Thomas Dudkiewicz (links) und Jürgen Dörendahl, Geschäftsführende Gesellschafter der Personalvermittlung Le Groupe Bleu © Le Groupe Bleu
  • Von Redaktion
  • 23.05.2025 um 10:35
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:10 Min

Künstliche Intelligenz ersetzt zunehmend repetitive, regelbasierte Tätigkeiten in der Versicherungsbranche. Das fördert natürlich die Produktivität, gar keine Frage. Aber was passiert dann mit Schadenbearbeitern, Aktuaren und Underwritern? Und welche Gleichung geht ganz sicher nicht auf? Das erklären Thomas Dudkiewicz und Jürgen Dörendahl von der Personalvermittlung Le Groupe Bleu in ihrem Gastbeitrag.

Die Versicherungsbranche erlebt gerade einen der größten Umbrüche ihrer Geschichte. Die Branche steuert auf einen Kulminationspunkt bei Fach- und Führungskräften zu, der für viele Versicherer in Deutschland zur Zukunftsfrage werden könnte: Versicherer müssen erstens einen demografischen Aderlass durch den nahen Ruhestand der Babyboomer-Generation verkraften, sich zweitens personell verjüngen und drittens Wege finden, mit deutlich weniger, aber KI-professionellem Personal ihre Leistung und ihr Qualitätsversprechen aufrecht zu erhalten.

Wer nachhaltig erfolgreich sein will, muss die Transformation auf allen Ebenen des Unternehmens vorantreiben und vor allem das vorhandene Personal systematisch auf die KI-getriebene Zukunft und neue Job-Wirklichkeit vorbereiten und zukünftiges nach den Kriterien für die Jobprofile der Zukunft auswählen:

Schadenregulierung: Vom Sachbearbeiter zum Spezialisten für Sonderfälle

Dank KI-gestützter Mustererkennung lassen sich Standardschäden heute schon automatisiert bewerten. Per Foto und Standardtext können beispielsweise KFZ– oder Gebäudeschadenfälle nahezu vollautomatisch abgewickelt und einfache Kundenanfragen per Chatbot beantwortet werden.

Intelligente Betrugserkennungssysteme werden in Zukunft auch den manuellen Prüfaufwand erheblich reduzieren, indem sie verdächtige Muster erkennen.

Die Folge: Der Schadenregulierer wird künftig vor allem bei komplexen oder schicksalhaften Fällen gebraucht. Empathie, Verhandlungsgeschick und Entscheidungskompetenz für Fälle jenseits der Standards werden für die Schadenregulierer der Zukunft zu Kernkompetenzen.

Underwriting: KI übernimmt – Menschen steuern

Risikoprüfungen basieren auf der Analyse großer Datenmengen und sind damit prädestiniert für KI-Algorithmen. Anträge können mit ihnen heute schon zeitnah und kalkuliert und sogar individuelle Tarife vorgeschlagen werden.

Die Rolle des Underwriters verändert sich dadurch grundlegend: Weg vom ausführenden Rechenkünstler, hin zum Supervisor und Strategen. Die Überwachung, Kalibrierung und ethische Kontrolle der Modelle werden in den Fokus des Underwritings rücken. Underwriting wird damit zu einer sozialen Schlüsselkompetenz werden, die in viele Bereiche des Unternehmens wirkt.

Vertrieb: Präzision und Personalisierung durch Daten

Im Vertrieb ermöglicht KI eine neue Qualität der Kundenansprache. Algorithmen erkennen Abschlusswahrscheinlichkeiten, CRM-Systeme liefern maßgeschneiderte Angebote, und Chatbots übernehmen Standardkommunikation.

Doch trotz aller Automatisierung bleibt eines klar: In komplexen Beratungssituationen macht der persönliche Kontakt den Unterschied, nicht die Live-Kalkulation auf dem Tablet. Der Vertrieb der Zukunft ist datengetrieben und beratungsintensiv zugleich. Vertrauenswürdige Persönlichkeiten werden mehr denn je zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

Aktuare: Architekten intelligenter Risikomodelle

Aktuare profitieren heute schon in vielen Unternehmen von den Möglichkeiten der datengetriebenen Automatisierung. KI kann komplexe Berechnungen schneller und genauer durchführen als herkömmliche Modelle und schafft damit neue Bewertungsdimensionen, von dynamischen Preismodellen, die sich an neue Entwicklungen anpassen, bis hin zu akkuraten Prognosen für zukünftige Entwicklungen.

Entsprechend verändert sich die Rolle des Aktuars: Vom Modellierer zum Supervisor, der Algorithmen nicht nur entwickelt, sondern auch auf Fairness, Transparenz und strategische Relevanz prüft und menschlich kalibriert.

Die Zukunft der Versicherungsberufe ist digital, aber die simple Gleichung „weniger Personal durch mehr KI“ geht nicht auf: Die KI-Transformation braucht Fachpersonal, das fähig ist, die Transformation der Branche fachlich mitzugestalten und sich selbst zu verändern. Es muss neben Fachexpertise und digitaler Kompetenz auch besondere Persönlichkeitseigenschaften entwickeln oder mitbringen.

Die Autoren Thomas Dudkiewicz und Jürgen Dörendahl sind Geschäftsführende Gesellschafter bei der Personalvermittlung Le Groupe Bleu.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

toggle icon
Pfefferminzia Logo rgb
Zuletzt hinzugefügt
Welche KI-Tools sind für Makler am wichtigsten?
"LASS MAL REDEN" mit Leona Media Marketing

Welche KI-Tools sind für Makler am wichtigsten?

Wie können Jungmakler rechtssicher gründen?
„Lass mal reden“ mit Wirth Rechtsanwälte

Wie können Jungmakler rechtssicher gründen?

Zuletzt hinzugefügt
„Im Idealfall wird KI zum Verbündeten und nicht zur Konkurrenz“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Im Idealfall wird KI zum Verbündeten und nicht zur Konkurrenz“

„Die Branche hat ihren schlechten Ruf absolut zu Recht“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Die Branche hat ihren schlechten Ruf absolut zu Recht“