- Von Sabine Groth
- 01.10.2024 um 09:03
Andrea Machost hat es als Frau in die Führungsetagen der männerdominierten Finanzwelt geschafft. Nachdem sie viele Jahre als Direktorin das Private Banking, das Vermögenscenter sowie das Wertpapiergeschäft bei der Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert verantwortete, ist sie seit Anfang 2022 im Vorstand der Investmentgesellschaft Ökoworld und unter anderem für den Privatkundenvertrieb zuständig. Im Laufe ihrer Karriere ist ihr das Thema Frauen und Altersvorsorge/Geldanlage ans Herz gewachsen. Im Interview spricht Sie über Ihre Erfahrungen dazu.
Pfefferminzia: Frau Machost, seit wann ist für Sie Ihre eigene Altersvorsorge ein Thema?
Andrea Machost: Als ich direkt nach dem Abitur zu Hause ausgezogen bin, hat da mein Vater darauf bestanden, dass ich eine Lebensversicherung abschließe. Das war mein Start in die Altersvorsorge, ohne dass es mir bewusst war. Das Alter war für mich damals noch weit weg. Später sind bewusster andere Anlagen hinzu gekommen. Etwa Fondsparpläne, Direktversicherungen und als Sparkassen-Mitarbeiterin war ich in der Zusatzversorgungskasse für den öffentlichen Dienst. Zudem habe ich eine eigene Immobilie.
Waren Ihre Entscheidungen immer richtig? Was würden Sie der jungen Andrea mit Ihrer heutigen Erfahrung für die Altersvorsorge raten?
Machost: Ein Fehler war, dass ich mich lange nicht genug mit meiner Altersvorsorge auseinandergesetzt habe. Ich habe damals eine klassische Kapitallebensversicherung abgeschlossen, die ich frühestmöglich in eine fondsbasierte Police hätte umwandeln müssen. Ich hätte viel früher auf aktienbasierte Produkte setzen müssen. Es ist toll, monatlich anzusparen, aber das Produkt muss stimmen. Die langfristigen Renditen am Aktienmarkt sind einfach viel höher als bei zinsbasierten Produkten. Das ist ein klassischer Fehler, den wir Frauen häufiger machen als Männer.
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Wie kann man das ändern? Wie kann man Frauen, gerade jungen Frauen, das Thema Geldanlage und Altersvorsorge schmackhaft machen?
Machost: Durch Informationen und Transparenz. In Deutschland versäumen wir es leider, die jungen Menschen zum Thema Finanzen auszubilden. In der Schule müssten sie schon mehr über Altersvorsorge, Finanzmärkte, Steuern, Sozialversicherungen lernen. Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, sich mit der Altersvorsorge auseinanderzusetzen und dabei auch die Aktienmärkte als Motor zu nutzen. Ein Vergleich, was verschiedene Zinssätze über einen langen Zeitraum bringen, kann vielen die Augen öffnen. Das betrifft alle, aber Frauen haben besonders großen Bedarf. Sie interessieren sich für tausend Themen, auch für Geld und Finanzen im Alltag, für Kapitalanlage und Altersvorsorge allerdings weniger.
Müssen Vermittler oder Finanzberater Frauen anders ansprechen als Männer?
Machost: Auf jeden Fall. Englische Begriffe und Fachsprache, mit der Männer vielleicht Kompetenz verbinden, beeindrucken Frauen nicht. Im Gegenteil, es schreckt sie eher ab. Sprache sollte genutzt werden, um Transparenz zu schaffen, dazu muss sie verständlich sein. Zudem hat Geld für Frauen eine andere Bedeutung als für Männer. Frauen haben nach wie vor weniger Einkommen und damit eine geringere Rentenerwartung. Es muss bei ihnen das Bewusstsein geschaffen werden, wie wichtig eine Altersvorsorge ist. Ich fordere Kundinnnen gern auf, sich einfach mal Zeit zu nehmen und eine Liste zu machen, was sie im Alter benötigen. Frauen sind bei Kosten sehr gut und können ihre monatlichen Ausgaben gut einschätzen. Drastisch daneben liegen sie hingegen auf der Einnahmenseite. Diese Aufgabe delegieren Frauen gern an Staat und Mann, hier müssen sie mehr Eigenverantwortung übernehmen.
Können Männer überhaupt Frauen beraten?
Machost: Dazu habe ich kein klares Ja oder Nein. Ich glaube aber, dass Frauen dazu besser in der Lage sind. Beraterinnen verstehen oft die Themen und Denkweise von Kundinnen besser als ihre männlichen Kollegen.. Auf Geldanlage-Veranstaltungen rein für Frauen stelle ich immer wieder fest, dass Frauen sich untereinander austauschen und Tipps geben. Frauen sind Frauen gegenüber meist offener. Sie trauen sich, mehr zu fragen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Kundinnen, die lieber von Männern beraten werden, da sie diese grundsätzlich als kompetenter in dem Bereich einschätzen.
Sollte die Beratung mit der Frau allein erfolgen oder zusammen mit dem Partner oder Ehemann?
Machost: Bei einer gemeinsamen Beratung muss man aufpassen, dass nicht nur der Mann redet und die Frau lediglich dabei sitzt. Grundsätzlich ist aber eine Gesamtberatung natürlich ideal. Oft zeigen sich dort die verschiedenen Vorstellungen von Mann und Frau. Männer sind zum Beispiel oft schnell bereit, Risiken einzugehen. Frauen sind grundsätzlich eher misstrauisch, sie müssen erst einmal eine ganze Menge Fragen beantwortet bekommen.
Braucht es spezielle Produkte für Frauen oder zumindest eine andere Story dazu?
Machost: Es braucht keine anderen Produkte, die Ansprache muss aber anders sein. Männer gehen eher auf Rendite, es geht um Märkte, Volkswirtschaft. Frauen interessieren sich für andere Sachen, beispielsweise sind sie sensibler für soziale, nachhaltige Aspekte. Frauen sind zwar vorsichtiger, aber nicht grundsätzlich ängstlich bei der Kapitalanlage, sie wollen nur mehr wissen, bevor sie sich entscheiden.
Veranstaltungshinweis
Am 9. November 2024 um 10.30 Uhr spricht Dajana Weers, geschäftsführende Gesellschafterin der Brand Lounge Markenagentur, bei Ökoworld über das Thema “Die Zukunft ist pink – Mehr Mut bewegt”. Mehr Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter pink.oekoworld.com.
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