„Lernen Sie wie Menschen ticken. Beeinflussungsregeln sind wissenschaftlich belegt und kein Hokuspokus. Wenden Sie diese Kenntnisse mit gesundem Menschenverstand ohne schwarze Manipulation an“, empfiehlt Gastautor Jürgen Zirbik. © picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose
  • Von Redaktion
  • 08.09.2020 um 16:49
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Produktwissen ist wichtig, insbesondere für Finanzdienstleister und Versicherungsmakler. Doch echte Vorteile im Verkauf haben diejenigen, die wissen, wie Menschen ticken und die psychologisch kompetent sind, meint Gastautor Jürgen Zirbik. Allerdings wüssten die wenigsten Vermittler darüber Bescheid, findet der Trainer und Businesscoach.

Wer als Makler in Sachen Produktwissen top ist, erfüllt eine Grundvoraussetzung aus Sicht des Kunden. Den Unterschied im Vertrieb macht am Ende allerdings die menschliche Komponente und die Kommunikationskompetenz. Vorteile haben diejenigen, die wissen, wie Menschen ticken und die psychologisch kompetent sind. Denn wir ticken alle ähnlich und sind mit Psychologie zielgerichtet zu beeinflussen. Allerdings wissen die wenigsten Finanzberater drüber Bescheid.

Wie Sie einen großen Irrtum vermeiden

Wir halten uns alle für sehr individuell. In gewisser Hinsicht sind wir das, in anderer Hinsicht nicht. „Jeder Jeck ist anders“ stimmt, gerade für das Überzeugen in der Beratung. Widerlegen wir einen großen Irrtum in Vertrieb und Gesprächsführung. Es herrscht immer noch das Prinzip vor, man solle Kunden so behandeln wie man selbst behandelt werden möchte. Damit liegt man leider grundsätzlich daneben. Praxis und Studien belegen, dass man Kunden so behandeln soll, wie sie selbst behandelt werden wollen.

#1 Regel Nr.1: Behandeln Sie Kunden so, wie die Kunden behandelt werden wollen. Finden Sie das zuerst heraus, bevor Sie Sachthemen klären. Das Mittel der Wahl ist die Interviewtechnik.

Warum Beeinflussung ganz einfach ist

Menschen sind das Ergebnis einer langen Evolution, die uns grundsätzlich ähnlich macht. Jedenfalls auf einer tiefen Ebene des Gehirns, den evolutionären Mustern, Denkfehlern, Gewohnheiten und Automatismen. Deshalb lösen bestimmte Signale bei den meisten Menschen ähnliche Reaktionen aus. Das Wissen darüber hilft, Entscheidungen und Verhalten zu steuern. Es gibt Gesetze des Verhaltens und psychologische Phänomene, die Menschen in ähnlichen Situationen ähnlich reagieren, entscheiden und handeln lassen. Und das geschieht nahezu automatisch, weil wir evolutionär so gepoolt sind.

Ein unglaubliches Beispiel

Ein Experiment vom Ende der 1970er Jahre zeigt, wie berechenbar Menschen sind. In einer Bibliothek stehen Studenten in einer Schlange am Kopierer. Eine Versuchsperson bittet die Leute, sie vorzulassen. Der Bitte mit Begründung wird in fast 100 Prozent der Fälle entsprochen. Ohne Begründung sind nur etwa 60 Prozent dazu bereit. Das Unglaubliche: Es kommt dabei nicht auf den Inhalt der Begründung an, sondern nur auf das Wörtchen „weil“. 100 Prozent lassen den Fragenden auch mit einer unsinnigen Begründung vorbei: „Verzeihung ich habe fünf Seiten zu kopieren. Lassen Sie mich bitte kurz vor, weil ich fünf Seiten zu kopieren habe.“ Wie bitte! Ja, so sind wir.

Die Geheimnisse des klugen Überzeugens

Die moderne Hirnforschung sorgt für Erkenntnisse, die unser Bild vom rationalen und selbstbestimmten Menschen ins Wanken bringen. Gleichzeitig liefert sie sehr Nützliches für die Kunden-Kommunikation. Wenn Berater psychologische Hintergründe für nahezu automatisiertes Verhalten und Entscheiden kennen, können sie erfolgreichere Gespräche führen und ihre Marketing-Kommunikation optimieren. Schon wenn sie wenige Gesetze des Verhaltens berücksichtigen, werden sie erfolgreicher sein.

Gesetze des Verhaltens und das Steinzeitgehirn

Gesetze des Verhaltens sind tief in uns Menschen angelegt, denn sie sind in Jahrtausenden der menschlichen Entwicklung entstanden. Auch wenn wir heute meinen, vollkommen selbstbestimmt zu sein, so irren wir. Denn Urtümliches beherrscht noch immer unser Oberstübchen.

So besagt das Gesetz der Sympathie, wir glauben sympathischen Menschen eher und halten sie für kompetenter, egal ob sie das wirklich sind. An Entscheidungen, auch fragwürdigen, halten wir auch unter ungünstigen Umständen fest – Gesetz der Konsistenz. Denn wir wollen uns nicht eingestehen, falsch zu liegen.

Verluste empfinden wir stärker als Gewinne, selbst wenn es um dieselbe Sache geht. 100 Euro nicht gewonnen ist schade. Aber 100 Euro zu gewinnen und dann wieder zu verlieren, ist tragisch und wurmt uns noch tagelang.

Auch wenn Sie das nicht gerne hören: Wir alle tendieren dazu, uns am Verhalten der „Masse“ zu orientieren. Wenn Viele sich ähnlich verhalten, muss etwas dran sein. Blicken beispielsweise viele Menschen gleichzeitig nach oben, tun wir das auch. Entdecken wir nichts, alle anderen schauen jedoch weiter nach oben, suchen wir als „Hans Guck in die Luft“ weiter nach der Ursache. Manchmal Minuten lang, so zeigen Studien. Wir trauen unseren eigenen Augen nicht, wenn viele Leute einer Meinung sind, auch wenn da offensichtlich nichts ist.

Unser Unterbewusstsein kennt das Wörtchen „nicht“ nicht: Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten – sehen Sie. So können Sie Menschen Ideen einpflanzen oder sie irritieren, um leichter in ihr Oberstübchen zu gelangen. Auch das Gesetz der Reziprozität, auf Gegenseitigkeit, treibt uns zu automatisiertem Verhalten: Bekommen Menschen etwas geschenkt, „müssen“ sie Ausgleich herstellen. In Urzeiten war das überlebenswichtig. Ebenso wirkt das Gesetz der Macht: Status und Expertentum beeindrucken uns – ja, auch Sie. Werbung nutzt das mit seltsamen Auswüchsen aus. Erinnern Sie sich an die Zahnarztfrau als „Expertin“ für eine Zahnpasta-Werbung? Für so doof können uns die Werber doch gar nicht halten, oder?

#2 Regel Nr.2: Lernen Sie wie Menschen ticken. Beeinflussungsregeln sind wissenschaftlich belegt und kein Hokuspokus. Wenden Sie diese Kenntnisse mit gesundem Menschenverstand ohne schwarze Manipulation an.

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