Arnd Schaff ist Inhaber der Unternehmensberatung Dr. Schaff Consulting. © Tom Schulte
  • Von Sabine Groth
  • 16.09.2021 um 11:50
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:50 Min

Sie könnten nicht unterschiedlicher ticken: die Babyboomer und die Generation Z. Unternehmensberater Arnd Schaff erklärt, wie sich die vier Generationen, die sich derzeit am Arbeitsmarkt befinden, in ihren Werten und ihrer Einstellung zur Arbeit unterscheiden und wie es Arbeitgebern dennoch gelingen kann, alle Altersklassen an das Unternehmen zu binden.

Pfefferminzia: Mitarbeiterakquisition und -bindung sind wichtige Themen für den Mittelstand. Wie wichtig ist es, dabei auf die unterschiedlichen Generationen einzugehen?

Arnd Schaff: Sehr wichtig. Für mittelständische Unternehmen, die zurzeit die größten Probleme bei der Mitarbeiterakquisition haben, geradezu überlebenswichtig. Die Wertkonstrukte der einzelnen Generationen sind sehr unterschiedlich. Grob kann man jedoch Babyboomer, also die ab 1946 Geborenen, und die folgende Generation X mit Geburtsjahrgängen von 1965 bis 1979 in eine Gruppe fassen. In die zweite Gruppe fallen die Generation Y, zu der zwischen 1980 und 1993 Geborene zählen, und die jüngste Generation Z. Diese beiden Gruppen muss man schon sehr unterschiedlich ansprechen. Gleichzeitig muss das Unternehmensbild kohärent bleiben. Das ist der Spagat, den die Unternehmen vollbringen müssen.

Welche Rolle spielen die einzelnen Generationen aktuell für den Arbeitsmarkt? Ist Z mit den ab 1994 Geborenen überhaupt schon relevant?

Absolut. Alle spielen eine große Rolle. Gerade die Generation Z ist hochrelevant, insbesondere für die Zukunft der Unternehmen. Sie ist in der Ausbildung, fängt gerade im Job an oder studiert noch. In Zeiten des demografischen Wandels muss man so früh wie möglich anfangen zu akquirieren. Studierende müssen die Unternehmen schon im Studium ansprechen, sonst sind die später weg. Aber auch die Babyboomer sind nach wie vor wichtig. Ich erinnere mich noch an meine Zeit bei McKinsey um die Jahrtausendwende. Damals haben wir für Unternehmen Ruhestandspläne ab 55 Jahren umgesetzt. Heute geht es um das Gegenteil, darum die Älteren möglichst lange im Betrieb zu halten.

Wie unterscheiden sich die Generationen in ihrem Verständnis von Arbeit?

Die Babyboomer haben einen hohen Leistungswillen und eine entsprechend hohe Bereitschaft zur Selbstverausgabung. Sie wollen dafür honoriert werden in physischen Werten, also in Geld, Dienstwagen und Ähnlichem. Persönliche Ziele sind identisch mit beruflichen Zielen. Materielles ist wichtig. Die Generation X hat einerseits auch die Leistungsbereitschaft und den Karrierewillen der Babyboomer. Andererseits kommt ein Fokus auf das Private hinzu. Stichwort Work-Life-Balance.

Und die Jüngeren?

Bei der Generation Y ist die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben weniger stark. Homeoffice ist hier sehr beliebt. Anders als in den Vorgenerationen ist Loyalität nicht mehr wichtig. Die Generation gilt bei manchen sogar als egoistisch, weil sie eher persönliche Ziele und Freiheit in den Vordergrund stellt. Langfristige Karriereplanung ist kaum ein Thema. Bei der Generation Z stehen noch stärker die privaten Ziele im Vordergrund. Karriere ist nicht so wichtig. Ein geregelter Arbeitstag mit stabilem Einkommen, ohne Verantwortung zu übernehmen, ist cool und reicht. Für Unternehmen stellt dies ein Riesenproblem dar. Früher haben sich die Leute um Führungspositionen gekloppt, die junge Generation hat gar kein Interesse mehr daran. Zudem ist sie sehr angstgetrieben, nicht das Optimale zu erreichen. Die „Fear of missing out“ ist sehr ausgeprägt. Freiheit auch in Form von Arbeitgeberwechsel ist ein wichtiger Wert für die Generation.

Wie können Arbeitgeber auf die hohe Wechselbereitschaft der Jungen reagieren, oder lohnt das gar nicht?

Kleine und mittelgroße Unternehmen, die KMU, haben hier ohnehin nicht so viele Möglichkeiten wie Großkonzerne. Sie sollten lieber akzeptieren, wie die Leute funktionieren und sich darauf einrichten, dass sie im Durchschnitt nach ein paar Jahren wieder weg sind. Es ist verschwendete Energie zu versuchen, Leute mit Maßnahmen zu binden, die überhaupt nicht gebunden werden wollen. Stattdessen muss über einen systemischen Aufbau sichergestellt werden, dass das aufgebaute Wissen nicht vollständig beim Mitarbeiter liegt, sondern in den Prozessen integriert ist.

autorAutorin
Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort