Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen des Erblassers). 

Ehepartner haben in der gesetzlichen Erbfolge eine Sonderrolle

Ehepartner sind im rechtlichen Sinne nicht verwandt und keiner Ordnung zuzuweisen. Sie sind dennoch erbberechtigt und nehmen eine Sonderrolle in der gesetzlichen Erbfolge ein. Wie hoch ihr Anspruch ist, hängt auch vom Güterstand der Ehe ab. Haben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, teilen sie sich die Hinterlassenschaft mit den Erben erster Ordnung. Beispiel: Stirbt die Ehefrau, gehen 50 Prozent an den Ehemann (25 Prozent Erbe plus 25 Prozent pauschaler Zugewinnausgleich) und 50 Prozent zu gleichen Teilen an die Kinder. Dazu zählen alle Kinder der Verstorbenen, auch die aus früheren Beziehungen. Stiefkinder sind nicht erbberechtigt.  

Auch bei kinderlosen Ehepaaren muss der überlebende Partner meist etwas vom Erbe abgeben. Er erbt neben den Erben zweiter Ordnung. Beispiel: Stirbt der Ehemann, bekommt die Ehefrau 75 Prozent (50 Prozent Erbe plus 25 Prozent Zugewinnausgleich). Die restlichen 25 Prozent muss sie den Schwiegereltern überlassen beziehungsweise den Geschwistern oder Nichten und Neffen ihres verstorbenen Mannes. Gibt es keine Verwandten der zweiten Ordnung, kommen auch noch die Großeltern des Verstorbenen als Miterben infrage. Die dürften in den meisten Fällen allerdings schon verstorben sein. Alleinerbin wird die überlebende Ehegattin nur, wenn weder Verwandte erster und zweiter Ordnung oder Großeltern vorhanden sind.

Per Testament das Erbe selbst verteilen

Die gesetzliche Erbfolge ist für viele nicht die gewünschte Lösung. Das gilt nicht nur für Eheleute, sondern noch viel mehr für unverheiratete Paare oder Alleinstehende. Sie lässt sich allerdings leicht aushebeln. Mit einem Testament kann jeder frei entscheiden, wie er sein Erbe verteilen möchte. Nur Pflichtanteile, die meist Kinder und Ehepartnern zustehen, müssen berücksichtigt werden. So können beispielsweise Enkel und Urenkel direkt bedacht werden, aber auch Freunde oder Organisationen. Durch die breitere Verteilung auf mehrere Erben können eventuell Freibeträge für die Erbschaftsteuer besser genutzt werden. Und durch eine gezielte Verteilung der Vermögenswerte lassen sich Erbengemeinschaften als ein häufiger Konfliktherd  vermeiden

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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