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  • Von Redaktion
  • 04.03.2014 um 11:16
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Neuer Name, neues Glück? Seit gut einem Jahr sind die Neue Bayerische Beamten Lebensversicherung und ihre Schwestergesellschaften unter dem neuen Namen „die Bayerische“ aktiv. Vertriebsvorstand Martin Gräfer erklärt, ob dem Namenswechsel auch eine Strategieänderung folgte.

Pfefferminzia: Seit mehr als einem Jahr arbeiten Sie nach dem neuen Leitsatz „Versichert nach dem Reinheitsgebot“. Ziel sollen transparente, verständliche und faire Lösungen für Kunden und ein besserer Service für Vertriebspartner sein. Was haben Sie konkret geändert?

Martin Gräfer: Da darf ich einige Beispiele nennen. Nehmen Sie den Bereich Biometrie. Hier muss die Produkt-Fixierung unter den Versicherern aufhören: Du hast ein Problem, ich habe die Lösung, und die Lösung ist immer eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Das ist falsch.

Wir müssen unsere Kompetenz vielmehr dadurch unter Beweis stellen, dass wir in der Lage sind, aus einer Vielzahl von Ideen die herauszusuchen, die am besten zur individuellen Situation des Kunden passt. Wir bei der Bayerischen haben daher die Risikoprüfung ins Beratungsgespräch verlagert.

Der Berater kann die komplette Risikoprüfung zusammen mit dem Kunden durchführen. Komfort und Geschwindigkeit sind atemberaubend, weil Sie ganz schnell wissen, was geht und was nicht geht.

Erst ermittelt der Berater den Bedarf des Kunden, dann kommt die Risikoprüfung, und erst danach geht es um die Produkte Erwerbsunfähigkeits-, Berufsunfähigkeits-, Schwere-Krankheiten- oder funktionale Multi-Risk-Versicherung. Das ist für uns der richtige Weg. Ein zweites Beispiel ist der faire Hinweis.

Pfefferminzia: Worum handelt es sich dabei?

Gräfer: Um eine Einschätzung, für welche Kunden ein Produkt geeignet ist und für welche nicht. Das führen wir in jeder Produktbeschreibung auf. Nehmen Sie unsere XXL-Höchstzinsrente: Das ist eine Rentenversicherung, die auf Zertifikate setzt und pro Jahr 2,75 Prozent Verzinsung bis zum Jahr 2048 garantiert.

Ein tolles Produkt für Kunden, die wirklich für das Alter vorsorgen möchten und denen es nicht so sehr auf die Flexibilität ankommt.

Für Kunden mit 50 Euro monatlichem Beitrag, die in fünf Jahren vielleicht eine neue Waschmaschine mit ihrem Rentenvertrag finanzieren möchten oder die sonst Wert darauf legen, jederzeit das Ansparvermögen nutzen zu können, ist es aber vollkommen ungeeignet, weil es hierfür einfach nicht gedacht ist.

Wobei es meiner Ansicht nach generell ein Fehler wäre, wenn wir in der Beratung zur Altersvorsorge zu sehr die Flexibilität in den Fokus stellen.

Pfefferminzia: Ach ja? Andere Versicherer setzen gerade auf mehr Flexibilität, damit ihre Produkte am Markt besser ankommen.

Gräfer: Ich habe gelernt, sparen heißt, auf Konsum verzichten. Beim Rentensparen arbeiten Sie zielgerichtet auf genau dieses Thema hin. Wenn andere Themen im Fokus stehen, wie ein Auto kaufen oder den Urlaub finanzieren, ist das Rentensparen dafür nicht geeignet.

Man muss den Menschen ganz klar sagen: Wenn du flexibel sparen möchtest, dann gibt es bessere Formen als ein Altersvorsorgeprodukt. Das ist wie bei einer Baufinanzierung. Da verlangt die Bank auch Vorfälligkeitszinsen, wenn Sie das Darlehen früher zurückzahlen.

