Sven Putfarken ist Certified Financial Planner bei der MPV Finanzgruppe. © Sven Putfarken
  • Von Oliver Lepold
  • 28.11.2022 um 11:22
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 03:30 Min

Das Financial Planning gilt als die Königsdisziplin in der Finanzberatung. Sven Putfarken, Certified Financial Planner bei der MPV Finanzgruppe, über aktuelle Finanzplanungstrends und die Möglichkeiten entsprechender Weiterbildung für Versicherungsmakler.

Pfefferminzia: Was zeichnet den Beratungsprozess eines Finanzplaners besonders aus?  

Sven Putfarken: Der ganzheitliche Ansatz, das ist der große Unterschied zu vielen Beratern, die nur punktuell unterwegs sind. Viele gute Beraterinnen und Berater haben sich spezialisiert und bieten oft nur Beratung zu Versicherungen oder nur zu Asset Management an. Der zertifizierte Finanzplaner schaut wie ein Allgemeinmediziner global auf den Kunden und zieht dann in einzelnen Bereichen Spezialisten hinzu, wenn er das Themengebiet nicht selbst abdecken kann. 

Inwieweit gibt es „Finanzplanung light“ für einkommensschwächere Kunden? 

Die Angebote sind da. Dann wird kein komplexer Finanzplan mit der Analyse der Zahlungsströme und der steuerlichen und erbschaftsteuerlichen Situation erstellt, sondern es werden nur die Vermögenswerte erfasst und auf dieser Basis die Auswirkungen von Krankheits- oder Todesfällen geprüft. Das sind dann anlassbezogene Teilpläne der Finanzplanung, wie etwa die Altersvorsorge- oder die Immobilienfinanzplanung. Als Finanzplaner haben wir natürlich immer den Anspruch auf eine vollständige Planung, aber wenn der Kunde nur einen Themenplan zur Altersvorsorge wünscht, erhält er diese auch.  

Wie hat sich der Markt für Finanzplaner während der Pandemie und durch die aktuelle Krise verändert? 

Viele Beratungen und Gespräche haben virtuell stattgefunden. Zuvor wurden Zoom und Co. kundenseitig nicht gut angenommen, es war immer der persönliche Kontakt gefordert. Das hat sich nun geändert und wird in der Bestandskundenbeziehung auch so bleiben. Anders ist es bei Neukunden: Sie wollen den Finanzplaner nun wieder persönlich sehen, bevor sie ihr Gesamtvermögen offenlegen. In Sachen Honorar registrieren wir keine Änderung. Natürlich schlagen Inflationsraten jenseits der 10 Prozent und steigende Energiepreise bei den Kunden durch, sie bezahlen aber trotzdem ihr Honorar. Allerdings haben wir die Honorarpreise seit Beginn der Pandemie auch nicht mehr angepasst.  

Die Börsen verloren in diesem Jahr zwischenzeitlich rund 20 Prozent, wobei auch vermeintlich sichere Portfolios einbüßten. Wie groß ist aktuell der Erklärungsbedarf?  

Die aktuelle Krise ist sicher die größte an den Kapitalmärkten seit 1929. Dennoch bleiben viele Kunden ruhig. Während der Finanzkrise 2008 und der Immobilienkrise 2012 herrschte mehr Nervosität, damals kamen viel mehr Rückfragen. Auch schon während der Pandemie war zu beobachten, dass sich diejenigen, die investiert sind, größtenteils nicht mehr als Anleger, sondern als Investoren sehen. Von unseren Kunden hat nur ein einziger sein Depot in diesem Jahr glattgestellt. Alle anderen sind voll investiert, weil sie den langfristigen Mehr-Ertrag sehen. Da hat ein Wandel im Denken stattgefunden.  

Die Kundinnen und Kunden verstehen diese Krise also besser als frühere? 

Sie sind generell aufgeklärter und verstehen, dass eine Aktie der innere Wert eines Unternehmens ist und schwankt. Das geschieht auch bei einer GmbH oder einem Einzelkaufmann. Nur wird eine Aktie eben am Kapitalmarkt gehandelt. Das wird verstanden. Anders ist das jedoch bei der Situation mit den Anleihen, die immer als sichere Anlage galten und im ersten Halbjahr beispiellos eingebüßt haben. Hier besteht Erklärungsbedarf insoweit, dass sich nur der Buchwert im Portfolio verändert hat und die Anleihen in der Regel bei Ablauf dennoch zu 100 Prozent zurückgezahlt werden.  

Inwieweit müssen Finanzpläne nun aktualisiert werden? 

Der Bedarf ist momentan sehr groß, weil sich die Planungsparameter verändert haben. Statt 2 bis 3 Prozent Inflation müssen wir im Schnitt mit 5 bis 6 Prozent planen. Da ergeben sich in der Altersvorsorge und speziell bei der Todesfallvorsorge neue Lücken, auch bei der Übertragung von Vermögen und Immobilienbewertungen muss im Hinblick auf das Jahressteuergesetz aktualisiert werden. Eventuell erreichen wir hier wieder Regionen, wo sich die Freibeträge besser nutzen lassen. 

Warum steigt die Zahl der Finanzplaner seit Jahren kaum?  

Zum einen ist die Ausbildung sehr teuer. Neben dem zeitlichen Aufwand muss man 10.000 bis 15.000 Euro erst einmal übrighaben. Zum anderen ist Finanzplanung kein Bereich, der ein Unternehmen monetär nach vorn bringt. Wer Finanzplanung anbietet, braucht auch andere Bereiche für die Quersubvention. Bei MPV nehmen wir etwa 200 Euro pro Stunde, das deckt aber den Aufwand bei weitem nicht ab. Bei größeren Plänen wird eine pauschale Vergütung vereinbart. Zum anderen haben wir in Deutschland einen begrenzten dezentralen Ausbildungsweg zum zertifizierten Finanzplaner. Es gibt derzeit zu wenig Studiengänge als Zugang, zu wenige sind in Vorbereitung. Hinzu kommt: anders als früher pushen die Banken den Titel eines Certified Financial Planner nicht mehr, weil sie ihre Finanzplanung teilweise eingestellt haben.  

Wo kommt der Beratungsnachwuchs her? 

Hauptsächlich immer noch aus Banken und von freien Finanzdienstleistern, meist Vermögensverwalter aus dem Anlagebereich. Versicherungsmakler finden leider selten den Weg zum Finanzplaner. Das ist schade, weil dort ein Riesenpotenzial liegt. Maklerkunden haben oft auch noch andere Themen, zum Beispiel Immobilien. Und anders als Vertreter erhalten Makler einen Rundum-Einblick des Kunden. Gerade versicherungsseitig ist der Bedarf in der Finanzplanung groß. Wir würden uns wünschen, dass mehr Versicherungsmakler zu uns fänden. Aber wenn sich eine Versicherungskauffrau oder ein Betriebswirt vor Kunden kaum retten können, warum sollten sie sich dann noch weiterbilden? Dazu bedarf es neben viel Zeit und Geld auch noch an reichlich Motivation.  

Dafür begeistern lassen könnten sich Maklerinnnen und Makler zum Beispiel auf dem größten Branchentreffen in Deutschland, dem Fincial Planning Forum in Berlin. Nächster Termin: 9. und 10. November 2023. 

autorAutor
Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Honorarberatung ist hochflexibel“
„Lass mal reden“ mit Honorarkonzept

„Honorarberatung ist hochflexibel“

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“
„Lass mal reden“ mit Ralf Pispers, Personal Business Machine (PBM)

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“

Skip to content