Aktienhändler an der Börse in Frankfurt: Immer wenn ein dynamischer Hybrid umschichtet, kostet das Geld, auch im Sicherungsvermögen © picture alliance/dpa | Boris Roessler
  • Von Andreas Harms
  • 03.07.2025 um 16:43
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Die Bafin befürchtet, dass sogenannte dynamische Hybridprodukte durch ihre Aktionen auch klassische Verträge beeinflussen und dort die Rendite drücken. Wie soll das gehen? Wir erklären das hier mal.

Der Kritikpunkt liegt so erstmal nicht auf der Hand. Und doch bringt ihn die Finanzaufsicht Bafin deutlich an: Wenn dynamische Hybride umschichten, kann das auch die übrigen Verträge des Anbieters beeinflussen. Und zwar nicht unbedingt zum Guten hin. Das teilte sie erst kürzlich mit, als sie auf spezielle Risiken durch Hybride hinwies (das lesen Sie hier).

Dazu der Hintergrund: Dynamische Hybridprodukte dienen der Altersvorsorge und bestehen aus zwei oder drei Töpfen, zwischen denen der Anbieter fortlaufend das Kundengeld hin- und herschichtet. Je nachdem, wie sich die Finanzmärkte (vor allem Aktien) gerade verhalten. Einer dieser Töpfe ist immer das sogenannte Sicherungsvermögen. Es ist sehr vorsichtig und zinslastig aufgebaut, sodass es Garantien gewährleisten kann. Die anderen Töpfe sind je nach Vertragsart Investmentfonds.

Doch hier soll es ums Sicherungsvermögen gehen. Denn dorthin fließt auch Geld aus klassischen Lebensversicherungsverträgen, die keine Fonds enthalten. Viele Kunden zahlen somit in diesen einen riesigen Pott ein und wollen dessen Rendite bekommen.

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Risiken bei dynamischen Hybridprodukten

Bafin rügt Lebensversicherer

In einem deutlich tieferschürfenden Beitrag erklären die Bafin-Leute noch einiges mehr: Wenn der Hybridvertrag Geld sichert, verschiebt er Summen auf einen Schlag ins Sicherungsvermögen. Und dort will es schnell angelegt werden. Sollte ganz im Gegenteil der Hybrid wieder risikofreudiger werden, zieht er Geld aus dem Sicherungsvermögen ab und gibt es zurück in die Fonds.

Genau dieses Rein und Raus kann die Rendite, also die Überschussbeteiligung aus dem Sicherungsvermögen drücken, befürchtet man bei der Bafin. Zum Beispiel wenn der Lebensversicherer nur noch kurzfristige und sehr liquide Anlageobjekte kauft, damit er die nächste Umschichtung schnell bezahlen kann. Doch je kürzer eine Anlage läuft und je liquider sie ist, desto geringer ist normalerweise ihre Rendite. Und ohnehin geht es nur selten gut aus, wenn man gezwungen wird, Kapitalanlagen zu verkaufen.

Zusätzlich kostet es schlicht und ergreifend Geld, wenn der Versicherer im Sicherungsvermögen Anlagen (auch Anleihen) neu kaufen und später wieder abstoßen muss, nämlich Börsen- oder Händlergebühren. Transaktionskosten nennt sich das und kann auf Dauer ziemlich ins Gewicht fallen.

So weit die Bedenken der Bafin. Doch wie sieht es bei jenen zehn Lebensversicherern aus, die die Behörde wegen ihres hohen Neugeschäfts mit dynamischen Hybriden befragt hat?

Das Thema ist auf dem Schirm

Zuerst die gute Nachricht: Alle zehn beschäftigen sich mit dem Thema. Sie berücksichtigen dynamische Umschichtungen, wenn sie ihre Liquidität planen. Der Anteil, den dynamische Hybride am Gesamtbestand einnehmen, ist noch gering. Doch das dürfte sich bald ändern. In manchen Häusern nehmen sie sogar über die Hälfte des Neugeschäfts ein, was dann natürlich für steigende Anteile im Bestand sorgt.

Und nun die schlechte Nachricht: Nur vier von zehn Häusern sagen, dass sie sich mit den Transaktionskosten näher befasst hatten, als sie das Produkt entwickelten.

Immerhin gaben alle befragten Häuser an, dass sie die übrigen Verträge vor den Umschichtungseffekten schützen wollen. Hier einige Maßnahmen, die zur Sprache kamen:

  • Umschichtungsvolumen begrenzen, wenn dauerhaft ein größerer Anteil des Vertragsguthabens im Sicherungsvermögen liegt, als eigentlich für die Garantie nötig wäre
  • Umschichtungen aus dem Sicherungs- ins Fondsvermögen einschränken oder verzögern
  • Garantiehöhe vorsichtig festlegen
  • Geeignete, insbesondere schwankungsarme Fonds für die fondsgebundene Komponente nutzen

Einige Häuser haben sich in den Versicherungsbedingungen ein Türchen offen gehalten. Sie können die Algorithmen, nach denen sie umschichten, nachträglich ändern. Das könnte vor allem dann wichtig werden, wenn das Volumen in den dynamischen Hybriden weiter stark wächst.

Die Bafin gibt sich in der Sache ernst: Sie habe bereits 2020 gefordert, dass Lebensversicherer messen und bestimmen sollen, wie dynamische Hybride die übrigen Verträge beeinflussen. Drücken sie die Überschussbeteiligungen aus oben genannten Gründen, sollen die Häuser das aus eigenem Geld ausgleichen.

Getan hat sich seitdem offenbar nicht viel. Denn die Bafin schreibt: „Die Antworten der meisten Teilnehmer lassen nicht erkennen, dass sie bereits entsprechende Prozesse und Methoden implementiert haben.“

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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