Hans Steup ist Vertriebsexperte und Betreiber des Portals „Versicherungskarrieren“. © Hans Steup
  • Von René Weihrauch
  • 08.12.2020 um 08:49
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 03:00 Min

Neben allen anderen Aufgaben müssen Makler sich als Vorgesetzte auch um die Personalentwicklung und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter kümmern. Wie sie dabei am besten vorgehen, erklärt Hans Steup, Personalexperte und Gründer der Plattform Versicherungskarrieren.de, im Interview.

Pfefferminzia: Warum ist eine konsequente Personalentwicklung so wichtig? 

Hans Steup: Es gibt die alte Geschichte vom knauserigen Buchhalter, der zu seinem Chef sagt: „Weiterbildung sollten wir uns sparen. Wenn unsere Leute hinterher zur Konkurrenz gehen, waren Aufwand und Kosten völlig umsonst.“ Darauf der Chef: „Stimmt. Aber was passiert, wenn wir sie nicht weiterbilden und sie bleiben?“ Genau darum geht es. Die Anforderungen, die die Berufswelt an Wissen und Fähigkeiten stellt, ändern sich permanent und immer schneller, gerade in unserer Branche. Wer nicht Schritt hält, ist irgendwann schlicht nicht mehr konkurrenzfähig. Es kommt aber noch etwas anderes hinzu: Wer junge, gut qualifizierte Fachkräfte gewinnen will, muss ihnen heutzutage mehr bieten als ein ordentliches Gehalt. Die meisten jungen Leute fragen heute: Arbeitgeber, was tust du sonst noch für mich? Wer ihnen die Chance bietet, persönliche Fähigkeiten weiter zu entwickeln, hat ein gutes Argument im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter. Mehr noch: Die Leute fordern das geradezu ein. 

Personalentwicklung umfasst aber nicht nur Weiterbildung, sondern auch Team- und Organisationsentwicklung. Welche Schwerpunkte sollten Makler hier für Mitarbeiter im Vertrieb und im Backoffice setzen? 

Ich würde eher zwischen den Bereichen mit Kundenkontakt und reiner Administration unterscheiden. Bei letzterem geht es darum, den Papierkram so weit wie möglich zu reduzieren und alle Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Dabei können Büros auch externe Prozessoptimierer als Dienstleister nutzen. Die analysieren die Arbeitsabläufe mit unverstelltem Blick, kennen sich mit Datenschutzfragen und anderen rechtlichen Dingen aus. Auch für kleine und mittlere Maklerbüros kann das durchaus schon Sinn ergeben, ebenso für Einzelmakler. Bei Vertrieblern und generell allen Mitarbeitern mit Kundenkontakt kommt es darauf an, ihnen so viel Zeit wie möglich für Kontakte freizuschaufeln. Wenn alles automatisiert ist, kann der Kunde gleich zu Check24 gehen. Ich bin aber überzeugt, dass die meisten nach wie vor eine persönliche Beratung haben wollen. Soziale Medien sind hier als Kommunikationsfeld extrem wichtig, da muss jeder und jede mit Kundenkontakt absolut fit sein. Auch MarketingKenntnisse sind wichtig. Zielgruppen definieren, sich fokussieren, ständige Präsenz zeigen, ansprechbar sein und – ganz wichtig: Vertrauen aufbauen. Darauf kommt es an. Zusammengefasst: Im Vertriebsbereich sollte die Personalentwicklung auf eine Verbesserung von Kommunikationsfähigkeiten abzielen, im Backoffice der Schwerpunkt auf Digitalisierung gelegt werden. 

Kann es für kleine Maklerbüros so etwas wie eine „Personalentwicklung light“ geben? 

Letztlich bleibt es dasselbe Thema, gleichgültig ob ich Leute beschäftige oder 150. Gerade im Social-Media-Bereich können auch kleine Unternehmen eine große Reichweite erzielen. Ihnen rate ich außerdem, sich zu spezialisieren – dann hat man einen deutlich geringeren Aufwand in der fachlichen Weiterbildung, als wenn man mehrere unterschiedliche Fachgebiete abdecken muss. In kleineren Büros ist es zudem einfacher, auf individuelle Schwächen von Mitarbeitern einzugehen. Wenn jemand zum Beispiel am Telefon häufig einen schlecht gelaunten Eindruck macht oder ungeschickt argumentiert, könnte derjenige vielleicht gut einen Kurs in Telefonkommunikation oder Gesprächstaktik vertragen.  

Die gesetzliche Weiterbildungspflicht sieht 15 Stunden pro Jahr vor. Reicht das? 

Gute Vermittler wissen, dass es ohne permanente Weiterbildung nicht geht. Die 15 Stunden hat der Gesetzgeber lediglich für diejenigen vorgeschrieben, die glauben, sie bräuchten überhaupt keine Weiterbildung, die man also dazu zwingen muss. Betreiber von E-Learning-Plattformen berichten immer wieder, dass ab Mitte November die Teilnehmerzahlen explodieren und ab 1. Januar schlagartig zurückgehen. Es ist aber nicht Sinn der Sache, am Ende des Jahres auf Teufel komm raus noch schnell seine IDD-Punkte zusammen zu bekommen. Besser wäre es, in den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester einen Weiterbildungsplan für das kommende Jahr anzulegen und dabei jährlich wechselnde Schwerpunkte zu setzen: mal auf fachliche Bereiche, mal auf Marketing, mal auf Social Media. 

autorAutor
René

René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort