Michael Gerhard ist Aktuar (DAV) und Ergo-Versorgungsträgermanagement bei der Longial GmbH in Düsseldorf. © Longial
  • Von Lorenz Klein
  • 05.07.2023 um 14:26
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Abhängig Beschäftigte genießen einen eindeutig geregelten Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung (bAV) durch Entgeltumwandlung. Bei Unternehmensgründern ist die Lage komplizierter. Michael Gerhard, Ergo-Versorgungsträgermanagement beim Pensionsberater Longial, erläutert wie es trotzdem mit der bAV für Gründer klappt.

Abhängig Beschäftigte haben nach den Bestimmungen des Paragrafen 1a BetrAVG (Betriebsrentengesetz) einen eindeutig geregelten Anspruch auf die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) durch Entgeltumwandlung. Bei Unternehmensgründern ist alles etwas komplizierter – obwohl gerade bei ihnen häufig ein besonders hoher Versorgungsbedarf besteht. Kurzum: Es gilt hier, die ein oder andere Hürde zu überwinden.

Keine sinnvolle Lösung für Einzelunternehmer und Personengesellschafter

Aber der Reihe nach: Firmen wollen in aller Regel ihre Aufwendungen für die bAV steuerlich als Betriebsausgabe geltend machen. Doch das ist nicht immer möglich. Beim Einzelunternehmer ist die Einrichtung einer bAV zwar über einen externen Versorgungsträger grundsätzlich denkbar. Wird dabei eine Direktversicherung abgeschlossen, stellt diese aus steuerlicher Sicht aber stets Privatvermögen dar – Beitragszahlungen sind mithin als Privat-Entnahmen einzuordnen und können steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Bei Personengesellschaftern im Sinne des Paragrafen 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) mindert der Aufwand für eine dem Mitunternehmer zugesagte bAV zwar den handels- und steuerbilanziellen Gewinn der Gesellschaft. Er wird dem begünstigten Gesellschafter jedoch als Sondervergütung in dessen Sonderbilanz wieder hinzugerechnet. Dort zählt er im Allgemeinen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und als Gewerbeertrag im Sinne des Paragrafen 7 Satz 1 GewStG. Die Summe der steuerlichen Gewinne der Gesellschafter wird insoweit durch die Einrichtung der bAV nicht gemindert. Allein: Die Einrichtung einer bAV für Personengesellschafter ist damit letztlich ebenfalls nicht attraktiv.

Bei Kapitalgesellschaften ist eine bAV mit steuerlicher Wirkung möglich…

Bei Kapitalgesellschaften hingegen ist die Einrichtung einer bAV für Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) mit steuerlicher Wirkung grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist, dass diese betrieblich (und nicht gesellschaftsrechtlich) veranlasst ist. Hierfür sind bestimmte – von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien – einzuhalten: etwa die Ernsthaftigkeit, Finanzierbarkeit, Erdienbarkeit und Angemessenheit der jeweiligen Versorgungszusage.

Bei Unternehmensgründern spielt zudem die Probezeit eine besondere Rolle. Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss zwischen Firmengründung oder Diensteintritt und Zusageerteilung in der Regel ein Zeitraum von fünf respektive drei Jahren liegen (firmenbezogene Probezeit beziehungsweise personenbezogene Probezeit) (siehe BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2012 [IV C 2 – S 2742/10 /10001]). Ob dieses Kriterium bei jeder Form der bAV zu beachten ist, steht derzeit noch auf dem Prüfstand.

…im Rahmen einer Entgeltumwandlung

Hoffnung für Unternehmensgründer erwächst aus dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 16. November 2021 (6 K 2196/17). In dem zu entscheidenden Fall war dem GGF einer GmbH im Wege der Direktzusage eine bAV unmittelbar nach Gründung der Firma erteilt worden. Die Finanzierung erfolgte per Entgeltumwandlung. In diesem Falle waren weder die personenbezogene noch die firmenbezogene Probezeit erfüllt, welche die Finanzverwaltung als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Versorgungszusagen ansieht.

Laut Finanzgericht ist dieses Kriterium bei einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusage jedoch nicht einschlägig. Der GGF verfügt hier nur über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Dabei kommt es aus Sicht des Gerichts nicht darauf an, ob der GGF die Eignung für seine Tätigkeit bei der GmbH bereits nachgewiesen hat beziehungsweise ob die GmbH ihre künftige Ertragslage schon sicher abschätzen kann. Die GmbH selbst wird durch eine solche Versorgungszusage letztlich wirtschaftlich nicht belastet.

Hier ist festzuhalten, dass die Meinung des Finanzgerichts überzeugt. Denn der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits vor ein paar Jahren geurteilt, dass die für GGF im Rahmen der steuerlichen Anerkennung einer Zusage aufgestellten Kriterien im Fall einer Entgeltumwandlung nicht vollumfänglich eingehalten werden müssen. So war im Urteil vom 7. März 2018 (IR 89/15) entschieden worden, dass bei einer Entgeltumwandlung die Einhaltung einer zehnjährigen Mindestzusagedauer (als wesentliches Merkmal der Erdienbarkeit einer Zusage) in aller Regel nicht erforderlich ist.

Das Finanzgericht hat die bisherige Rechtsprechung des BFH auf das Kriterium der Probezeit schlüssig übertragen. Jedenfalls ist nicht erkennbar, welche Gründe gegen die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung sprechen sollten, wenn kein besonderer Ausnahmetatbestand vorliegt. Ein solcher kann nach obigem Urteil allenfalls dann gegeben sein, wenn der bAV eine Schein-Entgeltumwandlung zugrunde liegt, durch die Entgeltumwandlung der benötigte finanzielle Rahmen für den laufenden Lebensunterhalt zu sehr eingeschränkt wird oder unübliche Risiko- und Kostensteigerungen für die GmbH entstehen. 

Eine endgültige Entscheidung in dieser Sache wird allerdings erst der Bundesfinanzhof treffen. Zwar war sich das Finanzgericht seiner Sache sicher und wollte eine Revision nicht zulassen – doch die von der Finanzverwaltung angestrengte Nichtzulassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das Verfahren ist inzwischen beim Bundesfinanzhof (BFH) in Revision anhängig (www.bundesfinanzhof.de; I R 50/22).

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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