Bereit, finanzielle Verantwortung zu übernehmen: Die Generationen Y und Z. © Freepik
  • Von Karen Schmidt
  • 07.08.2025 um 14:32
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:35 Min

Sie suchen Sicherheit, schätzen Beratung und sind digital erreichbar: Warum die Generationen Y und Z für Versicherer und Makler die Zielgruppen der Zukunft sind – und wie man sie gewinnt.

Sie sind jung, digital unterwegs, voller Widersprüche – und sie wollen sich absichern. Wer die Generationen Y und Z bisher als desinteressiert an Versicherungen abgestempelt hat, liegt falsch. Neue Studien zeigen, dass 16- bis 30-Jährige bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Und zwar auch finanziell. Für Versicherer und Vermittler ist das eine echte Chance. 

So geben 66Prozent der Gen Z (ungefähr zwischen 1995 und 2010 geboren) an, optimistisch in ihre persönliche Zukunft zu blicken. Das hat eine Sirius-Campus-Untersuchung von Juni 2025 ergeben. Das ist ein Plus von 8 Prozentpunkten gegenüber 2023. Dieser neue Zukunftsoptimismus schlägt sich direkt im Versicherungsverhalten nieder. Wer das Leben aktiv gestalten will, denkt auch darüber nach, wie man den Status quo und künftige Träume absichern kann. Besonders wichtig sind für die jungen Erwachsenen Themen wie Vermögensaufbau, gesundheitliche Versorgung, Familiengründung und berufliche Selbstverwirklichung. 

Gleichzeitig gibt es realistische Sorgen: Hohe Mieten und Immobilienpreise, finanzielle Engpässe oder die Angst, sich keinen Urlaub leisten zu können. In dieser Mischung aus Hoffnung und Unsicherheit liegt ein idealer Anknüpfungspunkt für Beratungsgespräche. 

Entgegen vieler Vorurteile haben junge Leute durchaus Versicherungen und planen, sich weitere zuzulegen. Während 16- bis 18-Jährige meist zwei Policen besitzen, oft von den Eltern abgeschlossen, haben 28- bis 30-Jährige im Schnitt bereits vier Verträge. Dazu gehören Haftpflicht, Hausrat und KFZ-Versicherungen. Sie schließen diese zunehmend eigenständig ab.  

Ein kurzer Einschub zu einer anderen wichtigen Zielgruppe in diesem Zusammenhang sei erlaubt: die Eltern. Gerade am Anfang sorgen sie für den passenden Versicherungsschutz des Nachwuchses, etwa für den Fall einer Berufsunfähigkeit (BU). Die Vorteile eines frühen Abschlusses liegen natürlich auf der Hand: Die jungen Menschen sind in aller Regel gesund und fit – da fällt die Gesundheitsprüfung leicht. Viele BU-Policen bieten heute daher schon ein frühes Eintrittsalter an, etwa ab sechs oder zehn Jahren.  

Aber: Mit einer solchen Police schützen sich die Eltern auch selbst. Wird ein Kind nämlich berufsunfähig oder zum Pflegefall, wird sich ein Elternteil um den angeschlagenen Nachwuchs kümmern müssen. Und das kostet: Entgangene Arbeitszeit und damit Gehalt, eventuell eine Pflegekraft. Das ist vielen Elternteilen nicht unbedingt bewusst – und daher ein wichtiger Punkt für das Beratungsgespräch.  

Beratung ist gefragt 

Nun zurück zu den jungen Leuten: Interessant ist, dass beim ersten Abschluss das Verhältnis zwischen Maklerkontakt und Direktabschluss (inklusive Vergleichsportal) nahezu ausgeglichen ist. Etwa zwei Fünftel wenden sich an Vermittler – was belegt, dass persönliche Beratung keineswegs aus der Mode gekommen ist. Im Gegenteil: Die Mehrheit der jungen Erwachsenen gehört laut Sirius Campus zu den „vermittler­orientierten Vorsichtigen“ oder den „Partner-Typen“. Beide Segmente schätzen den direkten Kontakt und die vertrauenswürdige Begleitung. 

Auch eine Umfrage von Deloitte bestätigt diesen Trend. Demnach vertrauen junge Menschen klassischen Finanzberatern deutlich mehr als sogenannten Finfluencern. Nur 11 Prozent der Befragten konsu­mieren regelmäßig Inhalte aus dem Social-Media-Finanzbereich, während fast die Hälfte auf traditio­nelle Beratung setzt.  

Dieser Vertrauensvorschuss ist ein enormes Kapital für Makler – vorausgesetzt, sie treten authentisch, kompetent und digital erreichbar auf. Denn eines ist ebenfalls klar: Die Gen Z erwartet Antworten dort, wo sie sich ohnehin bewegt – auf Tiktok, Instagram oder Youtube. Hier wird keine klassische Produktwerbung erwartet, sondern Inhalt, der informiert, unterhält und echten Mehrwert bietet. Vor allem ist Hilfe bei der Strukturierung der Finanzen gefragt und eine Einordnung, welche Finanzprodukte wichtig sind und welche nicht. Es geht ums Verstehen und Begreifen. Es geht nicht darum, etwa eine günstige Haftpflicht zu bekommen. 

