Der Tower der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main: Die Niedrigzinspolitik der Notenbank macht einen vollständigen Beitragserhalt in der Lebensversicherung nahezu unmöglich. . © picture alliance/Boris Roessler/dpa
  • Von Karen Schmidt
  • 03.03.2020 um 10:03
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Sinkt der Garantiezins, wie von den deutschen Versicherungsmathematikern vorgeschlagen, zum 1. Januar 2021 auf 0,5 Prozent, wir ein 100-prozentiger Beitragserhalt nahezu unmöglich – auch bei 30 Jahren Laufzeit. Das hat eine Untersuchung des Instituts für Finanz-Markt-Analyse (Infinma) ans Licht gebracht.

2021 wird Höchstrechnungszins wahrscheinlich noch einmal sinken. Die deutschen Aktuare haben vorgeschlagen, ihn zum 1. Januar von derzeit 0,9 auf 0,5 Prozent zu senken. Welchen Einfluss hätte das auf die Leistungen einer Lebensversicherung? Das haben die Analysten des Instituts für Finanz-Markt-Analyse (Infinma) untersucht.

Die Analysten haben sich eine gemischte Kapitalversicherung mit gleichhoher Todes- und Erlebensfallsumme vorgenommen und den Rechnungszins und die eingerechneten Abschlusskosten variiert. Als Musterfall diente eine 30-jährige versicherte Person, die jedes Jahr 3.000 Euro Prämie zahlt. Weitere Kosten, die anfallen, sind 36 Euro Stückkosten und 4 Prozent Verwaltungskosten.

Bei einem Rechnungszins von 4 Prozent und Abschlusskosten von 40 Promille käme der Sparer nach 30 Jahren Laufzeit auf 128.752 Euro garantierte Ablaufleistung. Bei 20 Promille Abschlusskosten und dem gleichen Rechnungszins kämen 136.811 Euro zusammen.

Bei einem Prozent Rechnungszins aber, würde der Sparer mit seiner Lebensversicherung in keinem der Abschlusskosten-Szenarien (40, 20 oder 10 Promille) den Beitragserhalt (90.000 Euro) schaffen – bei einem Garantiezins von 0,5 Prozent entsprechend auch nicht. Bleiben die Abschlusskosten zum Beispiel bei 40 Promille und der Garantiezins liegt bei 0,5 Prozent, erhält unser Musterkunde 78.808 Euro Ablaufleistung. Auch bei 20 Promille Abschlusskosten (Ablaufleistung: 81.885 Euro) oder 10 Promille (83.423 Euro) wäre das der Fall.

Bei zwölf Jahren Laufzeit wird’s noch kritischer

Bei einer kürzeren Laufzeit von nur zwölf Jahren und einer 55 Jahre alten versicherten Person verschärft sich das Problem deutlich. Bei 40 Promille Abschlusskosten würde die Person bei keinem der von Infinma durchgespielten Zinsszenarien (4, 3, 2, 1 und 0,5 Prozent) ihre eingezahlten Beiträge (36.000 Euro) wieder rausbekommen.

Auch in den beiden anderen Abschlusskostenszenarien wäre das nur selten der Fall. Bei 20 Promille Abschlusskosten müsste der Rechnungszins bei 4 Prozent liegen (Ablaufleistung: 37.327 Euro). Bei 10 Promille Abschlusskosten müsste er 4 Prozent (Ablaufleistung: 38.145 Euro) oder 3 Prozent (Ablaufleistung: 36.062 Euro) betragen.

Auch vollständiger Verzicht auf Abschlusskosten würde nicht helfen

Auch eine weitere Reduzierung von Stück- und Verwaltungskosten helfe vor allem bei kurzen Laufzeiten nicht, um das Problem zu lösen, so die Infinma- Analysten. Bei Abschlusskosten von 20 Promille, Stückkosten von Null und auf 2 Prozent reduzierten Verwaltungskosten ergäbe sich bei einem Rechnungszins von 0,5 Prozent eine Ablaufleistung von 31.812 Euro. „Es fehlt also noch ein ganzes Stückchen zur Beitragssumme von 36.000 Euro“, heißt es in der Analyse. Und weiter: „Der vollständige Verzicht auf Abschlusskosten reicht übrigens auch nicht aus, um den Beitragserhalt sicherzustellen.“

Die Beispiele zeigen in den Augen der Analysten, dass es sich bei dem Thema einer 100-prozentigen Beitragsgarantie nicht um ein „Rechenproblem“ der Versicherer handele, „wie es vor allem Verbraucherschützer gerne glauben machen wollen“, so das Institut. heißt es weiter in der Analyselautet ein Fazit des Instituts. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe mit ihrer Niedrigzinspolitik erreicht, dass Lebensversicherer „unter bestimmten Rahmenbedingungen schon rein rechnerisch eine Garantie in Höhe von 100 Prozent der Beiträge nicht mehr gewährleisten können. Das ist, wie wir gesehen haben, beileibe keine Boshaftigkeit der Versicherer.“

Die oft als Alternative ins Spiel gebrachte Honorarberatung sei in vielen Konstellationen keine, berichten die Analysten weiter. „Bei entsprechend kurzer Laufzeit und entsprechend niedrigem Rechnungszins kann auch ein Honorartarif die Brutto-Beitragsgarantie nicht stemmen.“

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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