Das ist auch normal: Sie binden sich langfristig, nehmen dafür aber bestimmte Vorteile mit. Die Branche vermittelt den Leuten mitunter den Eindruck, als könnte man alle Vorteile in Anspruch nehmen – viel Flexibilität bei höchster Rendite und maximalen Vergütungen für Vermittler – und nichts hätte seinen Preis. Das ist im Verkauf nicht ehrlich.

Pfefferminzia: Sinkt der Garantiezins für Lebensversicherungen im kommenden Jahr auf 1,25 Prozent, wie von den deutschen Aktuaren vorgeschlagen, verliert das Rentensparen wieder einmal an Attraktivität, oder?

Gräfer: Zunächst einmal – für die Bayerische bräuchte es keine Reduktion und schon gar nicht auf 1,25 Prozent. Aber die Deutsche Aktuarvereinigung hat sich dafür ausgesprochen, und insofern gehe ich da on aus, dass der Gesetzgeber diese Empfehlung umsetzen wird. Die Berichterstattung aber reduziert sehr stark auf diesen Rechnungszins.

Das ist nicht besonders sinnvoll, da die Überschussbeteiligung natürlich noch obendrauf kommt. Und hier bietet die Branche im Übrigen auch 2014 beachtliche Ergebnisse. Wir als die Bayerische liegen hier 2014 im Top-Feld der deutschen Anbieter. Aber die Haupt-Performance der Lebensversicherung liegt auch nicht im Zinssatz.

Pfefferminzia: Sondern?

Gräfer: In der Absicherung der Langlebigkeit. Sie sorgt dafür, dass Sparer am Ende ihres Lebens noch Geld übrig haben. Und das kann keine andere Kapitalanlage. Wir sind leidenschaftliche Spießer und glauben daran, dass eine konventionelle Lebensversicherung – wenn sie richtig eingesetzt wird – einen riesigen Mehrwert für Kunden hat.

Wir beobachten gerade, dass viele unserer Kunden insbesondere für Einmalbeiträge nach Lösungen fragen, die auf dem konventionellen Deckungsstock beruhen. Das Kapitalanlageportfolio der Versicherungsgesellschaften wird also immer wichtiger.

Pfefferminzia: Obwohl kein Kunde weiß, was da genau drinliegt. Die Deckungsstöcke sind nach wie vor eine Blackbox.

Gräfer: Die Versicherer öffnen sich langsam und berichten über Assetklassen.

Pfefferminzia: Richtig. Und da sieht man dann zum Beispiel, dass Aktien nur einen minimalen Anteil am Portfolio ausmachen.

Gräfer: Die Höhe des Aktienengagements hängt von der Risikotragfähigkeit ab und von der Frage, welche Garantie man erwirtschaften muss. Dafür zwei schöne Beispiele: Wir haben in unserer Gruppe den älteren Lebensversicherer aus dem Jahr 1858 und den jungen Lebensversicherer, der 27 Jahre alt ist.

Der ältere hat eine durchschnittliche Zinsverpflichtung von marktüblichen 3,2 Prozent. Beim jungen Lebensversicherer beträgt dieser Wert nur 2,6 Prozent. Da können Sie bei der Kapitalanlage ein Stück weit anders vorgehen.

Wobei wir traditionell diesen Freiraum mit Immobilienanlagen ausschöpfen – 14 Prozent des Portfolios stecken in Immobilien, das ist viermal so viel wie der Durchschnitt. Aber wir bauen den Anteil jetzt auf 8 Prozent ab.

Pfefferminzia: Warum?

Gräfer: Wir trennen uns zum einen aus verwaltungstechnischen Gründen teilweise von Immobilien, die außerhalb unseres Investmentgebiets Bayern liegen. Der andere Grund ist die Eigenkapitalhinterlegung von 25 Prozent, die Immobilien nach dem neuen Solvenzregime Solvency II erfordern. Das wäre schon eine sehr hohe Rendite, die Sie da erwirtschaften müssten, um das rechtfertigen zu können.

Pfefferminzia: Was halten Sie von dem EU-Projekt?