Die Krankenkasse IKK classic zum Beispiel bringt sich aktiv in Kitas, Schulen und besonders Berufsschulen ein. Aber nicht mit „Wir sind die beste Krankenkasse“-Inhalten. „Ein zentrales Thema ist der verantwortungsvolle Umgang mit Social Media: Wie erkennt man Fake News? Wie geht man mit Hass, Hetze und Diskriminierung um? All das wirkt sich nachweislich auf die Gesundheit aus“, erklärt Siegfried Isenberg, Fachbereichsleiter Vertriebspartner bei der IKK classic. Gerade Vergleiche in sozialen Netzwerken belasteten die Psyche junger Menschen. „Deshalb setzen wir auf Stärkung von Resilienz, Medienkompetenz und Selbstreflexion“, sagt er. Einen Instagram-Account und Podcast gibt es auch im Programm. 

„Prävention ist uns enorm wichtig“, ergänzt Isenbergs Kollegin Vanessa Kirchner. „Junge Menschen wollen gesund bleiben, auch wenn sie sich nicht aktiv mit Gesundheit beschäftigen. Wir wollen sie auf dem Weg ins Erwachsenenleben begleiten“, so die Fachberaterin Vertriebspartner.  

Selbst erlebte Schäden und Unfälle oder solche im sozialen Umfeld steigern übrigens die Bereitschaft zur Absicherung eher als andere Lebensereignisse, stellt Sirius Campus in seiner Analyse fest. Auch sind Beratungsgespräche bei Vermittlern erfolgreicher, wenn gemeinsam ausführlich Risiken und Vorsorgemöglichkeiten erarbeitet werden. Am besten über zwei Termine hinweg. 

Und es geht der jungen Zielgruppe auch um Sinnstiftendes. Das sieht man etwa daran, wann junge Menschen ihren Job wechseln. Als häufigste Kriterien nannten Befragte in einer Umfrage der Wirtschaftsberatung Deloitte aus dem Jahr 2022 das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben (Work-Life-Balance), Entwicklungsmöglichkeiten, sinnstiftende Tätigkeiten und Flexibilität bei Arbeitsort und -zeit.  

Interesse an ESG-Anlagen 

Bei den Finanzen spielen nach­haltige Anlagen eine Rolle – nicht die ultimative, aber immerhin eine bedeutende. Zwar hat eine Umfrage des Vergleichsportals Verivox gerade ergeben, dass das Interesse der deutschen Bevölkerung an ESG (Environment, Social, Governance)-Anlagen abnimmt: 64 Prozent haben aktuell Interesse daran. 2024 waren es noch 69 Prozent und 2022 sogar 79 Prozent. Aber die Studienautoren stellen fest, dass man in einer Zielgruppe noch mit Nachhaltigkeit punkten kann: Am größten ist die Aufgeschlossenheit bei jungen Erwachsenen unter 30 Jahren. Hier sind 81 Prozent der Befragten interessiert. 

Und mehr als die Hälfte (55 Prozent) von ihnen würden Abstriche bei der Rendite der Anlage in Kauf nehmen. „Wer darauf Wert legt, mit dem eigenen Geld etwas Positives zu bewirken, würde dafür oft auch auf Rendite verzichten“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer von Verivox Finanzvergleich. „Allerdings ist es sehr unterschiedlich, welche Kriterien für die Menschen dabei Priorität haben. Jeder versteht unter einer nachhaltigen und ethisch einwandfreien Geldanlage etwas anderes.“ Nach den drei wichtigsten von zwölf vorgegebenen Nachhaltigkeitskriterien befragt, ergibt sich folgendes Bild: Auf Platz 1 landen der Verzicht auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen (37 Prozent) und der Verzicht auf Tierversuche (ebenfalls 37 Prozent) vor dem schonenden Umgang mit Ressourcen (29 Prozent) und Investitionen in erneuerbare Energien (27 Prozent).  

Für Vermittler heißt das: Wer sich als langfristiger Begleiter versteht und nicht als Produktverkäufer, wird belohnt. Die Gen Z will verstanden werden, sie will selbst entscheiden, aber eben nicht allein. Sie braucht keine aggressiven Verkaufsstrategien, sondern ehrliche Gespräche, Expertise und Hilfestellung. Sie akzeptiert Autorität, wenn sie sich ernst genommen fühlt.  

Gerade jüngere Kunden, die noch am Anfang ihres Versicherungswissens stehen, profitieren von einer empathischen und individuellen Beratung. Wer diese Rolle ausfüllt, wird nicht nur Verträge verkaufen – sondern Kundenbeziehungen für Jahrzehnte aufbauen.  

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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