Gräfer: Das Berichtswesen ist richtig anstrengend. Das ist meiner Ansicht nach überbordend. Wenn Sie die Mannschaft nahezu verdoppeln müssen, nur um dem Berichtswesen Herr zu werden, so ist das für einen Mittelständler schon nicht ohne.

Pfefferminzia: Und die Risiken? Sind die richtig eingeschätzt, wenn man sieht, dass griechische Staatsanleihen mit 0 Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen und Immobilien mit 25 Prozent?

Gräfer: Alle Staatsanleihen müssen mit 0 Prozent hinterlegt werden. Dass die griechische immer herausgepickt wird, ist populistisch. Trotzdem gilt natürlich: Nein, das Risiko ist nicht richtig eingeschätzt. Und nehmen Sie so etwas wie die Zinszusatzreserve: Wir bilden aus den heutigen Erträgen Rückstellungen dafür, dass wir unsere Verpflichtungen auf Dauer einhalten können, auch wenn die Zinsen so niedrig bleiben.

Das ist eine gute Sache. Wichtig wäre aber, diese Reserve als Eigenmittel anzuerkennen. Das ist jetzt aber nicht so, und Solvency II sieht das auch nicht vor. Meiner Ansicht nach besteht darin eine Fehlsteuerung, weil die Rückstellung ja langfristig auch die Eigenmittel entlastet, und für den Kunden ist sie wichtig, weil sie sicherstellt, dass die gegebenen Garantien gehalten werden können.

In der Sachversicherung wird die Schwankungsreserve, also die Rückstellung für das Ausbügeln unterschiedlicher Schadenverläufe, angerechnet. Die Zinszusatzreserve, die im Prinzip einen ähnlichen Zweck bei den Lebensversicherern erfüllt, nicht. Das ist unlogisch. Und zeigt, dass so manche Regulierung vielleicht nicht bis zum Ende durchdacht worden ist.

Pfefferminzia: Die Fondspolice, die ja eines Ihrer Standbeine ist, wird durch Solvency II begünstigt. Seit Jahren ist das Produkt nicht gerade der Verkaufsrenner der Branche.

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Gräfer: Ich denke, dass Fondspolicen gerade eine Renaissance erleben. Bei der privaten Altersvorsorge gilt eben: Wenn ich nur wenig sparen kann, muss ich auf viel Rendite hoffen. Und die Rendite einer konventionellen Versicherung ist auf jeden Fall immer eines – sicher, aber eben auch begrenzt.

Dass die Fondspolice sich in den vergangenen 20 Jahren nicht wirklich abheben konnte, liegt nicht selten auch an den eingerechneten Kosten. Wenn Sie sich die Policen im Markt anschauen, sind die Kosten mitunter eher hoch.

Wir gehen da im Rahmen unseres Reinheitsgebots einen anderen Weg, indem wir unter anderem kostengünstige ETFs einsetzen. Aber: Bei einer fondsgebundenen Versicherung sind die Anforderungen an Berater höher.

Pfefferminzia: Inwiefern?

Gräfer: Sie müssen dem Kunden laufend Hinweise geben, weil die Versicherer in der Regel nicht konsequent berichten, wie sich die Fonds entwickeln. Viele große Maklerhäuser haben sich genau aus diesem Grund aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen, weil sie sagen, sie haben keine ausreichende Kompetenz dafür. Es ist also eine echte Chance mittelständischer Berater, sich genau darauf zu fokussieren.

Pfefferminzia: Kommen wir zur Bilanz: Der Neuzugang 2012 ist nach ein paar starken Jahren bei Produkten gegen laufenden Beitrag um 13,2 Prozent und bei Einmalbeitragsprodukten um 2,3 Prozent zurückgegangen.

Gräfer: So sehen wir das gar nicht. Wir hatten 2011 das erfolgreichste Geschäftsjahr seit Bestehen der Gesellschaft, 2012 ist das zweiterfolgreichste. Wenn Sie so wollen, handelt es sich um eine Stabilisierung auf relativ hohem Niveau. Gemessen an den gebuchten Beiträgen zum Neugeschäft sind wir unter den Top 10 der deutschen Lebensversicherer. Damit sind wir sehr zufrieden.

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